Auch nach der Verabschiedung der überarbeiteten Pkw-Maut durch den Bundestag ist noch nicht sicher, ob das umstrittene Projekt tatsächlich in die Tat umgesetzt wird.
Im Kreise der Länder laufen Bemühungen, bei diesem Prestige-Thema von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den Vermittlungsausschuss anzurufen. Sollte dies gelingen, würde das Vorhaben voraussichtlich so lange verzögert, dass es in dieser Legislaturperiode nicht mehr endgültig beschlossen werden kann.
Zugleich muss die Bundesregierung damit rechnen, dass andere EU-Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof klagen werden. „Wir halten uns alle rechtlichen Optionen offen“, bekräftigte am Freitag der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Österreich habe nichts gegen eine Autobahnmaut – es erhebe ja selber eine, betonte Leichtfried. Es sei aber nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar, wenn in Deutschland unterm Strich nur Ausländer zahlen müssten.
Der Bundestag hatte am Freitagmorgen mit den Stimmen der Großen Koalition die neue Version des seit 2015 geltenden Mautgesetzes gebilligt. Grundsätzlich sollen in Zukunft alle Nutzer von Autobahnen eine Gebühr bezahlen. Hiesige Fahrzeughalter werden aber mindestens in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet.
Erste Fassung nicht akzeptiert
Die EU-Kommission hielt diesen Ansatz ursprünglich für diskriminierend, weshalb die erste Fassung des deutschen Mautgesetzes auf Eis gelegt wurde. Später einigten sich Brüssel und Dobrindt auf einen Kompromiss. Halter besonders schadstoffarmer Autos sollten noch stärker entlastet werden. Auch sollen die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker gestaffelt werden. Außerdem will Deutschland die Behörde fortan dabei unterstützen, einen EU-weiten Rechtsrahmen für Mautsysteme zu schaffen.
Dobrindt selbst verteidigte im Bundestag seine Maut als „europäisches Projekt“. Die Maut sei gerecht, da sie zum Bau und Unterhalt der Straßen beitrage auch andere Länder von ausländischen Autofahrern Gebühren kassierten. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass in Ländern wie Österreich in- und ausländische Fahrzeughalter gleichermaßen zur Kasse geben werden.
SPD stimmt nur wegen Koalitionsdisziplin zu
Die SPD betonte am Freitag, dass sie dem Mautgesetz nur aus Gründen der Koalitionsdisziplin zustimmt. Neben der Frage, ob die Maut europarechtskonform ist, gibt es nach wie vor erhebliche Zweifel, ob sie überhaupt signifikante Einnahmen bringen wird, oder der Staat am Ende noch draufzahlen muss. Dobrindt verspricht Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro pro Jahr. CDU-Verkehrspolitiker lancierten bereits die Idee, die Straßenfinanzierung auf eine ganz neue Grundlage zu stellen: Jeder Autofahrer solle demnach eine Maut zahlen, deren Höhe aber von der zurückgelegten Fahrstrecke, dem Ort, der Fahrzeit und dem Fahrzeugtyp abhängt.
Die Länder wollen sich im Bundesrat Ende März mit dem neuen Mautgesetz befassen. Da das Projekt nicht zustimmungspflichtig ist, können sie es durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses nur verzögern. Das würde voraussichtlich dazu führen, dass es in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden kann. Das CDU-geführte Saarland und das SPD-geführte Rheinland-Pfalz kündigten bereits an, den Vermittlungsausschuss anrufen zu wollen. Sie befürchten – wie auch andere Bundesländer in Grenzlage – wirtschaftliche Nachteile durch die Maut. Um das Projekt zu verzögern, müssten im Bundesrat mindestens 35 Stimmen mobilisiert werden. Die SPD-Länder hätten mit Grünen und Linken eine Mehrheit. Diverse SPD-Ministerpräsidenten dürften sich aber genau überlegen, ob sie diesen Schritt tatsächlich gehen wollen. Denn das würde von der CSU auf Bundesebene als Kriegserklärung aufgefasst.