Vielleicht ist der Borschtsch schuld. Natalie Shtefunyk ist ein Energiebündel: Mit wehendem Mantel kommt sie vom Theater direkt in die Markthalle Acht. Dort betreibt sie mit ihrem Bruder Slavik Shtefunyk den wahrscheinlich ersten ukrainischen Street-Food-Stand in Norddeutschland: Bab’ Maria.
Bab’ steht für Oma. Sie war es, die das Geschwisterpaar großgezogen hat und sie war es auch, die beide in die Geheimnisse der Küche eingeweiht hat. „Unsere Großmutter war Köchin. Sie hat uns gelehrt, mit den Gewürzen umzugehen und den Gerichten Charakter zu verleihen“, sagt Natalie Shtefunyk. Sie war eine der Protagonistinnen in dem Stück „Mütter“ im Goethetheater. Einem Wendepunkt in ihrem Leben. Denn eigentlich kommt sie beruflich als Informatikerin aus einer ganz anderen Richtung. Als sie 2002 „aus der Toskana der Ukraine“ nach Bremen kam, konnte sie nicht ahnen, dass sie irgendwann mal auf einer Bühne stehen würde. „Mich hat Kreatives immer fasziniert, aber Alize Zandwijk hat mich inspiriert, meine Träume zu leben“, sagt Natalie Shtefunyk.
Zu dieser Kreativität gehört natürlich auch Kochen und zwar so, dass man über die Gerichte und ihre Charakteristik die Menschen dahinter kennenlernen kann. „Als wir das Angebot bekommen haben, in die Markthalle Acht zu kommen, war es als dreimonatiges Pop-up-Projekt gedacht. Aber meinem Bruder und mir wurde schnell klar, dass wir gut hier reinpassen. Verschiedene Kulturen treffen sich kulinarisch“, resümiert sie. Das war 2019.
Auf der Speisekarte stehen sechs verschiedene Gerichte. Wir beide entscheiden uns für Borschtsch, Wareniki und später noch frittierte Pelemi. Alles bereitet Slavik Shtefunyk frisch, entspannt und mit Liebe zu. Dennoch greift seine Schwester noch vor dem ersten Bissen zum Salz: „Ich esse immer viel salziger, deswegen muss ich aufpassen, wenn ich koche.“
Ich entscheide mich für die Variante mit Rindfleisch, die in der kleinen Portion mit Schmand 8,90 Euro kostet. Vegan kostet die Suppe 7 Euro. „Ich esse die immer, wenn es draußen nicht so schön ist“, meint Slavik. Glaubt man seiner Schwester, ist die Suppe aus roter Bete, Weißkohl, Möhren, Kartoffeln und Co ein Booster für Lebensenergie, die sie manchmal auch zum Frühstück isst. Borschtsch geht immer.

Die ukrainischen Teigtaschen gibt es in verschiedenen Varianten.
In den meisten Rezepten werden die Zutaten möglichst klein gewürfelt. Bei Bab’ Maria wird die Möhre geraspelt, was noch mehr Geschmack bringt. Dazu gibt es frisches Brot und Schmand mit einem Hauch Knoblauch. Natürlich darf Dill nicht fehlen, er gibt den frischen Kick. Die Wareniki sind mit Kartoffeln gefüllte Teigtaschen, die entweder mit Pilzrahmsoße (9,40 Euro), Knobi-Schmand (8,70 Euro) oder vegan mit geschmorten Zwiebeln und Salat (8,50 Euro) kombiniert werden. Pur würden sie ein bisschen langweilig schmecken, wie die meisten Teigtaschen. Die Pelemi, ebenfalls Teigtaschen, haben eine Hähnchenfüllung und durch das Frittieren werden sie zu einem leckeren Snack. Wenn es stimmt, dass die Gerichte charakteristisch für die Menschen eines Landes sind, dann sind Ukrainer bodenständig, grade und fleißig. Denn die Zubereitung erfordert viel Zeit. Bei Bab’ Maria ist alles „handmade“. „Ohne unser Team wäre das nicht zu leisten. Wir sind morgens hier immer die ersten“, sagt Natalie Shtefunyk.
Das sagen die Stammgäste: Mit Liebe gemacht, ein Essen, das sättigt. Der Buchweizensalat müsste eigentlich Super-Bowl heißen.
Bab’ Maria, Markthalle Acht, Domshof 8-12, 28195 Bremen, Öffnungszeiten: Dienstag und Mittwoch 11-20 Uhr, Donnerstag-Sonnabend 11 bis 22 Uhr. Barrierefrei.