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Bremen-Nord Warum Vegesacker Politiker keinen Klimanotstand ausrufen wollen

Der Vegesacker Beirat hat sich mit Mehrheit dagegen ausgesprochen, den Klimanotstand auszurufen. Eine entsprechende Resolution des SPD-Politikers Jannik Michaelsen wurde abgelehnt.
22.10.2019, 18:06 Uhr
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Warum Vegesacker Politiker keinen Klimanotstand ausrufen wollen
Von Christian Weth

Die SPD hat offensichtlich geahnt, dass sie es mit diesem Antrag schwer haben würde: Erst setzt sich Fraktionssprecher Jannik Michaelsen für ihn ein, dann versuchen die Sozialdemokraten rechts und links von ihm, Zweifler zu überzeugen. Eine Viertelstunde werben sie für eine Resolution, die es so in Bremen noch nicht gegeben hat. Doch die meisten Vegesacker Stadtteilpolitiker wollen an diesem Montagabend nicht, was die SPD will: den Klimanotstand ausrufen. Sie stören sich vor allem am zweiten Teil des Wortes – auch die Grünen.

Michaelsen sagt es gleich: Er will mehr machen als andere Städte, die den Notstand verkündet haben. Mehr als bloß anerkennen, dass nicht ausreicht, was bisher unternommen wurde, um die Erwärmung der Erde zu begrenzen. Und mehr als alle Entscheidungen, die der Beirat trifft, fortan überprüfen zu lassen, wie sie sich aufs Klima auswirken. Michaelsen will, dass der Vegesacker Beirat mit dem Blumenthaler und dem Burglesumer einen Klima-Beirat bildet, um mit Umweltverbänden und -organisationen neue Ideen und Ziele zu entwickeln. Und dass das Stadtteilparlament bis Mai nächsten Jahres erste Projekte zum Klimaschutz nennt.

Der SPD-Politiker spricht vom Bremer Norden als Modellregion der Stadt. Von neuester Technik und speziellen Förderprogrammen, die in Vegesack, Blumenthal und Burglesum getestet werden, beziehungsweise den Stadtteilen zugutekommen. Von einer Vorreiterrolle und davon, dass vielleicht weitere Gebiete folgen – und irgendwann eventuell Bremen als Ganzes, weil auch die Landesregierung den Klimanotstand ausruft und dem Umweltschutz oberste Priorität einräumt. Wie es Konstanz seit Mai und damit als erste Stadt in Deutschland macht. Und wie die Landeshauptstadt Hannover, die im Oktober einen Zehn-Punkte-Plan fürs Klima vorlegte.

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Die Resolution der Vegesacker SPD kommt auf neun Spiegelstriche. Michaelsen sagt auch, was er gerne hätte, das nicht im Entwurf steht: dass der Stadtteil der erste ist, der den Klimanotstand in Bremen ausruft. Auch der Blumenthaler Beirat tagt an diesem Abend, auch er hat einen Notstandsantrag auf der Tagesordnung. Die Blumenthaler Sozialdemokraten haben ihn eingebracht. Michaelsen weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie das andere Stadtteilparlament entschieden hat. Er weiß aber inzwischen, dass die Resolution für Vegesack immer fraglicher wird. Während Michaelsen spricht, sagen die ersten Politiker wortlos nein. Sie schütteln den Kopf.

Der Antrag der SPD trifft auf Mandatsträger, die meinen, dass der Klimawandel nicht menschengemacht und die Resolution deshalb blödsinnig und populistisch ist – Günter Kiener, parteilos. Die finden, dass der Vorstoß der Sozialdemokraten Wischiwaschi, weil unkonkret, und damit unannehmbar bleibt – Eyfer Tunc, ebenfalls parteilos. Für den Klimaschutz zwar wichtig, aber ein Klimanotstand reine Panikmache ist – Torsten Bullmahn, CDU. Die sich fragen, wer eigentlich prüfen soll, ob eine Entscheidung des Beirats gut oder schlecht für die Umwelt ist und was daraus folgt – Ulrike Baltrusch-Rampf, ebenfalls CDU. Und die den Begriff Notstand ablehnen.

Die Mehrheit der Stadtteilpolitiker macht das, auch die Fraktion der Grünen. Hans-Stephan Schlenker sagt, dass er sich früher gegen Notstandsgesetze gewehrt hat und den Namen darum für unpassend hält. Den Vorschlag der SPD, sich fürs Klima einzusetzen, findet er im Prinzip in Ordnung. Schlenker und sein Fraktionskollege Michael Alexander stimmen trotzdem nicht für die Resolution. Sie enthalten sich. Wie auch andere. Später, die Sitzung ist fast vorbei, wird ein junger Mann aus dem Publikum aufstehen und erklären, was ihn am meisten enttäuscht hat: dass die Parteien lieber über die Wahl von Wörtern reden als endlich mal zu handeln.

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Am Ende steht es fünf zu sieben – und sind SPD und Linke in der Unterzahl: Eine gemeinsame Resolution wird abgelehnt. Anders als in Blumenthal, wo der Klimanotstand als Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung gekommen ist. Und auch als dringliches Thema anerkannt wird. Nur gleich abstimmen wollen die Beiratsfraktionen an diesem Montagabend nicht. Sie entscheiden, dass erst der Umweltausschuss entscheiden soll, wie mit dem Antrag zu verfahren ist. Nach dem Zeitplan von Peter Nowack werden die Mitglieder in der nächsten Woche zusammenkommen. Nach Angaben des Blumenthaler Ortsamtsleiters ist die Aussprache nicht öffentlich.

Und nur ein Aufschub. Letztlich entscheiden, ob in Blumenthal der Klimanotstand ausgerufen wird und damit die Umwelt oberste Priorität bekommt, muss das Stadtteilparlament. Nowack geht davon aus, dass Anfang nächsten Monats endgültig feststeht, was nun werden soll.

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