Landkreis Osterholz. Die Wählerinnen und Wähler haben am bei der Landratswahl im Landkreis Osterholz alles im ersten Wahlgang klar gemacht. Favorit Bernd Lütjen erreichte auf Anhieb 56,9 Prozent der Stimmen.
Dabei halfen ihm vor allem die Ergebnisses aus der Samtgemeinde Hambergen, wo er mehr als 74 Prozent der Stimmen holte und in der Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck, in der mehr als 61 Prozent der Wähler für ihn stimmten. Sein Mitbewerber Marcus Oberstedt (CDU) verzeichnete Achtungserfolge in Schwanewede und Grasberg, blieb aber kreisweit unter 35 Prozent der Stimmen.
Wir sprachen mit dem neuen Landrat über Wahlkampf, Wahltag und seine Ziele.
Gratulation zum Wahlsieg, Herr Lütjen! Wie fühlen Sie sich jetzt als frisch gebackener Landrat?
Bernd Lütjen: Natürlich bin ich heute Abend einfach nur glücklich. Es fällt schon eine gewisse Last von mir ab.
Die Favoritenbürde?
Das weniger. Ich musste im Wahlkampf ja zweigleisig fahren. Ich fand, das bin ich all denen schuldig, die mich damals mit 84,9 Prozent zum Samtgemeindebürgermeister gewählt haben. Und allein mit dem Gewerbegebiet, dem Umbau der Bahnhöfe und personellen Engpässen im Rathaus hatte ich als Verwaltungschef in den letzten Wochen genug zu tun. Vor diesem Hintergrund ist es ein glücklicher Zufall, dass der Kreiswahlausschuss erst am Donnerstag tagt, um das Wahlergebnis festzustellen. So kann ich im Samtgemeinderat am Abend noch über das Gewerbegebiet mit abstimmen und am Freitag dann förmlich erklären, dass ich die Wahl zum Landrat annehme.
Samtgemeindebürgermeister bis zur letzten Sekunde - Wie groß waren denn Ihre Zweifel am Ausgang der Landratswahl?
Natürlich hatte ich ein gutes Gefühl, zumal ich keinen Anlass zum Zweifel an der Unterstützung von SPD und Grünen hatte. Es hieß ja im Vorfeld, mein Wählerpotenzial reiche auch bis in die CDU-Kreise hinein. Trotzdem habe ich mir doch immer Gedanken gemacht, ob ich genug getan habe. Ich bin zwar keiner, der nun deswegen schlaflose Nächte hat. Aber es war mir ganz wichtig, bei alledem meine Aufgabe als Samtgemeindebürgermeister weiter wahrzunehmen.
Und was empfinden sie angesichts der neuen Aufgabe?
Ich freue mich riesig darauf; die Aufgabe eines Landrats ist sehr anspruchsvoll und nicht mit der eines Samtgemeindebürgermeisters vergleichbar. Sie ist ein weiterer Schritt für mich, und vielleicht ist es auch für die Samtgemeinde ganz gut, wenn nun jemand anders dort die Verantwortung übernimmt. Auch wenn ich glaube, das ich in den vergangenen zwölf Jahren einen ganz guten Job gemacht habe.
Nun, da Sie Ihr Ziel erreicht haben, muss die Genugtuung doch riesig sein, oder nicht?
Erst mal war es eine lange Zeit, in der ich viel investiert habe. Die SPD hatte sich ja früh auf meine Nominierung festgelegt. Von da an muss man die Leute überzeugen und motivieren. Bei der SPD und den Grünen ist das wohl gelungen, aber erst wenn der Wähler das dann auch so nachvollzieht, kann man sich freuen - dass man offenbar nicht alles falsch gemacht hat.
Beschreiben Sie doch bitte mal Ihren ganz persönlichen Wahlabend heute?
Normalerweise bin ich bei Wahlen sonst immer in die Wahllokale gefahren, um den Helfern das Erfrischungsgeld zu bringen; das wäre hätte bei dieser Wahl aber unpassend gewesen, sodass ich diese Aufgabe jemand anderem überlassen habe. So hatte ich heute Nachmittag drei Stunden mehr Zeit und konnte mit meiner Familie und guten Freunden in Ruhe Kaffee trinken. Im Hamberger Rathaus habe ich dann ab 18 Uhr zunächst die Briefwahlergebnisse der Landratswahl abgewartet; immerhin haben wir mehr als zehn Prozent Briefwähler und das gibt dann schon einen Fingerzeig, wobei mein Urnenergebnis zuletzt etwas besser war als das Briefwahlergebnis. Vom Kreishaus aus werde ich nachher zurück nach Hambergen fahren, um dort mit Helfern und Freunden anzustoßen.
Wie sehr hat Sie dieser Wahlkampf geschlaucht? Immerhin waren es rund sechs Monate…
Ich habe versucht, unaufgeregt da ranzugehen und mich nicht unter Druck setzen zu lassen. Zu Hause hatte ich volle Rückendeckung; ich glaube, ich habe den ganzen Sommer nicht einmal den Rasen gemäht. Und die Unterstützung im politischen Umfeld hilft schon auch.
Trotzdem haben Sie augenscheinlich abgenommen, stimmt‘s?
Fünf Kilo sind es, das merke ich auch an den Anzügen. Ich fühle mich aber gesund und fit. Statt nach 22 Uhr auf dem Sofa zu sitzen, habe ich in den letzten Wochen noch meine Internetseite und den Facebook-Auftritt gepflegt. In den vergangenen Tagen habe ich allerdings schon gemerkt: Viel länger sollte es jetzt auch nicht gehen.
Wie sehr hilft da Wahlkampf-Erfahrung?
Jeder Wahlkampf ist anders, aber Erfahrung hilft schon, wenn es darum geht, bei Anzeigen und Plakaten das richtige Maß zu finden; was ist entscheidend, was weniger wichtig. Hausbesuche wie bei meiner ersten Bürgermeisterwahl habe ich jetzt zum Beispiel gar nicht mehr gemacht. Da muss man Schwerpunkte setzen, entscheiden und handeln und sich auch auf neue Situationen einstellen können. Ich glaube übrigens, dass das auch als Landrat nötig ist.
Was bleibt Ihnen, mit Blick auf den Wahlkampf, in Erinnerung?
Das Ergebnis der Nominierungsversammlung am Anfang, ganz klar. Wir hatten ja zum ersten Mal eine Urwahl und keine Delegiertenversammlung. Da kommen dann aus sieben Gemeinden rund 150 Leute zusammen, darunter 128 Stimmberechtigte. An einem Abend, wo im Fernsehen Fußball gezeigt wird. Und alle, wirklich alle, nominieren einen in schriftlicher Abstimmung einstimmig, das ist schon ungewöhnlich und ein tolles Gefühl. Denn man weiß ja doch nie, ob man nicht vielleicht jemandem mal unbeabsichtigt auf den Schlips getreten ist. 100 Prozent - das gibt Rückenwind und hat sich dann auch bei vielen Veranstaltungen und Begegnungen fortgesetzt, als unerwartete Unterstützung.
Gab es auch negative Wahlkampf-Erlebnisse?
Ach, ich möchte da keine schmutzige Wäsche waschen; ein Wahlkämpfer braucht ein dickes Fell.
Als Landrat werden Sie im Kreishaus der Vorgesetzte Ihrer Ehefrau Britta. Ein Thema für Sie?
Wir haben lange und gründlich darüber nachgedacht, ob sie gegebenenfalls dort aufhören sollte, wenn ich Landrat werde. Nach gründlicher Abwägung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass dafür nach mittlerweile 30 Jahren kein Anlass besteht. Sie ist in derKreisverwaltung mit 14 Wochenstunden und nicht in leitender Funktion tätig. Ich glaube und hoffe nicht, dass es für jemanden ein Problem ist.