Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Niedersachsen Discos geschlossen, Kirchen offen

Niedersachsen schränkt zu den Feiertagen das öffentliche Leben ein. Die Schulferien werden allerdings nicht verlängert. Eltern entscheiden selbst, ob sie ihre Kinder vom 20. bis 22. in die Schule schicken.
10.12.2021, 17:57 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Discos geschlossen, Kirchen offen
Von Peter Mlodoch

In Niedersachsen werden die Schulferien vor Weihnachten nicht verlängert. Allerdings können die Eltern frei entscheiden, ob sie ihre Kinder in den letzten drei Tagen in die Schulen schicken. Das Kultusministerium hebt vom 20. bis zum 22. Dezember die Präsenzpflicht für den Unterricht auf. Von Heiligabend bis zum 2. Januar will die SPD/CDU-Landesregierung das öffentliche Leben weiter runterfahren; dann sollen die strengen Kontaktbeschränkungen der Warnstufe 3 unabhängig von Ansteckungszahlen und Klinikeinweisungen gelten. Dies kündigten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) am Freitag in Hannover an.

„Wir wollen niemanden den Spaß verderben, aber wir brauchen dringend ergänzende Vorsichtmaßnahmen“, meinte Weil mit Blick auf die neue Corona-Variante Omikron. Mit seiner Weihnachtsruhe weicht Niedersachsen trotz seiner im Bundesvergleich relativ moderaten Ansteckungszahlen von der Linie aller anderen Bundesländer ab. Private Silvester-Partys sind danach nur noch mit höchsten 25 Personen erlaubt. Tanzevents werden verboten, Diskotheken geschlossen.

Weihnachtsgottesdienste dürfen dagegen ohne Begrenzungen des Landes stattfinden. Auch Reisebeschränkungen sind nicht vorgesehen. Restaurantbesuche und Hotelübernachtungen bleiben möglich – allerdings nur unter 2G plus, also nur für Geimpfte und Genesene mit zusätzlichem Negativtest. Menschen mit einer Auffrischungsimpfung brauchen letzteres nicht, ihnen werden künftig Personen, die trotz zweifacher Impfung an Covid erkrankt und dann genesen sind, gleichgestellt.

OVG kippt 2G für Friseure

Kurz zuvor hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg der Regierung noch ein ziemliches Überraschungsei ins Nest gelegt. Die Richter setzen die 2G-Regel für körpernahe Dienstleistungen in der bisherigen Corona-Verordnung außer Vollzug. Der Zugang zu körperpflegerischen Grundbedarfen wie Friseur oder Fußpflege dürfe auch für Ungeimpfte nicht vollständig verschlossen werden, befand das OVG. Für Kinos, Spielhallen, Zoos, Sportanlagen und Freizeitparks sei 2G plus aber wegen des „signifikant erhöhten Infektionsrisiko, das sich gerade bei Ungeimpften realisiere“, zulässig, erklärten die Richter und wiesen entsprechende Normenkontrollanträge in diesen Punkten zurück.

Der Lüneburger Beschluss hat zur Folge, dass die neue Corona-Verordnung wegen der notwendigen Überarbeitung nicht wie geplant an diesem Sonnabend, sonders erst am Sonntag in Kraft tritt. Damit ist Shoppen für Ungeimpfte noch möglich; die neue 2G-Regel für den Einzelhandel wirkt sich erst ab der kommenden Woche aus. Für Lebensmittelläden, Apotheken Tankstellen und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs gilt dies nicht. Baumärkte zählen jedoch nicht dazu. Man wolle einen Heimwerker-Tourismus aus den Nachbarländern vermeiden.

Kein Hybrid-Unterricht

„Unsere Schulen bleiben offen“, betonte Kultusminister Tonne. Für längere Ferien, also eine Schließung, gebe es keine Rechtfertigung. Für Kinder sei der Kontakt zu anderen Schülern sehr bedeutsam. Im Übrigen halte sich das Infektionsgeschehen an niedersächsischen Schulen in Grenzen. Keine einzige befinde sich derzeit im vollen Distanzlernen, lediglich in sieben Schulen seien einzelne Klassen betroffen. „Die  Aufhebung der Präsenzpflicht ist ein Angebot an die Familien“, sagte der Ressortchef. Einen Hybrid-Unterricht mit Online-Lernen gebe es allerdings nicht; dies würde die Schulen für die drei Tage vor zu große logistische Herausforderungen stellen. „Die Stoffvermittlung muss also in Eigenleistung erbracht werden.“ Nach den Ferien werde es wieder eine Sicherheitswoche mit täglichen Tests geben, kündigte der Kultusminister an.

„Die Schulen werden wieder einmal vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisierte Torsten Neumann vom Verband Niedersächsischer Lehrkräfte. Zwar sei es richtig, nicht die Ferien zu verlängern. Aber die Aufhebung der Präsenzpflicht hätte das Ministerium viel früher entscheiden müssen. Denn in diesen drei Tagen dürfen jetzt keine Klassenarbeiten geschrieben werden.

Opposition kritisiert Wirrwarr

Von einem „Kommunikations-Desaster“ sprachen die Grünen. „Das Wirrwarr der Regelungen gerade in Niedersachsen ist für die Bevölkerung kaum noch zu durchschauen“, schimpfte Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. Ausnahmen von Ausnahmen und immer wieder neue Ausnahmen schwächten die Akzeptanz der Regeln.

„Mit den hektischen und undurchdachten Veränderungen in der Corona-Verordnung in den letzten Wochen ist der Stufenplan der Landesregierung vollständig zu einem Flickenteppich geworden“, meinte auch FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. Die Landesregierung sollte den OVG-Beschluss zu den Beschränkungen bei den körpernahen Dienstleistungen als einen deutlichen Hinweis auf die potenzielle Rechtswidrigkeit ihrer Regeln verstehen. „Es dürfte nicht ausreichen, dass der Ministerpräsident bei den erneuten starken Grundrechts- und Freiheitseinschränkungen auf seine Sorge vor einem unbekannten Risiko verweist.“

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)