Es ist an sich schon eine interessante Meldung: Der FC Oberneuland, gerade erst in die Regionalliga Nord aufgestiegen, hat nun einen Fan-Shop. Das Angebot ist zwar überschaubar. Aber die Grundausstattung gibt es, also Trikots, Schals und Mützen, auch ein FCO-Bier, einen Wein im Oberneuland-Design oder Bonbons. Auf rund 20 Quadratmetern reiht sich der FCO also ein in die Vereine, die ein aktives Merchandising betreiben. Das gehört ja irgendwie dazu in diesen Tagen und kann eigentlich auch nicht ernsthaft überraschen. Ein bisschen unerwartet kommt dagegen der Standort des Fan-Shops: Er befindet sich in der Straße Vor dem Steintor, also mittendrin im Viertel. Das hat sich angesichts einer fortschreitenden Gentrifizierung zwar verändert in den vergangenen Jahren. Aber so richtig wollen das Viertel und Oberneuland auch heute nicht zusammenpassen.
„Wir wollten dahin gehen, wo Fußball gelebt wird“, sagt Matthias Stelljes, Präsidiumsmitglied des FCO. Er hat den Shop von Anfang an begleitet und wird ihn am 17. Oktober auch wieder schließen – allerdings nur vorerst. Der kleine Laden, geöffnet von Donnerstag bis Sonnabend, ist nämlich ein Popup-Store, also nur zur vorübergehenden Nutzung vorgesehen. Nach dem FCO ziehen andere Händler in die Räumlichkeiten, es geht dann auch ums Weihnachtsgeschäft. „Wir kommen aber im Januar, Februar wieder, wenn die heiße Phase in der Regionalliga beginnt“, sagt Stelljes. Zu Beginn des nächsten Jahres werden sie beim FCO wissen, ob sie erwartungsgemäß in die Abstiegsrunde einziehen oder vielleicht doch zur Aufstiegsrunde zählen. Das wird spannend.
Allerdings hat man seit Beginn dieser Spielzeit nie das Gefühl, dass sich die Liga gerade mal nicht in einer „heißen Phase“ befindet. Das macht auch die Gesprächsrunde im kleinen Shop deutlich: Zu Gast sind die Sportlichen Leiter des FCO und von Atlas Delmenhorst, Günter Hermann und Bastian Fuhrken. Es geht um das Derby zwischen den Klubs an diesem Sonntag um 15 Uhr. Ein heißes Spiel wird das auf jeden Fall. Schließlich findet in Oberneuland nicht nur ein Duell unter Nachbarn statt. Es geht um wichtige Punkte. Vor allem für den Gast aus Delmenhorst. Der Mitaufsteiger hat den ein oder anderen guten Auftritt absolviert in seinen bislang sechs Partien. Auf einen dreifachen Punktgewinn wartet er angesichts seiner zwei Zähler aber nach wie vor.
Ein längst verdienter Sieg
„Wir laufen einem Sieg hinterher, den wir längst verdient hätten“, findet Bastian Fuhrken. Er attestiert seinem Klub einen „guten Kader“ und sieht Atlas „auf dem richtigen Weg“. Trotz des letzten Tabellenplatzes in der Staffel Süd arbeitet man in Delmenhorst konzentriert weiter – und in Ruhe. Die Gerüchte, der Verein würde bereits über die Ablösung von Trainer Key Riebau nachdenken, weist Fuhrken denn auch deutlich zurück: „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“
Aber klar ist auch: Atlas befindet sich unter Zugzwang. „Der Druck ist da“, so Fuhrken. Beim FCO geht es mit sechs Punkten auf dem Konto vergleichsweise entspannt zu. Aber beim Gastgeber weiß man auch, dass es noch genug zu tun gibt. „Du musst die Probleme abstellen“, sagt Günter Hermann zu den Aufgaben eines Aufsteigers. Im Fall des FC Oberneuland wären dies die Verteidigung gegnerischer Standards und der effektive Umgang mit eigenen Chancen. „Aber wir haben gar nicht die Zeit“, betont der Sportliche Leiter des FCO angesichts der zahlreichen Punktspiele dieser Tage. Learning bei Doing, so lautet also das Prinzip. Es lässt sich damit ganz gut vergleichen mit der Eröffnung des Fan-Shops. Er dient ja auch dem Zweck, erste Erfahrungen mit dem Verkauf von Vereinsartikeln zu sammeln und zu lernen.
In dieser Hinsicht ist Atlas Delmenhorst schon viel weiter. „Wir haben seit dem Bezirksliga-Aufstieg einen Fan-Shop“, sagt Bastian Fuhrken. Rund sechs Jahre ist das her, seitdem verkauft der Verein seine Artikel. Und zwar zentral gelegen, integriert in das Sportgeschäft eines Sponsors. „Direkt neben uns kommt die Nationalmannschaft, dann Werder, Bayern und Dortmund“, beschreibt Fuhrken die erlesene Nachbarschaft der Atlas-Produkte. Sie umfassen auch längst nicht nur die üblichen Gegenstände, sondern auch trendige Streetwear – dann aber nicht in den Vereinsfarben Gelb und Blau. „Wir haben eine größere Auswahl, aber wir haben auch die Fan-Base“, sagt Bastian Fuhrken.
Das ist schon ein Unterschied: Während Atlas als klare Nummer eins in Delmenhorst gilt und unter normalen Umständen weit über 1000 Zuschauer begrüßt im Stadion am Düsternort, ist in Oberneuland viel Luft nach oben. Dass die Bremer in all den Jahren keinen festen Anhängerstamm bilden konnten, ist nicht nur der Grund für das überschaubare und zeitlich begrenzte Angebot. Es sorgte überhaupt erst für die Motivation des Shops. „Wir wollen den FCO sichtbar machen“, sagt Matthias Stelljes. Das ist offenbar gelungen. Zwar blieben die Einnahmen bislang im dreistelligen Bereich. „Aber die Leute gucken und stellen uns Fragen“, so Stelljes, „wir sind bremischer geworden.“
Die Geschäftsidee
Atlas macht es vor, viele andere Vereine auch: Das Ziel eines überregionalen Vereins ist ein stationärer Fan-Shop, der ganzjährig geöffnet ist. „Wir sind da komplett offen“, sagt Matthias Stelljes – und lacht. Natürlich ist dem Vorstandsmitglied bewusst, dass es ein weiter Weg ist vom Popup-Store zum richtigen Geschäft. Er wird auch davon abhängig sein, ob es dem Team gelingt, sich in der Regionalliga zu etablieren und dabei ganz nebenbei auch mehr Fans zu gewinnen.
Aber erste Ideen gibt es bereits. So kann man sich gut vorstellen, einen Laden zu betreiben, der neben den FCO-Artikeln auch Produkte der vielen Sponsoren des Vereins anbietet. Mittlerweile zählen schließlich rund 70 große und kleine Unternehmen zum Pool der Unterstützer. Da könnte eine Win-Win-Situation entstehen.