Bisher ist Ines Waldeck immer Gassi gegangen, inzwischen geht sie Patrouille: Die Lesumerin versucht Giftköder zu finden, bevor Hunde und andere Tiere sie finden. Oder Kinder. Mehrmals in der Woche ist Waldeck unterwegs, immer auf der sogenannten Homannschen Wiese in der Nähe von Knoops Park. Vor einem Monat hat sie damit angefangen – seit dort ein Hund einen Giftköder verschluckt und sie einen zweiten entdeckt und zur Polizei gebracht hat.
Der erste Vorfall war Ende April, der zweite Anfang Mai. Ines Waldeck sagt, dass der Hund, der den Köder gefressen hat, gerettet werden konnte. Der Halter war sofort zum Tierarzt gefahren. Das Gift ist später im Labor untersucht worden. Es war Rattengift. Genauso wie die rote Masse, die Waldeck wenige Tage später im Gras gefunden und aufs Polizeirevier gebracht hat. Die Lesumerin berichtet noch von anderen Köder-Funden. Zum Beispiel im Park der Stiftung Friedehorst. Zum Beispiel auf dem Grundstück des Schönebecker Schlosses.
Nach Waldecks Worten sind inzwischen viele Hundehalter verunsichert. So sehr, dass sie sich in einer Whatsapp-Gruppe zusammengetan haben, um sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Fast 40 Frauen und Männer gehören ihr an. Die meisten kommen aus dem Ort, andere auch aus anderen Stadtteilen. Waldeck sagt, dass die Homann-Wiese seit Jahrzehnten eine Hundewiese ist – bisher inoffiziell, ab nächsten Monat vielleicht offiziell. Die Freifläche soll Freilauffläche werden. Es wäre die erste im Bremer Norden.
Nur dass viele nicht wissen, was geplant ist. Und nicht jeder Hunde auf der Wiese toleriert, schon gar nicht freilaufende. Jetzt, während der Corona-Krise, ist das Grundstück von der Größe mehrere Fußballfelder nicht bloß Ausflugsziel von Menschen mit Hund, sondern immer öfter auch von Leuten ohne Hund. Und das bringt Probleme mit sich. Waldeck sagt, dass beide Gruppen in den vergangenen Wochen immer wieder gestritten haben. Und dass sich beide nicht immer so verhalten haben, wie sie sich verhalten sollten. Waldeck liebt Hunde, kritisiert aber auch Halter.
Etwa solche, die ihr Tier beim Spazierengehen nicht im Blick haben. Die es einfach laufen lassen, auch wenn ihnen jemand ohne Hund entgegenkommt. Und die den Kot ihres Tieres einfach liegenlassen, statt in einem Beutel mitzunehmen. Sie sagt, dass es mittlerweile jemanden gibt, der seit Wochen jeden Hundehaufen auf der Homannschen Wiese mit einem kleinen Papierfähnchen markiert. Von dem Unbekannten hat sie in der Whatsapp-Gruppe berichtet. Und von den Streitfällen sowie der Möglichkeit, dass jemand absichtlich Giftköder auslegt, der Polizei.
Karl-Heinz Tietjen kennt den Fall mit dem vergifteten Hund ebenso wie den mit den gefundenen Ködern. Er hat die Anzeigen aufgenommen. Dass jemand vor Gift im Park von Friedehorst warnt, hat der Polizist kürzlich bei einen Gang durch Lesum gelesen. Der Hinweis stand auf einem Zettel, der an einem Baum geheftet war. Tietjen sagt, nicht ausschließen zu können, dass tatsächlich jemand Tiere vergiften will – aber auch nicht, dass die Köder auf andere Weise auf die Wiese gelangt sein könnten. Etwa durch Ratten, die das Gift irgendwo gefunden und mitgeschleppt haben.
Köder mit Nägeln und Nadeln
Das hat Tietjen auch Ines Waldeck gesagt, als sie auf der Wache war. Ihm zufolge sind die Fälle von der Homann-Wiese die einzigen in Lesum – und nicht mit denen im benachbarten Ihlpohl zu vergleichen. Dort werden immer wieder Köder gefunden, keine vergifteten, sondern solche, die mit Nägeln, Nadeln und Glassplittern versehen sind. Tietjen sagt, dass das seit Herbst vergangenen Jahres so geht. Für den Beamten ist die Angelegenheit in der Ritterhude Gemeinde deshalb klarer als die in Lesum: Solche präparierten Köder, meint er, kann nur ein Hundehasser auslegen.
Ines Waldeck findet es gut, dass die Polizei sämtliche Fälle kennt. Noch besser würde sie es aber finden, wenn es für Hunde endlich ein Gelände gäbe, auf dem sie ausdrücklich frei laufen könnten und das deshalb für sie sicherer wäre. Die Halterin sagt, dass Entscheider und Ressorts schon oft verkündet haben, dass die Freilauffläche kommt – und dann kam sie doch nicht. In der Burglesumer Verwaltung gibt es dagegen keinen Zweifel daran, dass sie kommen wird. Nach ihrem Zeitplan ist es nur noch eine Frage von Wochen, bis die Homann-Wiese zur Hundewiese wird.
Sabine Tietjen geht davon aus, dass Umwelt- und Innenbehörde ihre Verhandlungen in der letzten Juniwoche abgeschlossen haben werden. Die Stellvertreterin von Ortsamtsleiter Florian Boehlke sagt, dass beide Ressorts mehrere Flächen im Stadtgebiet zu Freilaufflächen machen wollen. Und dass dafür die Rechtsform der Grundstücke verändert werden muss – unter anderem auch ein Passus des Jagdrechts, der für städtische Areale gilt. Laut Tietjen wird sich im Anschluss nur noch die Deputation mit der Sache befassen. Der Beirat hat längst zugestimmt.
Hundehalterin Waldeck hat sich über die Zustimmung der Lesumer Stadtteilpolitiker zur Freilauffläche gefreut. Sorgen machen sich die Mitstreiter aus der Whatsapp-Gruppe ihr zufolge trotzdem. Viele von ihnen, sagt sie, haben sich inzwischen ein spezielles Schutznetz gekauft, das über die Schnauze von Hunden geschnallt werden kann – damit sie beim Gassigehen nicht fressen können, was sie nicht fressen sollen.