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Fake-News-Gefahr auf Instagram Angeblicher Amokalarm in Bremen: Was steckt hinter dem Video?

Auf mehreren Instagram-Accounts kursiert ein Video von einem vermeintlichen Amokalarm in Bremen, den es zu dem Zeitpunkt so nicht gegeben hat. Wie sind solch dubiose Videos einzuordnen?
08.05.2025, 05:00 Uhr
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Von Laura Kurtz

Ein Video aus einem Klassenraum kursiert auf Instagram, scheinbar in einer Bremer Schule aufgenommen – überschrieben mit: "Amokalarm in Bremen". Unruhige Schüler bewegen sich durchs Zimmer. "Die Lage wird geklärt", ertönt es aus einer Durchsage, "verhalten Sie sich ruhig."

Geteilt wurde das Video auf mehreren Instagram-Accounts, darunter "liebesbremen". Ein Profil mit rund 14.500 Followern, das unterhaltende Videos aus Bremen postet, aber auch Aufnahmen von Unfallstellen und Polizeieinsätzen. Wer hinter dem Account steckt, ist nicht bekannt. Am 23. April ist das Video dort zu sehen – am Tag darauf ist es verschwunden. In den Kommentaren war unter anderem der Vorwurf zu lesen, die Aufnahme sei alt.

Ohne Einordnung wird akute Gefahr suggeriert

Selbst wenn das Video echt ist, einen Amokalarm an einer Bremer Schule gab es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht. Der Beitrag ist also mindestens irreführend: Er suggeriert eine akute Gefahr, ohne dass Angaben zum Ort und Zeitpunkt des Geschehens gemacht werden.

Unsere Redaktion hat den Inhaber von "liebesbremen" kontaktiert, jedoch bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme erhalten.

Von wem das Video stammt, ist ebenfalls unbekannt – in sozialen Netzwerken verbreiten sich Inhalte schnell, oft ohne dass der Urheber dabei genannt wird. Ist das überhaupt erlaubt? Und gibt es Wege, Falschinformation aufzuhalten, bevor sie viral geht?

Rechtliche Verantwortung bei demjenigen, der Inhalte veröffentlicht

"Unkommentierte Videos sind leicht ein Nährboden für Fake News, weil sie die Inhalte nicht einordnen", sagt Cornelia Holsten. Sie ist Juristin und Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt. Die rechtliche Verantwortung liege dabei immer bei der Person, die den Inhalt veröffentlicht, in diesem Fall also dem Inhaber von "liebesbremen" – auch wenn das Video nicht von ihm aufgenommen wurde, erklärt Holsten. Wer Inhalte von einem anderen Urheber übernimmt und dabei etwa den Jugendschutz, Persönlichkeitsrechte oder das Urheberrecht verletzt, hat mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

Auch für Falschinformation gibt es eine Regulierung, die im Digital Services Act festgehalten ist – allerdings gilt die nur für journalistisch-redaktionelle Online-Angebote, nicht für private Accounts. Das im September 2023 eingeführte Gesetz der Europäischen Union nimmt Plattformen wie Instagram stärker in die Pflicht. Illegale Inhalte müssen entfernt werden, sonst drohen Geldstrafen.

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Da es sich beim Account "liebesbremen" nicht um ein informatives Angebot handelt, sondern um eine privat geführte Unterhaltungsseite, herrscht dort erst mal Meinungsfreiheit – im Rahmen der Gesetze.

So können Nutzer Verstöße melden

Ist jemand der Meinung, ein Beitrag verstoße gegen Recht, kann er diesen direkt an die Plattform melden. Alternativ können Nutzer sich mit ihrer Beschwerde an eine Landesmedienanstalt wenden – auf Wunsch anonym.

Undurchsichtiger wird es bei der Urheberfrage: "liebesbremen" bekennt sich dazu, mitunter Beiträge zu reposten und eingesendete Videos zu verwenden. Eine Quelle wird jedoch in den meisten Beiträgen nicht angegeben. Für Nutzer ist darum nicht nachvollziehbar, ob der Inhaber die Zustimmung eingeholt hat. Das wäre aber nötig, um fremde Inhalte verwenden oder andere Personen zeigen zu dürfen.

Blödsinn ist nicht illegal.
Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt

Unter den Beiträgen auf der Seite finden sich mehrfach kritische Kommentare: ein Mann werde fälschlicherweise als obdachlos dargestellt, ein Video soll ohne Erlaubnis geteilt worden sein. Rechtlich anfechtbar ist das jedoch nicht. "Blödsinn ist nicht illegal", konkludiert Cornelia Holsten.

Polizei warnt vor Falschmeldungen

Gerade bei so sensiblen Themen wie einem Amokalarm appelliert die Polizei, Gerüchte nicht ungeprüft weiterzuverbreiten. Im Verdachtsfall sei umgehend die Polizei zu informieren, so Franka Haedke, Sprecherin der Polizei Bremen.

Um einzuschätzen, wie glaubwürdig eine Seite ist, hilft ein kurzer Profil-Check, rät Cornelia Holsten: "Hat ein Account sehr viele Follower, aber eine geringe Interaktionsrate, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass Follower gekauft sind, um so eine höhere Vertrauenswürdigkeit zu suggerieren." Fehlende Quellenangaben und mangelnde Einordnung wie im Fall von "liebesbremen" sollten ebenfalls aufhorchen lassen.

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Wichtig sei, immer wieder eine kritische Haltung einzunehmen und sich zu fragen: Kann das denn wirklich sein? Im besten Fall, so Holsten, überprüfen Nutzer die Quelle und gleichen die Information mit weiteren Quellen ab.

Wie gefährlich sind Fake News?

"Fake News sind eines der entscheidenden Probleme unserer Zeit", warnt die Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt. Falschinformation könne eine Gesellschaft spalten und polarisieren – und letztlich die Demokratie gefährden, wie bereits bei vergangenen Wahlen deutlich wurde. Auch in Bremen hat es bereits gezielte Desinformationskampagnen gegeben.

Thorge Koehler, Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz Bremen, warnt vor Falschbehauptungen, die auf Social-Media-Plattformen schnell große Beachtung erfahren können: "Wenn eine ausgedachte Nachricht, die objektiv unwahr ist, die sozialen Medien überschwemmt, dann denken Leute, dass es tatsächlich eine ernst zu nehmende Gefahr gibt."

Aufklärung über Information im Netz werde auch in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe sein, meint Cornelia Holsten. Zugleich müssten die Plattformen noch strenger in die Verantwortung genommen werden.

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