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Serie "Wegweiser Schule" Was hilft bei Mobbing in der Grundschule?

Auch in der Grundschule kann es schon zu Ausgrenzung und Mobbing kommen. Eine Schulleiterin und Beratungsfachleute geben praktische Tipps - auch für Eltern.
09.06.2021, 16:33 Uhr
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Was hilft bei Mobbing in der Grundschule?
Von Frank Hethey
Inhaltsverzeichnis

Mit der Grundschule beginnt für die Kinder ein neuer Lebensabschnitt. Der kann spannend und aufregend sein, aber auch Ärger und Frust mit sich bringen, wenn Kinder sich ausgegrenzt fühlen oder Eltern um das Wohl ihres Nachwuchses bangen. Dazu haben wir Einschätzungen und Tipps aus Lehrerperspektive und dem Blickwinkel von Beratungsstellen zusammengetragen.     

Was tut die Schule, wenn ein Kind über Ausgrenzung klagt?

Am wichtigsten ist, sich erst einmal Klarheit über den Sachverhalt zu verschaffen. "Die Schule muss aktiv werden und die Darstellung des Kindes anhören", sagt Margarethe Cimiotti, Leiterin der Grundschule Osterholz. Dabei sei Einfühlungsvermögen gefragt. "Wenn ein Kind sagt: 'Die mögen mich alle nicht', müssen wir sehen, was da dran ist." 

Doch mitunter sind auch andere Faktoren im Spiel. In der Grundschule seien plötzlich 25 Kinder gleichen Alters in einer Klasse und damit mehr als in einer Gruppe des Kindergartens. "Es kann sein, dass das Kind nicht mehr so im Mittelpunkt steht" – und darunter leidet. Gleichwohl müsse das Kind ernst genommen werden: "Wenn ein Kind sich beklagt, steckt darin immer ein wahrer Kern. Und den muss man finden."

Müssen auch Eltern lernen?

Nicht nur für die Kinder, auch für viele Eltern ist die Grundschule neues Terrain. Manche Väter und Mütter haben Schwierigkeiten, mit den schulischen Gegebenheiten zurechtzukommen, so Schulleiterin Cimiotti. Dazu gehört auch, die Situation des eigenen Kindes adäquat einzuschätzen. "Es gibt Eltern, die aufgebracht in die Schule kommen und sagen: Mein Kind wird ausgegrenzt und gemobbt", sagt sie. In solchen Fällen rät Cimiotti, "erst einmal runterzukühlen", also die Angelegenheit mit größtmöglicher Nüchternheit zu betrachten.

Es müsse herausgefunden werden, was eigentlich passiert sei und ob die Eltern vielleicht überreagiert haben. Zum Beispiel, weil sie die Angaben des Kindes unreflektiert übernehmen. Denn das Gefühl, gemobbt oder ausgegrenzt zu werden, habe mit einem hohen Maß an Emotionalität zu tun und könne den Blick auf die Realität verstellen – eine Herausforderung auch für die Eltern. "Man muss aufpassen, dass man diese Emotionalität nicht über den Sachverhalt stellt." Was für Cimiotti kein Widerspruch zur Empathie für das Kind ist.

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Gibt es Mobbing schon an der Grundschule?

Wenn man Mobbing als systematische und andauernde Ausgrenzung eines Kindes durch mehrere andere Kinder definiert, spielt diese Form der Schikane nach Expertenansicht an Grundschulen noch keine bedeutende Rolle. Allerdings wächst die Gefahr, sobald Kinder in der dritten und vierten Klasse zunehmend mit digitalen Geräten wie Handys und iPads umgehen. "Die können schnell genutzt werden für Fälle von Ausgrenzung", sagt Yann Fingerhut vom Kinderschutzbund Bremen – und schon nimmt das Cybermobbing seinen Lauf. "Mobbing funktioniert aber nur, wenn es toleriert wird, wenn die Mehrheit nichts dagegen macht." Darin liegt laut Fingerhut auch ein Ausweg. Die Kinder sollen sich an die Stelle des Opfers versetzen und sich solidarisch zeigen. Unmissverständliche Ansagen verstehen sich von selbst. Den Kindern müsse gesagt werden, dass Mitschülerinnen und Mitschüler in Klassen-Chats nicht verunglimpft werden dürften, sagt Stefanie Höfer vom Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentrum West (Rebuz). 

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Wie reagiere ich, wenn mein Kind Versagensängste hat?

Der Sprung vom Kindergarten in die Grundschule ist zweifellos eine einschneidende Zäsur. "Es macht was mit Kindern, wenn sie in die Schule kommen und Druck haben, Leistung bringen zu müssen", sagt Stefanie Höfer vom Rebuz West. Aber woher kommt dieser Druck? Und in der Folge die Angst, in der Schule zu versagen? Oft genug spielen Erwartungen von Elternseite eine Rolle, lautet die Erfahrung von Schulleiterin Cimiotti. "Wenn diese Erwartungen verbal an das Kind herangetragen werden, kriegt man das schnell heraus." Anders bei den non-verbalen Erwartungshaltungen. "Die sind vieler schwerer herauszufinden, man muss es in Elterngesprächen heraushören." In ihren Augen gibt es aber für übertriebenen Erwartungsdruck keinen Grund. Denn: "Jedes Kind hat irgendwo eine Stärke – man muss nur herausfinden wo." 

Was tun, wenn Kinder oder Eltern keinen Rat mehr wissen? 

Für Kinder ist es wichtig, einen verlässlichen Ansprechpartner zu haben. Eine Vertrauensperson, an die sie sich wenden können. In der Regel sind das die Eltern oder andere Erwachsene, etwa Lehrkräfte an den Schulen. "Die sollten ein offenes Ohr haben", sagt Fingerhut vom Kinderschutzbund. Es gehe darum, das positive Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken. An den Schulen selbst könnten – falls vorhanden – Streitschlichter-AGs oder Konfliktlotsen helfen. Aber auch externe Beratungsstellen sind in Reichweite, als Beispiele nennt Fingerhut das Jungenbüro und das Mädchenhaus. Seit Ende vergangenen Jahres bietet auch das Jugend- und Kinderrechtebüro des Kinderschutzbundes seine Hilfe an. "Kinder haben ein Recht auf Schutz vor Gewalt, Ausgrenzung, Privatsphäre und Gleichbehandlung", so Fingerhut. "Die Kinder sollen wissen: Es ist okay, sich Hilfe zu holen, du bist nicht allein."

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