Wladimir Putin ist einmal mehr eine böse Überraschung gelungen: Mit der offiziellen Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Republiken Donezk und Luhansk sowie dem Marschbefehl für russische Truppen schafft der Präsident in gefährlichen Zeiten neue Fakten. Der Schritt an sich ist nicht überraschend – der Zeitpunkt umso mehr. Putin zündelt sehenden Auges im Ukraine-Konflikt, dessen Schärfe in den vergangenen Tagen durch Todesopfer im Frontgebiet zwischen der Ukraine und den beiden Republiken ohnehin zugenommen hatte. Die Vorwürfe aus Kiew, die Vorfälle seien von Moskau inszeniert worden, gewinnen so an Nahrung.
Es bleibt die Frage, was Putin eigentlich will. So viel ist klar: Er will die unabhängige und politisch zum Westen neigende Ukraine demütigen, verängstigen und nach Möglichkeit geografisch filetieren. Deutschland, die westlichen Partnerstaaten und die Nato können und dürfen das nicht zulassen. Immerhin handelt sich bei der Ukraine um einen souveränen Staat in Europa. Zudem hat das Land schon durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriff 2014 die Krim verloren. Aus heutiger Sicht ist die Reaktion des Westens damals zu schlapp ausgefallen. Die beschlossenen Sanktionen zeigten keine langfristige Wirkung, auch weil Russland es relativ schnell gelungen ist, sich zum Beispiel bei in den Bereichen Lebensmittel oder Maschinentechnik autark zu machen.
Reaktion auf Aggression muss schmerzvoller ausfallen
Will die westliche Allianz Putins Expansionsdrang stoppen, muss die Reaktion auf die Aggression dieses Mal schmerzvoller ausfallen. Und in dieser Sicht hat die Bundesregierung eine schnelle und klare Ansage gemacht: Das Zertifizierungsverfahren für die Gaspipeline Nord Stream 2 wurde umgehend gestoppt. Diese Maßnahme dürfte Russland hart treffen. Geht es doch bei diesem Megaprojekt keineswegs nur um Gaslieferungen, sondern auch um handfeste geopolitische Interessen, die sich nicht zuletzt gegen die Ukraine richten könnten.
Die nächste eindeutige Antwort des Westens auf die russische Aggression kann nur der Ausschluss des Landes aus dem Swift-Verfahren sein. Das hätte zur Folge, dass die finanzielle Abwicklung internationaler Geschäfte Russlands erheblich erschwert würde. Eine Frist, die Moskau noch ein Einlenken ermöglicht, wäre zudem ein Signal, dass Putin noch von seinem Tun ablassen kann. Ob er das allerdings wirklich noch will, ist nach seinen eindeutigen Ansagen vom Montagabend und den folgenden Taten fraglicher denn je.