Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Nahverkehr Verkehrsunternehmen rechnen mit steigenden Preisen nach 9-Euro-Ticket

Wenn das 9-Euro-Ticket Ende August wieder ausläuft, rechnen deutsche Verkehrsunternehmen mit steigenden Preisen im Nahverkehr. Was der Hintergrund ist.
30.05.2022, 06:16 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von dpa

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) rechnet nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets mit steigenden Preisen im Nahverkehr. Hintergrund seien fehlende Ausgleichszahlungen des Bundes etwa für höhere Spritpreise. „Wir werden mittelfristig die fehlenden Gelder auf die Fahrpreise umschlagen müssen oder das Angebot einschränken“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Montag). „Die Ticketpreise werden also weiter steigen - nicht direkt zum 1. September, aber in den nächsten Preisrunden. Leider kommen wir dann in die Situation, dass Menschen, die ohnehin schon belastet sind, für ihre Fahrten mehr bezahlen müssen.“

Er gehe nicht davon aus, dass viele Menschen dauerhaft auf Busse und Bahnen umsteigen. „Ich sehe das Ticket durchaus positiv“, sagte Wortmann. Große Erwartungen habe er aber nicht. „Alle bisherigen Erfahrungen mit besonders günstigem ÖPNV zeigen: Zuerst muss das Angebot stimmen, der Preis ist zweitrangig.“

"Aufgeladene Stimmung in Bus und Bahn"

Mit dem 9-Euro-Monatsticket können Fahrgäste jeweils im Juni, Juli und August mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch ganz Deutschland fahren. Die Tickets sind Teil des Entlastungspakets der Ampel-Koalition wegen der hohen Energiepreise und sollen auch ein Anreiz für die weitere Nutzung des ÖPNV sein.

Das Angebot könne laut Wortmann zu einer aufgeladenen Stimmung in den Verkehrsmitteln führen. „Ich möchte nicht von Chaos sprechen, aber es wird sehr viele volle Züge und Busse geben“. Dies gelte insbesondere für manche Verbindungen zu Freizeitzielen wie Sylt, die Ostseeküste, das bayerische Oberland oder den Chiemgau. „Bei ganz vollen Zügen droht sicherlich eine angespannte Stimmung unter den Reisenden und Fahrgästen.“ Es seien „im absoluten Extremfall“ auch Angriffe auf Mitarbeiter möglich.

Lesen Sie auch

"Stärkung des Tagestourismus"

Der neue Vorsitzende des Tourismusverbandes Niedersachsen (TVN), Holger Heymann, erwartet durch das 9-Euro-Ticket eine Stärkung des Tagestourismus für den Sommer zwischen Küste und Harz. „Bei schönem Wetter kann ich mir gut vorstellen, dass der Binnenlandtourismus massiv forciert wird“, sagte Heymann der Deutschen Presse-Agentur. Dagegen sei es aus seiner Sicht eher unwahrscheinlich, dass Urlauber mit Bussen und Bahnen spontan längere Aufenthalte in diesem Sommer etwa an der Nordsee und auf den Inseln ansteuern könnten - denn die meisten Ferienunterkünfte gerade an der Küste seien zur Hochsaison meist schon ein Jahr im Voraus gebucht.

Heymann, der auch Landrat des Landkreises Wittmund ist, sieht in der Ausgestaltung des Angebots auch ein Dilemma. „Das 9-Euro-Ticket ist sicherlich ein guter Anreiz dafür, dass Menschen, die sonst nicht den ÖPNV und SPNV nutzen, mehr darauf zurückgreifen.“ Bereits jetzt sei an dem Buchungsverhalten abzuleiten, dass die Nachfrage nach dem ab Juni geltenden Angebot „extrem hoch“ sei. Gleichzeitig liege darin aber auch ein Problem. „Wenn man so eine hohe Nachfrage erzeugt, haben wir natürlich überfüllte Busse und Bahnen, was gerade die Menschen, die diese Verkehrsmittel ohnehin nutzen, abschrecken könnte.“ Auch neue Gäste könnten wegen fehlender Kapazitäten dann womöglich fern bleiben.

Lesen Sie auch

„Vor diesem Hintergrund hätte ich mir gewünscht, dass die Bundesregierung den Mut hat, dies dauerhaft durchzuziehen oder nach drei Monaten dieser Probephase zu der Erkenntnis kommt, das hat sich gelohnt, das ist die Zukunft der Mobilität“, sagte der SPD-Politiker.

Der TVN-Vorsitzende betonte zudem, dass es neben dem attraktiven Preisangebot mit dem 9-Euro-Ticket bei der Tourismusmobilität auch auf das Angebot und die Taktung der Reisemöglichkeiten ankomme. Im ländlichen Raum fehle oft ein ausgebauter Nahverkehr. „Wenn wir ein geniales Busangebot vor Ort bieten könnten, wäre auch die Chance groß, dass die Spontanreisenden mit diesen Verkehrsmitteln anreisen.“ Auch Urlauber mit längeren Aufenthalten könnten ihre Unterkünfte dann eher nach den Anreisemöglichkeiten mit dem ÖPNV-Anbindung auswählen. Heymann sieht beim Ausbau des klimafreundlichen Nahverkehrs neben den Kommunen auch die Bundesregierung in der Pflicht.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)