Herr Popiesch, seit Jahren schreiben die Pinguins die schöne Geschichte, als kleiner Klub die Großen zu ärgern. Aber stimmt das überhaupt noch? Ist es nicht eher so, dass Bremerhaven durch kontinuierliche Arbeit längst eine richtig gute Mannschaft hat?
Thomas Popiesch: Ich glaube schon, dass es sich inzwischen komplett geändert hat. Vor drei oder vier Jahren ging es los, dass wir die Spieler halten konnten, um die wir eine Mannschaft bauen wollten. Diese Spieler waren oder sind sehr lange bei uns. Mike Moore war eine solche Säule. Jetzt sind es Leute wie Jan Urbas, Ross Mauermann, Alex Friesen oder Dominik Uher. Natürlich verlieren wir auch mal gute Jungs, die wir nicht halten konnten. Aber es ist nicht mehr so wie in den ersten Jahren in der DEL, wo wir totaler Außenseiter waren. Selbst wenn wir Erfolg hatten, haben uns damals viele nicht wahrgenommen. Heute ist das anders. Wir können zwar immer noch nicht mit Ingolstadt oder Köln mithalten, was die Rahmenbedingungen angeht. Aber wenn wir Fehler vermeiden, können wir eine gute Rolle spielen.
Rahmenbedingungen wie die kleinere Eishalle lassen sich nicht verändern. Wo muss man stattdessen ansetzen?
Der Spielereinkauf spielt eine große Rolle. Zu den Rahmenbedingungen gehört für mich aber auch ein guter Athletikraum oder ein starker Mitarbeiterstab. Daran müssen wir ständig weiter arbeiten. Die Qualität muss sich immer weiter verbessern, um auch für die Sponsoren interessant zu bleiben. Daran arbeiten wir, um diesen Eishockey-Standort dauerhaft zu sichern.
Gemeinsam mit Manager Alfred Prey scheinen Sie ein gutes Gespür zu haben, welche Typen in die Truppe passen. Auf was achten Sie da?
Es ist nicht einfach. Manchmal gehört Glück dazu, und ein anderes Mal muss man einen Spieler passend machen, wenn er nicht zu 100 Prozent reinpasst. Unsere Mannschaft, die ganze Gruppe, muss viele Sachen auch untereinander regeln. Deshalb haben wir stets sehr drauf geachtet, die richtigen Leader zu haben, wie Moore oder Urbas – also Profis, die für unsere Werte und den Leistungsgedanken stehen. Wenn jetzt mal neue Spieler kommen, die nicht ganz so konform sind, dann setzt die Mannschaft ihnen eine Grenze. Bei uns gibt es natürlich auch Spaß, aber vor allem wird bei uns immer hart gearbeitet. Ganz ohne Probleme sind aber auch wir nicht immer durch die Personalplanungen gekommen.
War der plötzliche Abgang von Stammtorwart Brandon Maxwell eine Art Belastungsprobe für dieses Teamgebilde?
Da kamen Sachen zusammen, die ich öffentlich nicht kommentieren möchte. Eine Belastungsprobe war es aber nicht, denn die Jungs wissen, wie das Geschäft manchmal ist. Wenn einer weg will, muss man das akzeptieren. Dieser Spieler muss dann aber auch verstehen, wenn die Mannschaft sagt: Dann passt du hier auch nicht mehr rein.
Ihr Name ist oft gefallen, als es zu Jahresbeginn um den neuen Nationaltrainer ging. Wäre das was für Sie gewesen, nicht mehr täglich mit einer Mannschaft zu arbeiten?
Es sind zwei Sachen. Erstens: Ich brauche mich über diese Aufgabe nicht zu äußern, denn ich bin nicht Nationaltrainer, sondern bei den Fischtown Pinguins. Und zweitens muss man deutlich sagen: Wenn man denn für so einen Posten angesprochen würde, und das ist jetzt bewusst viel Konjunktiv, dann ist das Amt des Nationaltrainers in jeder Sportart das Größte in Deutschland. Darauf sollte man dann auch stolz sein.
Wäre der Job denn etwas für Sie?
Ob das was für mich wäre, weiß ich gar nicht, weil ich den Job nicht kenne. Ich bin jetzt zufrieden mit dem, was ich hier in Bremerhaven habe und dass ich tagtäglich mit den Jungs arbeite. Aber wenn ich in ein paar Jahren als Nationaltrainer arbeiten würde, dann brauchen Sie auch nicht zu glauben, dass es nur alle drei Monate mal eine Trainingsmaßnahme geben würde – da gehört viel mehr dazu, an Terminen und Vorbereitung. Da braucht man nur mal unseren jetzigen Bundestrainer Harold Kreis zu fragen. Und bevor Sie jetzt bei mir nachfragen: Selbst wenn ich mit dem Verband gesprochen hätte, würde ich das nicht in der Presse kommentieren. Das gehört sich nicht. Vertrauliche Gespräche heißen aus gutem Grund so, das meine ich ganz allgemein und für alle Lebenslagen.
Ihre drei slowenischen Asse im Sturm sind auch in der neuen Saison wieder dabei: Jan Urbas, Miha Verlic und Ziga Jeglic. Wie wichtig ist diese Achse für die Pinguins – und gibt es die auch mal einzeln oder zu zweit?
Dadurch, dass sie so lange zusammenspielen, ist die Aufgabenverteilung unter ihnen sehr gut. Sie ergänzen sich hervorragend. Wenn sie mal ein Tief haben, ziehen die sich da fast alleine raus. Sie reden auch viel, das ist wichtig. Dass sie immer zusammen stürmen, ist nicht in Stein gemeißelt – aber was gut funktioniert, muss man nicht ändern. Dafür funktioniert diese Reihe zu gut.
Kapitän Urbas äußerte sich in einem Interview mit unserer Zeitung nach der Saison sehr selbstkritisch, weil er den Anspruch an sich hat, in den Play-off-Spielen entscheidender zu sein. Muss man da aufpassen, dass er sich nicht zu viel auflädt?
Ein einzelner Spieler sollte sich nie zu viel aufladen. In den vergangenen Jahren waren wir manchmal in einem Abwärtstrend wegen Verletzungen, und dann ist Jan Urbas immer vorweg gegangen auf dem Eis durch entscheidende Aktionen. Damit hat er die Jungs immer mitgerissen. Vergangene Saison war er lange verletzt, dadurch war die Saison für ihn holprig. Das macht es natürlich schwer, in den Play-offs dann topfit zu sein und der Unterschiedsspieler zu sein. Nur: Dafür haben wir auch noch andere Spieler, wir sind ja ein Team. Urbas macht dennoch in 90 Prozent unserer Spiele den Unterschied und in zehn dann halt nicht. Dann ärgert er sich natürlich, aber alleine wird auch er nicht die Welt retten können. Aber natürlich: Er soll oft den Unterschied ausmachen, das ist das, was wir von ihm erwarten.
Urbas hat als neues Saisonziel genannt, die Hauptrunde für eine bessere Position in den Play-offs zu nutzen. Gehen Sie mit?
Ja, das muss unser Ziel sein. Aber das sehen die Kollegen in Schwenningen, Augsburg oder Berlin bestimmt auch so. Wir müssen also etwas besser machen als die anderen. Das war auch letzte Saison eigentlich unser Ziel, aber dann kamen die großen Verletzungsprobleme. Wenn das Ingolstadt, München oder Düsseldorf passiert, können die noch ein paar Spieler holen. Das fehlt uns natürlich. Deshalb ist es schwer, vor der Saison ein Ziel auszugeben. Wir müssen es anders angehen: Wichtig ist zuallererst, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Dann musst du dir die Pre-Play-offs vornehmen und dann die Top-6. Eins nach dem anderen. Es bringt nichts, gleich zu sagen, ich will da oder da hin. Dann stolpert man schnell. Die Eisbären Berlin haben das vergangene Saison erlebt.
Hat Ihre Analyse einen Grund für die vielen Verletzungen ergeben? Kann man irgendwas verbessern?
Wir schauen mit der medizinischen Abteilung natürlich immer, woran etwas gelegen haben könnte. Aber es waren ja nicht viele Muskelverletzungen. Die meisten Sachen sind leider im Spiel passiert. Und das lässt sich im Eishockey nicht vermeiden.