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Fakten zur Händehygiene Das sind die größten Hotspots für Keime im Alltag

Die Hände sind die häufigsten Überträger von Krankheitserregern. Die wichtigsten Fakten zur richtigen Händehygiene - und wo sich im Alltag die Hotspots der Keime befinden. Ein Bremer Hygieneexperte gibt Tipps.
07.02.2023, 15:17 Uhr
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Das sind die größten Hotspots für Keime im Alltag
Von Sabine Doll
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Auch mit dem Auslaufen der Corona-Pandemie spielt Alltagshygiene weiterhin eine bedeutende Rolle beim Schutz vor Infektionskrankheiten. Insbesondere der Händehygiene kommt eine zentrale Rolle zu. "Die Hände sind der häufigste Überträger von Krankheitserregern", sagt der Bremer Krankenhaushygieniker Martin Eikenberg. "Die Hände kommen in allen möglichen Alltagssituationen mit Keimen in Kontakt. Erreger können auf diesem Weg direkt an andere Menschen weitergegeben werden, etwa beim Händeschütteln – oder auch über gemeinsam genutzte Gegenstände oder Flächen, Haltestangen in Bahnen und Türklinken zum Beispiel."

Fasst man mit den Händen ins Gesicht, können die Krankheitserreger über die Schleimhäute von Augen, Nase oder Mund in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen, teilt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit. Händewaschen könne diesen Übertragungsweg unterbrechen.

Welche Krankheitserreger werden über die Hände übertragen?

"Das sind vor allem Krankheitserreger, die über Kontakt- oder Schmierinfektionen übertragen werden", sagt Eikenberg, Leiter des Instituts für Allgemeine Hygiene, Krankenhaushygiene und Umwelthygiene des Bremer Klinikverbundes Gesundheit Nord (Geno). "Dazu gehören Erreger, die Magen-Darm-Infektionen auslösen, beispielsweise Noro- und Rotaviren." Auch multiresistente Keime (MRSA), gegen die eine Reihe von Antibiotika nicht mehr wirken, könnten auf diese Weise weitergetragen werden. Ebenso Erreger, die Atemwegsinfektionen hervorrufen. Grippe- oder Erkältungsviren würden zwar vor allem durch Tröpfchen – sogenannte Aerosole – über die Luft übertragen. Der Weg über die Hände sei aber ebenfalls möglich, erklärt die Bundeszentrale.

Wie viele Infektionen lassen sich durch Händehygiene vermeiden?

"Auf Basis verschiedener Untersuchungen wird beispielsweise geschätzt, dass sich durch gründliches Waschen der Hände mit Wasser und Seife das Risiko von Durchfallerkrankungen fast halbiert", heißt es von der BZgA. "In der Pandemie hat Alltagshygiene eine zentrale Bedeutung in der Bevölkerung bekommen", betont Eikenberg. "In der Anfangszeit waren Seife und Desinfektionsmittel wochenlang fast ausverkauft." Dort, wo es keine Möglichkeiten zum Händewaschen gibt, seien Desinfektionsspender aufgestellt worden. "Händehygiene ist eine wirksame und einfache Maßnahme, um sich vor bestimmten Krankheitserregern und Infektionen zu schützen. Wenn diese Lehre aus der Pandemie nicht verpufft, sondern auch weiterhin gefördert wird, wäre das ein wirklich positiver Effekt."

Wie häufig waschen sich die Deutschen die Hände?

Studien aus der Zeit vor Corona zeigen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Forscher der privaten SRH Hochschule Heidelberg kamen in einer 2018 veröffentlichten Beobachtungsstudie zu dem Schluss, dass es in Deutschland generell einen Nachholbedarf beim Händewaschen gebe – und dass insbesondere Männer es nicht ganz genau mit der Händehygiene nach dem Toilettengang nehmen.

Für die Untersuchung hatten Studierende einen Monat lang 1000 Besuchern öffentlicher Toiletten in und um Heidelberg auf die Finger geschaut. "Während elf Prozent der beobachteten Männer ganz auf die Reinigung verzichteten, waren es bei den Frauen drei Prozent", berichtete das "Deutsche Ärzteblatt" aus einer Mitteilung zur Studie. Wasser und Seife nutzen 82 Prozent der Frauen, bei den Männern waren es 51 Prozent. Nimmt man Männer und Frauen zusammen, verzichteten etwa sieben Prozent ganz auf das Händewaschen, 27 Prozent wuschen ihre Hände nur mit Wasser. Rund 58 Prozent benutzten zwar Wasser und Seife, aber nicht mit der erforderlichen Gründlichkeit, heißt es in dem Bericht.

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"Die Wassertemperatur hat keinen Einfluss auf die Reduktion der Mikroorganismen. Daher sollte die individuell angenehme Wassertemperatur gewählt werden. Viel wichtiger sind die Dauer des Händewaschens und das Maß der Reibung beim Einseifen der Hände", teilt die Bundeszentrale mit.

Vor allem Seife sei eine effektive Waffe gegen Keime, betont Eikenberg. "Mit Seife werden Keime nicht nur abgewaschen, sondern sogar zerstört. Das gilt insbesondere auch für Corona- und Influenzaviren." Diese seien von einer Lipidschicht ummantelt. "Seife greift diese Schicht, die das Erbgut der Viren enthält, an und löst sie auf", erklärt der Bremer Hygieneexperte. Allerdings braucht es eine gewisse Zeit, bis Seife ihre zerstörerische Wirkung entfaltet. 20 Sekunden sind laut BZgA der Richtwert für normal verschmutzte Hände in Alltagssituationen. "20 Sekunden entsprechen in etwa dem zweimaligen Summen des Happy Birthday-Lieds", gibt die Bundeszentrale als Tipp. Wichtig dabei: Besonders häufig würden der Daumen und die Fingerspitzen vergessen.

Fehle Seife, sei Wasser besser als nichts. "Für solche Fälle oder wenn es keine Möglichkeit zum Händewaschen gibt, ist es durchaus sinnvoll, ein kleines Fläschchen mit Desinfektionsmittel in der Tasche parat zu haben", empfiehlt der Bremer Hygieneexperte.

Wann sollten die Hände gewaschen werden?

Nicht nur dann, wenn sie sichtbar verschmutzt sind, betonen die Experten. Krankheitserreger seien nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen. Die BZgA hat eine Liste der zwingenden Anlässe zusammengestellt: Jedes Mal bei der Rückkehr nach Hause, nach dem Toilettengang, dem Wechseln von Windeln, dem Naseputzen, Husten oder Niesen, dem Kontakt mit Abfällen sowie nach dem Kontakt mit Tieren oder Tierfutter. Immer vor den Mahlzeiten sowie dem Umgang mit Medikamenten oder Kosmetika. Und immer vor und nach der Zubereitung von Speisen, insbesondere beim Umgang mit rohem Fleisch, beim Kontakt mit Kranken und der Behandlung von Wunden.

Wo befinden sich die Hotspots für Keime im Haushalt?

"Wo viele Menschen sind, sind auch viele Keime. Nicht die Gesamtzahl an Mikroorganismen als solches entscheidet über eine mögliche Infektion, sondern primär, um welche Keime es sich handelt", sagte der Ärztliche Direktor des Deutschen Beratungszentrum für Hygiene, Ernst Tabori, "Zeit online". Ausschlaggebend sei, ob sich unter den Mikroben Infektionen verursachende, also pathogene Erreger befänden. Noroviren, die starke Durchfälle und heftiges Erbrechen auslösen, sind laut Robert Koch-Institut (RKI) hochansteckend, schon eine winzige Dosis reiche für eine Infektion aus.

Als Hotspot im Haushalt gilt nicht wie angenommen das Bad, sondern die Küche. "In der Küche wird mit allen möglichen Dingen hantiert: mit Fleisch, rohen Eiern, Gemüse mit Erdresten, die auf Schneidebrettern mit Messern verarbeitet werden. Es gibt feuchte Spültücher – und alles wird mit den Händen angefasst", beschreibt Eikenberg. Zu krankmachenden Keimen, die dabei verteilt werden können, gehörten etwa Salmonellen, Campylobacter, Staphylococcus aureus, Listerien, EHEC-Bakterien oder multiresistente Erreger. "Deshalb ist Hygiene in der Küche besonders wichtig. Also regelmäßiges Händewaschen zwischendurch, Fleisch und Gemüse sollten immer auf getrennten Scheidebrettern bearbeitet werden", so Eikenberg.

Insbesondere Spülschwämme und -tücher können Keimschleudern sein. "Die geben Sie am besten mehrmals pro Woche in die Waschmaschine. In einem Spülschwamm verbleiben immer Reste von Eiweiß und Fett, auch wenn Sie den von Hand ausspülen", sagte Hygiene-Experte Tabori in einem Interview mit dem "Tagesspiegel". Die Tücher sollten bei 60 Grad Celsius mit Vollwaschmittel gewaschen werden.

Toilettendeckel geöffnet lassen oder schließen?

In Badezimmern und öffentlichen Toiletten gilt als "goldene Hygiene-Regel": Wer nach dem Geschäft die Spültaste drückt, sollte den Toilettendeckel immer schließen. Denn: "Aus einer geöffneten Toilette können sich Keime in der Kabine oder im Badezimmer verteilen und auf Handtüchern oder Zahnbürsten landen", erklärt Eikenberg.

Wie kann zu mehr und gründlicher Händehygiene motiviert werden?

US-amerikanische Forscher empfehlen als sichtbare Botschaft und Aufforderung Hinweisschilder oder Plak

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ate. Für einen Praxistest brachten die Wissenschaftler vor einigen Jahren auf einer Herrentoilette an einer Universität Schilder mit der Aufschrift an: "Vier von fünf Männern waschen sich die Hände". Daraufhin sei die Zahl der Händewascher in dem Beobachtungszeitraum von 77 auf 86 Prozent gestiegen, wie die Forscher in dem Fachblatt "Human Communication Research" berichteten. Auch der Bremer Krankenhaushygieniker Eikenberg hält Hinweisschilder oder Plakate an Spiegeln in öffentlichen Toiletten für hilfreich.

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