Die Niedersachsen haben weiterhin deutlich weniger Geld in der Tasche als viele andere Bundesbürger. Das jährlich verfügbare Durchschnittseinkommen je Einwohner lag nach den jetzt vom Landesamt für Statistik (LSN) veröffentlichten Zahlen für 2016 bei 21.045 Euro. Dies sind knapp 400 Euro oder 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Unter den norddeutschen Bundesländern rangiert Niedersachsen dabei in der Mitte hinter Spitzenreiter Hamburg mit 24.421 Euro sowie Schleswig-Holstein mit 22.217 Euro. In Bremen stehen den Menschen durchschnittlich 20.724 Euro zur Verfügung. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern mit 18.299 Euro.
Dennoch stehen den Niedersachsen pro Kopf – vom Säugling bis zum Greis – im Jahr 1549 Euro weniger zur Verfügung als dem Durchschnittseinwohner in den westlichen Bundesländern. Dieser konnte über 22.594 Euro verfügen. Das ergibt sich aus einem Ländervergleich, den das LSN im „Niedersachsen-Monitor 2018“ vorgestellt hat. Zahlen für 2017 stehen erst im kommenden Jahr zur Verfügung.
Zwei wesentliche Ursachen
Das Wirtschaftsministerium in Hannover nannte zwei Ursachen für das vergleichsweise niedrige verfügbare Einkommen. In Niedersachsen gebe es relativ wenig Unternehmen aus Hochlohn-Branchen. Zudem gebe es nur wenige Ballungszentren, wo zumeist höhere Löhne gezahlt würden als in ländlichen Regionen. Zum verfügbaren Einkommen zählen die Einnahmen einschließlich aller Sozialleistungen nach Abzug von direkten Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Im Bundesdurchschnitt hatte nach dieser Berechnung jeder Einwohner 21.919 Euro zur Verfügung.
Als Flächenland habe Niedersachsen mit 167 Einwohnern je Quadratkilometer eine der geringsten Bevölkerungsdichten unter den westdeutschen Bundesländern, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Diese ländliche Prägung sei ein Grund für das niedrige verfügbare Einkommen. „Der Verdienstunterschied zwischen gering und dicht besiedelten Räumen liegt bei 30 Prozent“, sagte sie. Ein weiterer Grund für die durchschnittlichen Löhne sei die Branchenstruktur der Wirtschaft.
„Im deutschlandweiten Vergleich stehen die Finanz- und Versicherungsdienstleister, die Branche Information und Kommunikation und die Industrie ganz oben“, sagte die Ministeriumssprecherin. Land- und Forstwirtschaft sowie die Fischerei zahlten dagegen die niedrigsten Bruttolöhne. Während die Hochlohnbranchen vor allem in städtischen Regionen und in den süddeutschen Bundesländern vertreten seien, sei Niedersachsens Branchenstruktur stark von Land- und Forstwirtschaft geprägt.
Auch die Politik ist in der Pflicht
Dass Bremen schlechter abschneidet als Niedersachsen, erklärt Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftssenators, so: „In Bremen liegt die Arbeitslosenquote höher, was ein wesentlicher Erklärungspunkt ist“, sagt er. In der Erhebung wird nicht berücksichtigt, ob jemand berufstätig ist, oder nicht.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Niedersachsen sieht dagegen das Rekordniveau bei Leih- und Teilzeitarbeit sowie bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen als Grund. „Mit niedrigen Löhnen gewinnt man keine Fachkräfte. Wer in der Champions League mitmischen will, muss seinen Spitzenkräften auch Spitzenbezahlung bieten“, sagte DGB-Bezirkschef Mehrdad Payandeh.
Neben Arbeitgebern sei auch die Politik in der Pflicht, damit gute Tariflöhne bezahlt werden könnten. Unter den westdeutschen Bundesländern folgen hinter Hamburg Bayern (24.026 Euro) und Baden-Württemberg (23.947 Euro). Die Einwohner der ostdeutschen Bundesländer können im Durchschnitt nur 19.147 Euro ausgeben.