Herr Nitzsche, welche Gründe gibt es für einen Investor, lange leer stehende Immobilien wie das Kaufhaus Habü zu erwerben? Was macht solche Objekte für Sie attraktiv?
Philip Nitzsche: Attraktiv ist das Habü-Gebäude natürlich überhaupt nicht, sondern nur die Lage, das Grundstück. Ich bin aber kein Grundstücksspekulant. Wir sind mit unseren Firmen in verschiedenen Stadtteilen Bremens tätig, von Schwachhausen bis Farge. Es geht mir persönlich auch um eine Verbesserung des Stadtbildes. Es kommt darauf an, ob man mit dem Gebäude etwas entwickeln kann: umbauen, aufstocken oder aber abreißen, um dann ein neues, attraktiveres Angebot zu schaffen. Mit dem Habü habe ich mich schon seit 2015 gedanklich beschäftigt, Eigentümer bin ich über eine Gesellschaft allerdings erst seit 2022. So ein Objekt ist für einen normalen, privaten Immobilienkäufer zu kompliziert, für einen großen Entwickler aber zu klein.
Warum haben Sie so spät gekauft?
Weil sich die Verhältnisse im Grundbuch komplizierter darstellten, und das wollte ich nicht begleiten. Hätte ich früher gekauft, hätte ich auch bestimmte Lasten übernehmen müssen. Das prüfen wir vorher ganz genau.
Was sind für Sie K.-o.-Kriterien, um auf jeden Fall die Finger von einer Immobilie zu lassen?
Wenn mir von Beginn an die Vorstellungskraft fehlt, dass man in der Lage auch erfolgreich etwas umsetzen kann. Bietungsverfahren schließen wir immer aus, wenn also mögliche Käufer dazu animiert werden, gegenseitig die Preise hochzutreiben. Auch Nachlass-Prozesse sind mitunter kompliziert und zeitaufwendig. Auch bei bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten oder dem negativen Ergebnis einer Altlasten-Prüfung sind wir eher ablehnend.
Wenn umgebaut oder kernsaniert werden soll, gibt es oft weit mehr Beteiligte als den Käufer und die Baubehörde. Wer muss in der Regel noch ins Boot geholt werden?
Der Ortsbeirat, der eine Baugenehmigung ja auch auf den Tisch bekommt, diskutiert und auch einen Antrag ablehnen kann. Dann muss vermittelt und ein Kompromiss gefunden werden. Auch nachbarschaftliche Zustimmungen sind im Innenstadtbereich öfter einmal notwendig.
Was ist mit Versorgern wie Hansewasser und SWB, was ist mit der BSAG?
Die müssen häufig eingebunden werden. Beim Habü, vor dem Steintor, verläuft die Oberleitung in der Straße. Da können Sie im Brandfall nicht so einfach anleitern, da die Starkstromleitung den Feuerwehrmann gefährden könnte. So etwas muss man dann im Vorfeld abstimmen.
Was hat es mit Ablösesummen für Stell- und Spielplätze auf sich? Um welche Beträge geht es da?

Philip Nitzsche.
Beim Objekt Habü kann kein Spielplatz oder Stellplatz erstellt werden. Dafür verlangt die Stadt Ablösebeträge, die vor einer Genehmigungserteilung zu bezahlen sind. Bei Habü haben wir rund 40.000 Euro an die Stadt zahlen müssen, Ablöse und Genehmigung. Insofern wird schon viel investiert, bevor es überhaupt mit einem Neu- oder Umbau losgehen kann.
Sind die Preise einheitlich in der Stadt?
Nein, es gibt Gebietszonen mit festgelegten Preisen im Stellplatzortsgesetz. Innenstadt oder Farge, das sind schon Unterschiede. Das spielt schon eine Rolle bei der Frage, ob sich eine Investition wirtschaftlich trägt oder ob es womöglich schwieriger wird zu vermieten, wenn kein Stellplatz angeboten werden kann. Dafür gibt es aber auch mittlerweile eine gute Abdeckung mit Mobilitätskonzepten.
Wie schwierig ist es für Immobilien-Entwickler, bei problematischen Gebäuden an Fördergelder zu kommen, etwa Kredite der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau?
Für den Grundstücksankauf können Sie keinen KfW-Kredit bekommen, der ist ganz konventionell finanziert. Wir haben noch seinerzeit von einem Förderprogramm des Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) für energieeffizientes Bauen profitieren können: Sanierung zum Energiehaus als Zuschuss. Es ist aber dann auch entsprechend aufwendig, aus einem alten Bestand ein Effizienzhaus zu machen.
Oft tut sich dann erst einmal wenig bis nichts – von außen betrachtet. Wie lange es dauert es denn, (Um-)Baupläne genehmigt zu bekommen oder eine Baustatik zu erstellen?
Beim Bauantrag hat es von der Einreichung bis zur Erteilung der Genehmigung länger als ein Jahr gedauert. Beim Habü-Gebäude ist die geforderte Entrauchungsanlage recht aufwendig. Da gibt es dann auf der einen Seite die Feuerwehr, die prüft – und dann aber zusätzlich noch einen Brandschutzprüfer, der von der Behörde bestellt wird, aber von uns bezahlt werden muss. Das Prozedere ist langwierig und für manch einen Antragsteller wenig verständlich. Zudem gehört zur Baugenehmigung auch eine geprüfte Statik.
Also ein Jahr für den Bauantrag und dann noch einmal wie lange für alles?
Die Bearbeitung durch die Beteiligung Dritter wie Baumschutz, Bodenschutz, Straßenverkehrsamt, Feuerwehr dauert sechs bis zwölf Monate. Die Statik muss dann mit der Ausführungsplanung stimmig sein und nicht mit dem Antrag. Insofern starten wir damit erst nach der Erteilung, das dauert vielleicht drei Monate. Aber der Prüfer, der dann vom Amt beauftragt wird, fängt auch nicht sofort an und benötigt in der Regel weitere drei bis sechs Monate. Da sind am Ende insgesamt schnell mal zwei Jahre weg, bevor es mit einem Bau losgehen kann.
Ist Bremen da eine Ausnahme?
Von Stadtteil zu Stadtteil gibt es Unterschiede, je nach Sachbearbeiter. Meine Erfahrung aus rund 25 Jahren ist, dass man sich im Vergleich zu früher intensiver bemüht, Kompromisse zu schaffen. Unseres Erachtens ist Bremen, im Vergleich zu Niedersachsen, wo wir gewisse Erfahrung haben, bei der Personalstärke nicht ganz so gut aufgestellt. Gerade wenn der Markt wieder anzieht, da sich Rahmenbedingungen verbessern, muss man sich rechtzeitig mit zusätzlichem Personal darauf einstellen. Bei der Feuerwehr gibt es gewissen Fachkräftemangel, Behörden müssen sich für Fachkräfte auch attraktiver gestalten.
Wenn es dann losgeht, sind Gewerke aufeinander abzustimmen: Maurer, Installateure, Fensterbauer, Fliesenleger. Ist das heute schwieriger als früher?
Die Anzahl von Fachfirmen war früher höher, Neugründungen und der Weg in die Selbstständigkeit werden weniger gewählt. Durch diverse Krisen haben es manche Firmen schwer, da sie Fachkräfte oder aktuell Aufträge verloren haben. Vielleicht ist das aber auch wieder eine Chance. Aus unserer Sicht funktioniert es aktuell besser als noch vor zwei Jahren, sich mit den Firmen auf Preise zu einigen.
Was ist Ihr dringendster Wunsch an die Bremer Politik?
Grundsätzlich sind wir gerne mit allen im Dialog, um ein Ziel zu erreichen, das am Ende allen Freude macht. Aufgabe ist, auch Anreize zu schaffen, wenn private Investoren ein Risiko eingehen, etwa Schrottimmobilien ankaufen. Da könnte es Programme geben, denn Sie können nicht aus jedem Objekt mit KfW-Mitteln ein Effizienzhaus zaubern. Wichtig ist, wenn es um Betreiber-Projekte geht, dass die Kommunikation auch untereinander stattfindet: die Baubehörde etwa mit dem Sozial- oder Bildungsressort und umgekehrt. Da sind wir als Investoren oft schon in den Startlöchern, fangen an zu planen, zu bauen, aber der künftige Betreiber hat die Refinanzierung noch nicht zugesagt bekommen. Das Risiko kann man heute in der Regel nicht mehr darstellen.
Und beim Thema Schrottimmobilien?
Da könnte auch ein Ortsamt schon mal die Eigentümer ansprechen und fragen, was da los ist. Und wenn sich Privateigentümer auf so langwierige Sanierungsverfahren wie eben beschrieben nicht einlassen wollen, dann kann die Stadt auch ihr Vorkaufsrecht ausüben oder ihre eigene Gesellschaften einsetzen, Brebau oder Gewoba, um tätig zu werden.