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Test: Mazda CX-60 D 200 Schnee von morgen

Mazdas Entscheidung, für den CX-60 nochmals einen Diesel zu entwickeln, dazu noch mit sechs Zylindern in Reihe, scheint irgendwie aus der Zeit gefallen. Doch gestrig, das ist diese Kombination sicher nicht.
09.03.2024, 06:00 Uhr
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Schnee von morgen
Von Oliver Matiszick

Wenn sich das Unerwartete daran macht, das stete Geplätscher des Alltags zu durchbrechen, dann gern auch richtig. So soll es in Bremen durchaus Menschen geben, die nicht nur zeitnah einen Termin bei der Kfz-Zulassungsstelle vereinbaren konnten, sondern dann am Tag X vor Ort nicht mal zermürbend lange auf Erledigung des bürokratischen Akts warten mussten. Zu Ereignissen von ähnlichem Seltenheitswert zählen in modernen Wintern auch Ausfahrten durch eine Hansestadt, die sich in Schnee getaucht präsentiert. Steigern lässt sich diese Besonderheit noch dadurch, wenn im Gefährt der Wahl ein neu entwickelter Diesel steckt. Denn in der Abschiedsära vom Verbrenner muss lange nach einem Hersteller gesucht werden, der das Selbstzünderprinzip noch nicht als Schnee von gestern in eine verschämte Ecke gekehrt hat. Doch es gibt ja noch Mazda.

In Hiroshima pflegen sie seit jeher hingebungsvoll die Zuwendung zum Besonderen. Sei es nun die Weigerung, beim Benziner dem Trend zum Downsizing samt Aufladung zu folgen, der unerschütterliche Glaube an den Kreiskolbenmotor oder eben an die Zukunftsfähigkeit des Diesels. Letzteres vor allem für Fahrzeuge von größerem Format; und zu denen darf sich der CX-60, der seit gut eineinhalb Jahren im Rang des Flaggschiffs der Marke steht, getrost zählen.

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Wobei: Mit seinen 4,75 Metern übertreibt es das, natürlich, SUV dabei nicht. Zwar überragt es den (übrigens auch bei Langfingern) beliebten CX-5 als vorheriges Mazda-Spitzenprodukt gleich mal um 17 Zentimeter in der Länge. Doch das ist zugleich auch das Maß, das den CX-60 etwa von so einem Premium-Trumm wie dem BMW X5 trennt. Flaggschiff hin oder her, so spielen die wahren Konkurrenten in der SUV-Mittelklasse und heißen X3, Mercedes GLC oder Audi Q5. Genau in diesem Umfeld angekommen sehen sich die Japaner – und zu diesen gestiegenen Ansprüchen soll folglich auch das passen, was unter der Haube steckt.

Die ist angesichts der gefällig gezeichneten Karosserie mit der weit nach hinten versetzten Fahrgastkabine lang genug, um darunter einen Motor zu verstauen, dessen sechs Zylinder nicht etwa in V-Form, sondern in Reihe angeordnet sind. Eben jenen Hinweis – Inline 6 – tragen die Embleme am Fuße der A-Säulen stolz zur Schau; als müssten alle, die den so vibrationsarmen wie geschmeidigen Lauf dieser Motorbauart schätzen, nochmals mit der Nase darauf gestoßen werden. Schließlich setzen selbst größere Modelle inzwischen nur noch auf Vierzylinder. Von wegen der Verbrauchsvorteile.

Doch da muss sich der Mazda schon mal nichts gefallen lassen. Trotz üppiger 3,3  Liter Hubraum zeigt der CX-60 in der 147 kW (200 PS) starken (und damit schwächeren von zwei Varianten), dass auch ein Sixpack sorgsam mit fossilen Brennstoffen umzugehen weiß. Zwar sind die fünf Liter Normverbrauch nur von Gasfuß-Asketen zu erreichen – doch Werte um die 6,5 Liter pro 100 Kilometer sind problemlos drin. Dafür sorgt unter anderem die Mildhybridisierung: Dem e-Skyactiv genannten Aggregat steht ein E-Motor zur Seite, der zwar nur 12,4 kW (17 PS) leistet, den Verbrenner aber insbesondere bei niedrigen Drehzahlen entlastet. In der Praxis bedeutet das: Wann immer möglich, geht es ab in den Segelmodus. Und wenn der Diesel ausgeknipst ist, dann zieht er auch keinen Kraftstoff aus dem 58-Liter-Tank.

Wobei: Man lernt es schnell zu schätzen, wenn der Sechszylinder läuft. Denn seine Leistungsentfaltung ist zwar unaufgeregt, aber doch so viel emotionaler als bei jedem Vierzylinder, der sich mittels Aufladung ebenfalls leicht 200  PS erdieselt – schöne Grüße an dieser Stelle etwa an die Wolfsburger Zweiliter-TDI. Im CX-60 brummt nichts bei niedrigen Touren, so wie beim Ausdrehen nichts dröhnt. Stattdessen klingt der Reihensechser einfach sonor, lässt die Achtgangautomatik gelassen den Sprint auf Tempo 100 (in 8,4  Sekunden) verwalten und verliert auch nicht die Fassung, wenn die 212 km/h Höchstgeschwindigkeit abgefordert werden.

Aber: Das will man eigentlich gar nicht. Nicht nur deshalb, weil die Lenkung mehr Präzision vertragen würde, sondern vor allem, weil es sich mit dem CX-60 so schön schwelgen lässt. Etwa darin, dass er auch als jüngster Mazda wenig Experimente macht. Außen wirken der markentypische Grill und die flachen Heckleuchten so vertraut, dass die nach Art des Hauses konservative Gestaltung des Innenraums erst recht keine Überraschung darstellt. Und das ist: gut so. Denn anders als bei vielen Konkurrenten – ob aus Europa oder Fernost – wurde auf allzu herausfordernde Bedienkonzepte oder raumgreifende Bildschirmlandschaften verzichtet. So sind selbst die digitalen Anzeigen hinter dem Lenkrad immer noch klassischen Rundinstrumenten nachempfunden – der Neid aller BMW-Fahrer, die das Layout ihrer modernen Digitalcockpits beklagen, dürfte dem CX-60 so gewiss sein.

Auch bei der Bedienung selbst sind die Japaner ihrer Linie treu geblieben. Die Funktionen des breiten Zentralmonitors werden nicht per Touchbefehl, sondern über einen Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole gesteuert. Prima: Die Klimatisierungseinheit blieb von den Segnungen der Digitalisierung verschont und bietet eine klassische Leiste mit physischen Tasten. Weniger prima: Sie ist unter den Lüftungsdüsen etwas zu tief angeordnet.

Das alles ist in einem Ambiente angesiedelt, das beim Vergleich mit den deutschen Premiumherstellern keinerlei Gefahr läuft, sich zu blamieren. Die eingesetzten Materialien im Innenraum fassen sich so gut an, wie sie aussehen; die Verarbeitung ist nicht nur sorgsam, sondern vorbildlich. Reinsetzen, genießen, starten – das geht auch deshalb so leicht, weil der CX-60 dem Fahrer gleich noch so lästige Dinge wie die Einstellungsarbeiten in der Kommandozentrale abnimmt.

Denn das sogenannte Driver Personalization System – Serie in der getesteten Ausstattungslinie namens Homura – fragt vor dem ersten Start ab, wie groß der Mensch am Steuer ist; und lässt sodann Sitze, Lenkrad und Spiegel in eine als ideal erachtete Position surren. Ein wenig Feinjustierung hier und dort, dann verknüpft das kamerabasierte System das Gesicht des jeweiligen Fahrers mit den entsprechenden Parametern – und stellt sie beim nächsten Mal, wenn er hinter dem Steuer erkannt wird, automatisch ein. Bei wechselnden Nutzern ist das nicht nur praktisch, sondern funktioniert auch verlässlich – im Gegensatz zur ebenfalls kameragestützten Erkennung von Tempolimits. Dass die überaus fantasievoll agiert, gehört beinahe schon zur Mazda-Folklore. Verlassen sollte man sich auf die Anzeige im CX-60 jedenfalls so wenig wie in einem CX-30 oder CX-5.

Wo der Top-Mazda seinen Geschwistern was vormacht: beim Platzangebot. Vorn herrscht ohnehin eine luftige Raumfülle, im Fond stößt die Beinfreiheit erst dann an ihre Grenzen, wenn es sich bei den Mitfahrern um ausgemachte Sitzriesen von mehr als 1,95 Metern Größe handelt. Und hinter der Rückbank fahren noch bis zu 570 Liter Gepäck mit – damit lässt sich arbeiten und reisen. So wie sich angesichts der umfangreichen Serienausstattung – unter anderem LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Navi und allerlei Assistenz – auch mit dem Grundpreis leben lässt. Knapp unter 50.000 Euro sind dafür erforderlich – und natürlich der Wille, sich auf das Unerwartete einzulassen. Und mit einem großvolumigen Diesel sozusagen gegen den Strom zu schwimmen.

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Info

Modell: Mazda CX-60 e-Skyactiv D 200

Motor: R6-Diesel (Mildhybrid)

Hubraum: 3283 ccm

Leistung: 147 kW/200 PS

Drehmoment: 450 Nm

Höchstgeschwindigkeit: 212 km/h

Beschleunigung (0–100 km/h): 8,4 s

Verbrauch (ø nach WLTP): 5,0 l/100 km

CO2-Ausstoß (nach WLTP): 130 g/km

Abgasnorm: Euro 6d

Abmessungen (L/B/H): 4,75/1,89/1,69 m

Kofferraumvolumen: 570 Liter

Testwagenpreis: 61.150 Euro

Basispreis: 49.350 Euro

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