Es fühlte sich seltsam an, so unwirklich, als Golf-Profi Hinrich Arkenau an diesem Abend nach Hause fuhr. Die Gedanken rasten – und in ihm machte sich eine riesige Enttäuschung breit. 18 Turniere hatte der Bremer auf der Pro-Golf-Tour in diesem Jahr zuvor bereits bestritten. 18 Turniere, bei denen er für sein großes Ziel, den Sprung auf die nächst höhere Challenge Tour, gekämpft und durchaus aussichtsreich im Rennen gelegen hatte. Arkenau ist nach Ägypten geflogen, nach Marokko. Er war in Polen, in Österreich und in Deutschland unterwegs. Und dann kam Turnier Nummer 19.
Dieses letzte Turnier der Serie fand in Adendorf bei Lüneburg statt. Arkenau war als Fünfter der Rangliste angereist und lag damit auf einem der Aufstiegsplätze. Im Castanea Resort in Adendorf ermittelten die besten 72 der insgesamt 217 Pro-Tour-Golfer zum Saisonabschluss ihren Champion – und die fünf Golfer, die 2019 auf der Challenge Tour starten werden. Nach drei Runden an drei Tagen auf dem Par-72-Kurs stand fest: Arkenau ist nicht dabei.
"Das ist ganz bitter für mich"
Der Traum vom Aufstieg, er ist für den Bremer nach Runden von 71, 70 und abschließend 79 Schlägen (gesamt +4) im letzten Moment zerplatzt. Der Deutsche Jonas Kölbing, mit zehn Schlägen unter Par am Ende Turniersieger, und der Schweizer Benjamin Rusch (Zweiter mit -8) zogen im Gesamtklassement noch an Arkenau vorbei; für den Topspieler vom Club zur Vahr blieb am Ende nur der siebte Platz, der erfahrungsgemäß auch keine Nachrückerchance mehr bietet.
„Das ist ganz bitter für mich, ein fieser Rückschlag“, sagt Arkenau. 28 ist der gebürtige Lohner inzwischen. Seit vier Jahren mischt er nun bereits auf der Pro-Tour mit. War es zunächst nur ein Ausprobieren, ein Austesten, was eventuell möglich ist, so ist Arkenau inzwischen auch dank der Unterstützung mehrerer Sponsoren ganz professionell und vor allem auch ambitioniert unterwegs.
Und er hat in diesem vierten Jahr als Profi seine bisher beste Saison überhaupt gespielt. Er gewann die McNeill Open in Walldürn-Neusaß (Baden-Württemberg), wurde eine Woche später Dritter bei den Polish Open in Breslau. Ende Juni war das. Zu dem Zeitpunkt lag Arkenau im Ranking, der sogenannten Order of Merit, sogar auf Platz zwei. In der Saisonbilanz stehen zudem noch ein dritter Platz bei einem Turnier in Marokko sowie weitere vier Top-Ten-Platzierungen zu Buche.
Weil das Jahr 2018 – abgesehen vom Ausgang des finalen Turniers – also insgesamt doch recht erfolgreich verlief, lässt sich Hinrich Arkenau diese Saison nun auch nicht schlechtreden. Ja, er sei kurz vor knapp gescheitert, sagt Arkenau. Aber er sagt auch: „Bei aller Enttäuschung darüber zolle ich meinen Kontrahenten Respekt und ziehe den Hut. Jeder spielt seinen eigenen Ball. Und sie haben in dieser Situation ihre beste Saisonleistung gebracht.“ Eben dies war Arkenau nicht gelungen, wobei die schwache 79er-Runde zum Abschluss keinen Einfluss mehr auf die Endplatzierung hatte.
Das Turnier in Adendorf liegt nun ein paar Tage zurück – und Hinrich Arkenau hat seine Enttäuschung inzwischen überwunden. Golf-Profi ist und bleibt sein Traumberuf. Ein Beruf, der neben den Reisen in ferne Länder auch immer mal wieder ganz besondere Momente bereithält. So wie im Juli vergangenen Jahres, als Arkenau bei den Sparkasse Open in Bochum auf einer Par-72-Anlage eine 59er-Runde gespielt hat. Ein Resultat, das bei einem offiziellen Turnier weltweit (!) zuvor nur 13 Profis geschafft haben. Und auch ein Hole-in-one, also das Einlochen auf einer Bahn mit nur einem Schlag, wie es ihm erst im September dieses Jahres in Berlin bei einem Einladungsschaukampf seiner Ausrüsterfirma wieder gelungen ist, „ist immer etwas Besonderes“, sagt Arkenau.
Noch eine kleine Chance
Dreimal hat er in seiner Laufbahn bereits den Ball vom Abschlag direkt versenkt. Toll sei das, sagt der 28-Jährige, „aber letztlich zählt nicht dieses eine Loch, wichtig ist immer die ganze Saison“. Arkenau bleibt also fokussiert. Er vertraut darauf, dass ihm seine Sponsoren die Treue halten, damit er sich weiterhin voll auf seinen Sport konzentrieren kann. „Ich höre erst auf, wenn ich mein Spiel nicht mehr verbessern kann“, sagt der studierte Wirtschaftsingenieur. „Noch sehe ich Steigerungspotenzial, ich bin noch nicht am Ende der Entwicklung.“
Eine Entwicklung, die ihn zumindest noch mal auf die Challenge Tour hieven soll. Vielleicht gelingt ihm das sogar noch in diesem Jahr, denn eine Chance hat Hinrich Arkenau noch. Eine kleine zwar nur, aber immerhin. Im Rahmen der European Qualifying School sind nämlich noch Tour-Karten für die nächst höhere Ebene zu vergeben. Anfang November werden in Spanien an vier Orten parallel Turniere über je vier Runden ausgetragen. Die 20 besten der jeweils rund 100 Teilnehmer schaffen den Sprung ins Finale, das vom 10. bis zum 15. November sogar über sechs Runden geht. Und wer dort den Cut nach vier Durchgängen übersteht, der startet 2019 sicher auf der Challenge Tour. „Ich habe es selbst noch mal in der Hand“, sagt Arkenau. „Es geht weiter.“
Das Toursystem im Profigolfen
Der Profibereich im Golfsport gliedert sich in drei Leistungsebenen, gut zu vergleichen mit dem Ligabetrieb im Profifußball. Einsteiger beginnen auf der sogenannten Satellite Tour, das ist das dritthöchste Level und beinhaltet vier Untergruppierungen, zu der auch die Pro-Golf-Tour gehört und etwa 20 Turniere im Jahr beinhaltet. Gespielt wird in Europa, aber auch in Nordafrika.
Die ersten fünf der Jahreswertung qualifizieren sich für die Challenge Tour, die die zweithöchste Ebene im Golf darstellt. Die 15 Jahresbesten der Challenge Tour wiederum erhalten für das folgende Jahr die Startberechtigung für die PGA European Tour, weitere 35 Aktive bekommen eine eingeschränkte Teilnahmeberechtigung. Gewinnt ein Spieler in einer Saison drei Satellite- oder Challenge-Turniere, darf er sofort in der nächst höheren Tour einsteigen. Anders als bei der großen Tour gehen die Satellite-Turniere der Pro-Tour jeweils über drei statt vier Tage. Nach zwei Spieltagen erfolgt der Cut, die besten 40 Akteure spielen dann am Finaltag den jeweiligen Sieger aus.