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Pro-Auto-Programm der FDP Der Pkw-Verkehr ist nur ein Mosaiksteinchen

Die FDP möchte sich mit ihrem "Fahrplan Zukunft - Eine Politik für das Auto" als Autofahrerpartei profilieren. Einige Forderungen sind sinnvoll, andere erinnern an eine Glaubensfrage, meint Benjamin Lassiwe.
15.08.2024, 05:00 Uhr
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Von Benjamin Lassiwe

Kostenloses Parken in den Innenstädten. Radwege, die nur dort gebaut werden sollen, wo sie niemanden behindern. Keine zwangsweise Stilllegung von Diesel-Autos und Grüne Wellen durch Digitalisierung. Das sind nur einige der Forderungen, mit denen die Bundes-FDP Anfang der Woche an die Öffentlichkeit gegangen ist. „Fahrplan Zukunft – Eine Politik für das Auto“ haben die Liberalen ein Konzept genannt, mit dem sie sich als eine Art Autofahrerpartei profilieren wollen. Und manche der zehn Punkte ihres Positionspapiers sind tatsächlich sinnvoll und richtig: Dass Straßenbaustellen nur eingerichtet werden sollen, wenn auf diesen Baustellen auch wirklich rund um die Uhr gebaut wird, ist eine Forderung, die wohl jeder hat, der schon einmal einen langen Stau an einer Baustelle erlebt hat, auf der niemand gearbeitet hat. So etwas ließe sich lösen, wenn man im Straßenbau auf einem Mehrschichtsystem bestehen würde – immer vorausgesetzt, es finden sich in Zeiten des Fachkräftemangels überhaupt hinreichend Arbeiter, um die Baustellen zu betreiben. Auch die Forderung nach mehr „Grünen Wellen“ und einen dadurch besser fließenden Verkehr oder eine bessere verkehrliche Anbindung von Wohngebieten sind sinnvoll und unterstützenswert.

Andere Forderungen der Liberalen dagegen erinnern eher an eine Glaubensfrage. Das gilt für die Forderung nach einem Verzicht auf Tempolimits auf den Autobahnen ebenso wie für die Forderung nach einem kostenlosen Parken in den Innenstädten. Gerade in Mittelzentren und dem ländlichen Raum brechen dem Einzelhandel die Kunden weg. Und wer in diesen Tagen durch die Fußgängerzonen von Deutschlands Kleinstädten geht, kann eigentlich nur noch erschrecken: Ein Ladenlokal neben dem nächsten steht leer. Der inhabergeführte, kleine Einzelhandel mit seiner persönlichen, fachkundigen Beratung liegt am Boden. Aber hilft hier das kostenlose Parken? Vielleicht. Denn es könnte dazu führen, dass sich wieder mehr Menschen auf den Weg in die Stadt machen. Mehr Laufkundschaft bedeutet auch mehr potenzielle Käufer. Mehr Menschen in der Fußgängerzone stehen auch für mehr potenzielle Gäste in der Gastronomie.

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Doch die Liberalen spielen ein gefährliches Spiel. Denn eine Blechlawine, die auf der Suche nach einem Parkplatz die Innenstadt umkreist, macht Straßencafés und Biergärten nicht attraktiver. Viel Verkehr in der Innenstadt reduziert die Aufenthaltsqualität. Und die offenkundigen Wettbewerbsnachteile des stationären Einzelhandels werden damit nicht beseitigt: Die schlechtere Auswahl als im Internet, die im Zweifel teureren Preise und die Notwendigkeit, sich auf den Weg machen zu müssen, werden durch kostenlose Parkplätze nicht aufgehoben.

Doch auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts gilt: Deutschland braucht das Auto, aber es braucht nicht nur das Auto. Der Pkw ist ein Verkehrsmittel unter vielen. Es ist deswegen grundverkehrt, weniger Fußgängerzonen und Fahrradstraßen einrichten zu wollen, um Autos in den Innenstädten mehr Platz zu geben. ­Richtiger wäre eine bessere Anbindung der Innenstädte im öffentlichen Verkehr: Wenn das einzige Verkehrsmittel im kleinen Dorf der Schulbus bleibt, wird man für jede Besorgung immer und ohne Einschränkung auf das Auto umsteigen müssen.

Gäbe es attraktive Taktverkehre oder Rufbusse, die auch am Abend noch angeboten werden, sähe die Sache schon anders aus. Nur ein gutes Angebot erzeugt auch Nachfrage im ÖPNV. Hier setzt die FDP zu Recht auf autonom fahrende ÖPNV-Shuttles, wie sie etwa in Monheim oder im bayerischen Bad Birnbach schon verkehren. Doch bis so etwas flächendeckend eingeführt werden kann, müsste mehr Geld für den ÖPNV bereitgestellt werden – und das auch heute schon, auch unter einem FDP-Verkehrsminister.

Eine Förderung des Autoverkehrs, wie die FDP sie fordert, ist deswegen in manchen Punkten durchaus sinnvoll. Doch der Autoverkehr kann heutzutage nur ein Mosaiksteinchen unter vielen sein – und eine funktionierende Deutsche Bahn, ein wettbewerbsfähiges Busnetz und hinreichend ausgebaute Rad- und Fußwege kann und darf er in Zeiten des Klimawandels nicht ersetzen.

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