Es waren unfassbare Szenen, die sich am Wochenende bei einem Kreisligaspiel abgespielt haben: Die Partie zwischen SFL Bremerhaven III und FC Sparta Bremerhaven II musste nach 31 Minuten abgebrochen werden, weil der Schiedsrichter nach einem Platzverweis gegen einen Spieler von Sparta bedroht und getreten wurde. Diese Bedrohungen zogen drei weitere Platzverweise gegen Spieler von Sparta nach sich, am Ende musste die Polizei vom gastgebenden SFL gerufen werden, um den Schiedsrichter zu schützen. Denn auch eine Bedrohung durch ein Messer soll es gegeben haben sowie Morddrohungen.
Der Bremer Fußballverband (BFV) reagiert „schockiert über den Vorfall“ und spricht von „unfassbaren Dimensionen“. Unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die vier namentlich bekannten Spieler der zweiten Mannschaft von Sparta will der Fußballverband mit aller Härte vorgehen. Der zuständige Ausschuss in Bremerhaven wird einen entsprechenden Strafantrag beim Kreissportgericht stellen. Für Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter sieht die Strafordnung eine Sperre von mindestens drei Monaten und maximal zwei Jahren vor. In besonders schweren Fällen ist eine Sperre von bis zu zehn Jahren möglich. Der Vorsitzende des Fußballkreises Bremerhaven, Axel Zielinski, macht deutlich: „Wir dulden auf unseren Sportplätzen keinerlei Gewalt oder Bedrohung. Personen, die nicht bereit sind, unsere Regeln und Werte für ein sportliches Miteinander anzuerkennen, haben im Fußballsport nichts verloren.“ Man werde die Maximalstrafe beantragen.
Der Schiedsrichter selbst wird vom Fußballverband betreut und rechtlich beraten. Es ist Kevin Lehmann, der erst vor einigen Jahren als „Nachwuchsschiedsrichter des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Er spielt als Torhüter in der Bezirksliga, beim TSV Wulsdorf. „Es geht mir so weit wieder gut“, sagte Lehmann am Donnerstag dem WESER-KURIER. Durch einen Tritt wurde er am Schambein verletzt, „trotzdem will ich am nächsten Wochenende unbedingt im Tor stehen, wir haben da ein wichtiges Spiel.“ Als die Polizei eintraf, sagt Lehmann, seien die vier Täter geflüchtet. Er habe noch in der Kabine einen Sonderbericht angefertigt und sei von der Polizei zu seinem Auto begleitet worden.
In der zweiten Mannschaft des FC Sparta herrscht Fassungslosigkeit über das Vorgehen der Beschuldigten, betont der Vereinsvorsitzende Michael Söhlke am Telefon. „Unser Verein steht für Respekt und gelebte Integration“, betont er, „jetzt wird der Ruf unseres Klubs von ein paar Vollidioten beschmutzt. Wir werden gegen die Haupttäter mit aller Härte vorgehen und sie aus dem Verein ausschließen.“ Am Donnerstagabend wollten die vier Beschuldigten, der ebenfalls geschockte Trainer und der Vorstand zusammenkommen. Zwei der Beschuldigten sollen sofort ausgeschlossen werden, bei den beiden anderen ist es so, „dass sie schwören, den Schiedsrichter nicht mit dem Messertod bedroht zu haben“, sagt Söhlke. Man werde weitere Gespräche abwarten.
Die Sache mit dem Messer ist noch nicht geklärt, jemand aus dem Umfeld der Sparta-Mannschaft soll mit einem Messer auf dem Platz gewesen sein. Darüber gehen die Meinungen aber auseinander. Söhlke betont: „Unabhängig davon ist es unstrittig, dass der Schiedsrichter bedroht und getreten wurde. Das geht gar nicht. Dafür können wir uns nur entschuldigen.“
Besonders ärgert ihn, dass alle vier Beschuldigten einen Migrationshintergrund haben. Gerade der FC Sparta steht für einen bunten Mix der Kulturen, engagierte sich in der Flüchtlingskrise und bringt Menschen aus vielen Ländern zusammen, als Verein aus der Mitte von Bremerhaven. Söhlke ist sauer, „dass dieses Engagement aus den eigenen Reihen beschädigt wurde“. Man werde aber auch selbst Anzeige stellen müssen, sagt Söhlke, weil der Sonderbericht des Schiedsrichters mit den Klarnamen der Beschuldigten abfotografiert und im Netz veröffentlicht wurde. „Auch das“, erklärt Söhlke, „darf nicht passieren.“