Schwere Vorwürfe gegen die Bremer Wasserbehörde erheben Mitglieder von Naturschutzverbänden in der Region. Wie berichtet hatten sich zwölf Verbände zusammengetan, um sich beim Bund für das Renaturierungsprogramm „Blaues Band“ zu bewerben. Unterstützung bekamen sie dabei zunächst von Bremens Umweltsenatorin Maike Schaefer. Doch nun soll ausgerechnet die Bremische Wasserbehörde das im Koalitionsvertrag der Bremer Landesregierung verankerte Umweltschutz- und Klimaprojekt blockieren. Skandalös finden das unterschiedliche Akteure, die an dem Projekt beteiligt sind.
„Die Blockade der Behörde ist völlig unverständlich“, berichtet unter anderem der Biologe Hans-Gerhard Kulp von der Biologischen Station Osterholz (Bios) auf Nachfrage. Der Gewässer-Ökologe zweifelt inzwischen an der Durchsetzungskraft der Senatorin, wie er sagt. Es sei völlig unverständlich, dass eine Behörde so mächtig sei, dass sie vertragliche Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag aus den Angeln heben könne, kritisiert Kulp.
Wie berichtet wurde das Projekt bereits im vergangenen Jahr von verschiedenen Verbänden angeschoben und vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn Anfang des Jahres in einem ersten Schritt bewilligt. Flusslandschaften in ganz Deutschland sollen sich durch das Projekt „Blaues Band“ bis zum Jahr 2050 zu einem riesigen Biotopverbund zusammenschließen. So der Plan. Auch die Wümme könnte davon profitieren.
Behörde ist ein „Closed Shop“
So deutlich wie der Gewässer-Ökologe Kulp wollen sich Sprecher aus anderen Verbänden nicht äußern, bestätigen jedoch seine Aussagen hinter vorgehaltener Hand. „Unsere Geduld ist langsam begrenzt“, bestätigt Michael Schirmer vom BUND, der gleichzeitig Chef des Deichverbandes am rechten Weserufer ist. „Sollte das Projekt verlorengehen, werden die Leute auf die Barrikaden gehen“, mutmaßt Schirmer. Auch er kritisiert die Behörde scharf. „Es heißt, die Wasserbehörde habe Bedenken aufgrund der Hydraulik. Das sind völlig aus der Luft gegriffene Argumente. Die Gegenseite sagt nicht, was ihr Problem ist.“ Die Naturschutzverbände hätten keinen Anhaltspunkt, wo sie nachliefern könnten. Auch Schirmer kritisiert die Blockade der Behörde: „Das ist ein Closed Shop. Da kommt man nicht ran.“
Auch auf wiederholte Nachfrage der WÜMME-ZEITUNG bei der Bremer Umweltbehörde gibt es kein Statement. „Weiter geht es in der Angelegenheit mit einem Termin bei der Senatorin Anfang Mai“, berichtete Behördensprecher Jens Tittmann Ende April. Mehr könne er dazu nicht sagen. „Die Suche nach der besten Option besprechen wir erst mal intern“, heißt es.
Im Januar sollte der Projektantrag eigentlich bei der Bundesbehörde in die nächste Runde gehen. „Wenn das so weitergeht, haben wir bald ein Jahr verloren“, bemängelt Deichverbandschef Schirmer. Darüber, dass die Wümme ein Sanierungsfall sei und dringend gehandelt werden müsse, sei man sich seit Jahren in vielen Naturschutzverbänden einig. Unterstützung erhielt man dabei zunächst von Bremens Umweltsenatorin Maike Schaefer. „Als ersten Schritt haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, für die Untere Wümme ein Renaturierungsprojekt im Bundesförderprogramm Blaues Band zu ermöglichen“, erklärte die promovierte Biologin bereits vor zwei Jahren auf einer Fachtagung beim Deichverband.
„Wir werden die Wasserrichtlinien konsequent umsetzen und dafür die nötigen Finanzmittel bereitstellen“, versprach Schaefer damals. Dazu gehöre insbesondere die Wiederherstellung vielfältiger Strukturen entlang der Weser und eine Verbesserung der Fischpassierbarkeit des Weserwehres. Auch die Renaturierung der Unterweser samt Seitenräumen und Nebenflüssen mit dem Ziel „einer geringen Fließgeschwindigkeit“ stehe auf der Agenda. „Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf der Unteren Wümme liegen, die wegen der wegbrechenden Ufer zu einem hydrologischen und biologischen Sanierungsfall zu werden droht“, sagte die Senatorin damals. Dem wolle die Bremer Regierung mit dem Renaturierungsprojekt „Blaues Band“ aus Bundesfördermitteln entgegenwirken.
Wie berichtet hatte der Landschaftsplaner Gunnar Oertel von der Stiftung Nord-West Natur mit Unterstützung der Bremischen Umweltsenatorin und dem Deichverband am rechten Weserufer eine erste Skizze beim Bund bereits im vergangenen Jahr eingereicht, um Fördermittel für die Sanierung der Wümme zu generieren. Der Bund ist von dem Vorhaben überzeugt. Nun soll eigentlich längst ein offizieller Projektantrag gestellt werden. Nicht nur die Auenlandschaft und der Biotopverbund an der Unteren Wümme würden profitieren, sondern auch die Menschen vor Ort, heißt es aus dem Bundesamt für Naturschutz in Bonn.
Die Wümme im Biotopverbund
Unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Svenja Schulze ging das Renaturierungsprogramm „Blaues Band“ für Auenlandschaften im vergangenen Jahr an den Start. „Es geht um Feuchtwiesen und -weiden, Röhrichte, Tümpel, Gräben und Stillgewässer, Quappe, Flussneunauge und viele Vogel- und Insektenarten“, erklärt Bernd Neukirchen vom Naturschutzamt in Bonn auf Nachfrage. Für seine Behörde sei eine breite Unterstützung für das Projekt sehr wichtig, denn die Ziele des Bundesprogramms Blaues Band Deutschland ließen sich nur gemeinsam erreichen. „Wir hoffen, dass uns der Antrag bald vorgelegt werden kann, damit wir zügig in die Prüfung einsteigen können“, berichtet Neukirchen weiter.
Wie es in der Sache weitergeht, entscheiden zurzeit unterschiedliche Akteure aus Naturschutzverbänden und bei der Bremischen Wasserbehörde. Sie wollten eigentlich längst gemeinsam einen Plan entwickeln. Wie dieser genau aussehen soll und woran es im Moment seit Monaten hakt, dazu gibt es bislang noch keine Aussagen.
Was die Sanierung der Wümme kosten darf, ist ebenfalls offen. Dem Vernehmen nach handelt es sich aber wohl um ein Projekt in Millionenhöhe. Bis zu 75 Prozent der Kosten könnten dabei vom Bund finanziert werden. Für einen Teil des Förderprogramms wurden im Haushalt des Bundesumweltministeriums allein im vergangenen Jahr 6,8 Millionen Euro bereitgestellt. Für die Jahre 2021 bis 2023 sollen weitere 25 Millionen Euro fließen. Wenn alles klappt, wird auch Bremen davon profitieren.