Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vereine müssen Pausieren Schützen ohne Schützenfest

Manche Schützenvereine hoffen noch, die meisten nicht mehr: Ein Schützenfest nach dem anderen wird wegen der Corona-Krise gestrichen. Die Verbände bekommen fast täglich neue Absagen.
25.04.2020, 08:37 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Schützen ohne Schützenfest
Von Christian Weth

Ingo Vemmer ist seit 44 Jahren Schießsportler, aber so etwas hat er noch nicht erlebt: ein Schützenjahr ohne Schützenfest. Der Mann sagt, dass sie lange im Vorstand diskutiert haben. Und wie so viele andere Vorstände zu dem Schluss gekommen sind: Lieber jetzt absagen statt weiterhin zu hoffen, dass die Corona-Pandemie bald nachlassen wird, um das Fest später feiern zu können. Vielleicht im Spätsommer oder Herbst. Vielleicht im kleineren Rahmen oder ganz ohne Publikum. Vemmer, Chef der Blumenthaler Schützen, kennt keinen Verein, der seinen Mitgliedern noch Hoffnung macht.

Abgesagt, abgesagt, abgesagt... das Wort wiederholt sich oft in der Tabelle, die der Osterholzer Bezirksschützenverband ins Internet gestellt hat. 28 Vereine werden aufgelistet, 26 haben ihr Schützenfest bisher gestrichen. Auch die Blumenthaler Schützen gehören dem Verband an. Sie zählten zu den ersten Vereinen, die das Fest abgesagt haben. Genauso wie die Burger Schießsportler, die einem anderen Schützenbund angehören: dem Bremer. Der hat zwar keine Statistik im Netz, welcher Verein noch hofft und welcher nicht mehr. Dafür aber einen Präsidenten, der alle Absagen im Kopf hat. Horst Heitmann sagt, dass mittlerweile zwölf von 32 Vereinen ihr Schützenfest gestrichen haben. Und dass er davon ausgeht, in den nächsten Wochen weitere Absagen zu bekommen.

Der Blumenthaler Vorstand hat das Aus für sein Fest bereits Mitte März entschieden. Ingo Vemmer sagt, dass es eine kontroverse Debatte war und der Beschluss keineswegs einstimmig. Vier Optionen standen zur Diskussion: Die Planung läuft wie immer, das Programm wird verkleinert, das Fest verschoben, die Veranstaltung sofort gestrichen. Die Funktionäre kamen mehrfach zusammen, ehe sich die Mehrheit dafür aussprach, das Fest abzusagen. Nach Ansicht des Vereinschefs war am Ende das Risiko zu groß – das gesundheitliche wie das finanzielle. Er meint, dass auch bei einer kleineren Feier, wenn sie denn überhaupt genehmigt worden wäre, niemand vor einer Infektion sicher gewesen wäre. Und keiner hätte sagen können, ob der Verein letztlich nicht auf den Kosten für das Fest sitzen bleibt. Vemmer spricht von mehreren Tausend Euro, die ein Schützenfest kostet.

Marianne Garbade kennt solche Summen, von denen Vemmer spricht. Sie ist Schatzmeisterin beim Burger Schützenverein. Dass der früher als andere Vereine das Schützenfest gestrichen hat, kommt ihr zufolge nicht von ungefähr. Burg ist mit seinem Fest früher dran als andere, nicht erst im Juli wie die Blumenthaler Schießsportler, sondern im Mai. Garbade meint, was auch Vemmer findet: Dass es besser ist, gleich ein Fest abzusagen, als immer weiter zu hoffen, die Corona-Krise ginge bald vorbei – und so lange Mitglieder, aber auch Wirte, Musiker und Besucher hinzuhalten. Auch die, sagt sie, müssen schließlich wissen, was Sache ist. Das Königsschießen ohne Publikum auszutragen nach Vorbild der Geisterspiele beim Fußball kommt für die Schatzmeisterin nicht infrage. Ein Fest ohne Geselligkeit ist ihr zufolge kein Fest.

Lesen Sie auch

Gaby von Roden sieht das genauso. Abgesagt hat die Chefin der Vegesacker Schießsportler das Schützenfest trotzdem noch nicht. Dass der Verein damit eine Ausnahme bildet, hat mit der Feier zu tun, die ebenfalls nicht die Regel ist: Das Vegesacker Schützenfest ist ein vereinsinternes Fest. Seit fünf Jahren feiern die Schießsportler ohne Publikum. Die Vorsitzende sagt, dass sie jetzt kann, was andere Vereinschefs nicht so ohne Weiteres können – die Veranstaltung verschieben. Regulär wären die Vegesacker Schützen mit ihrer Feier Mitte Mai an der Reihe. Von Roden hat zwar den Termin für das Fest abgesagt, nicht aber das Fest selbst. Sie schließt nicht aus, dass es im Herbst nachgeholt werden kann, wenn denn die Corona-Auflagen weiter gelockert werden.

Alle Schießwettbewerbe auf Regional-, Landes- und Bundesebene sind zwar für dieses Jahr abgesagt, doch mit dem Training können zumindest die Bogenschützen, die draußen üben, wieder beginnen. Davon gehen jedenfalls von Roden, Garbade und Vemmer aus, nachdem Sportsenatorin Anja Stahmann (Grüne) vor Kurzem erklärt hat, dass Sportanlagen im Freien wieder genutzt werden können. Vorausgesetzt, dass dabei die Abstandsregel eingehalten wird und maximal zwei Vereinsmitglieder zusammen trainieren. Die Vegesacker, Burger und Blumenthaler Schießsportler wollen in der nächsten Woche einen Plan erstellen, welcher Bogenschütze wann auf ihre Vereinsanlagen darf, damit sich alle aus dem Weg gehen können. Zusammen kommen sie auf rund 30 Bogenschützen und etwa 400 Mitglieder.

Wann die Gewehr- und Pistolenschützen, die im Schießstand anlegen, wieder trainieren können, hat Stahmann noch nicht gesagt. Von Roden, Garbade und Vemmer rechnen in Monaten, die es noch dauern wird, ehe es zu Lockerungen für den Hallensport kommt. Und eventuell auch das Versammlungsverbot nach und nach zurückgenommen wird. Vemmer hofft zumindest, seine Schützenuniform, die er im Frühjahr das letzte Mal anhatte, beim Herbstfest noch mal tragen zu können. Und von Roden, dass das Schützenfest vom Mai vielleicht im Oktober nachgeholt werden kann. Für den Fall, dass das nicht klappt, hat sie wie die anderen Vereinsfunktionäre bereits Vorsorge getroffen: Alle haben ihre Majestäten gefragt, ob sie bereit sind, ihre Amtszeit um ein Jahr zu verlängern.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)