Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Haferkamp beklagt Bürokratie Bäckerinnungsverband: Wenig Interesse an Mehrwegverpackungen

Steigende Energiekosten und immer mehr Bürokratie machen den Bäckereien das geschäftliche Überleben schwer.
15.05.2023, 08:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bäckerinnungsverband: Wenig Interesse an Mehrwegverpackungen
Von Gerwin Möller

Sollte es Strompreisabsenkungen für energieintensive Industrie- und Gewerbebetriebe geben, geht Bäckermeister Wilhelm Haferkamp davon aus, dass dabei auch an sein Handwerk gedacht wird. "Darüber habe ich schon mit Christian Dürr gesprochen", sagt der Obermeister der Bäcker- und Fleischer-Innung Delmenhorst/Oldenburg-Land. Dürr ist Abgeordneter aus Ganderkesee und Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, damit auch nah dran an den Entscheidungen der Ampelkoalition. Haferkamp pocht auf den Gleichheitsgrundsatz, der gewahrt werden müsse.

"Gerade für kleinere Betriebe sind die aktuellen Herausforderungen sehr hoch", erklärt Dietmar Baalk vom Landesinnungsverband des Bäckerhandwerks. „Der Dreiklang aus steigenden Energie-, Rohstoff und Personalkosten hat uns zu Preiserhöhungen von durchschnittlich zehn Prozent gezwungen." Die Preise für die Produktionsfaktoren Energie und Rohstoffe müssten wieder runter, "nur dann können wir den Kunden weiter handwerkliche Qualität zum vernünftigen Preis anbieten". Auf Landesebene sei die Zahl der produzierenden Bäckereien im vergangenen Jahr von 862 auf 821 zurückgegangen. Die Zahl allein ist nicht ganz eindeutig, es hat im gleichen Zeitraum auch 25 Neugründungen gegeben. "Zum Glück sind die Umsätze bei den verbliebenen Betrieben gestiegen", Haferkamp dankt den Kunden dafür, dass sie die Preiserhöhungen der Bäcker akzeptiert haben. "Es hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass wir gemäß unserer eigenen Kostensteigerungen sinnvoll kalkulieren."

Bäcker kritisieren Bürokratieaufwand

Verärgert sind die Bäcker über den den stetig steigenden Bürokratieaufwand. "Von uns werden immer mehr Deklarationen verlangt. Auf unsere Baugenehmigung zur Betriebserweiterung mussten wir zweieinhalb Jahre warten", beschreibt Haferkamp die Misere. Als weiteres Beispiel nennt er die Pflicht seit 1. Januar, Mehrweggeschirr anzubieten. Dass Kunden mit ihrem eigenen Becher ins Geschäft kommen, und dort die Tasse gewaschen und aufgefüllt wird, ist ihm ein Gräuel. "Wir haben in Deutschland hohe Hygienestandards, auf die wir stolz sein können." Und: Kein Kunde wolle 20 Minuten warten, bis ein Geschirrwaschgang durchgelaufen sei. In seinen Geschäften hätten seit Jahresbeginn erst drei Kunden nach einer Mehrwegverpackung für den Kaffee gefragt.

Auch der Bäckerinnungsverband komme bei der Verbraucherakzeptanz zu ähnlichen Ergebnissen. Man habe unter seinen Mitgliedern bei Kundenbefragungen eine Nachfrage nach Mehrwegbechern von höchstens zwei Prozent ermittelt. Mancher Betrieb habe dafür schon bis zu 200 Becher angeschafft – die werden jetzt gar nicht benötigt. "Auch wir haben für unseren Betrieb Mehrwegbecher bestellt, die sind auch schon im Voraus bezahlt worden, nur auf die Lieferung warten wir noch immer." Haferkamp will das Mehrwegsystem in seinem Betrieb als Wechselsystem so gestalten, dass gegen Pfand ein Becher mitgenommen werden kann.

Politik hätte Einweg verbieten können

In seinen Augen habe die Politik die Auseinandersetzung mit den Verbrauchern gescheut und das Problem auf die Wirtschaft abgewälzt. "Die Politik hätte Einweggeschirr konsequent verbieten müssen, dann gäbe es auch die Nachfrage für Mehrwegsysteme."

Dem Mehrwegsystem der Bäko-Einkaufsgenossenschaft hat sich die Landbäckerei Tönjes aus Ganderkesee angeschlossen. "Wir benötigen für den Kaffee-to-Go Behälter in den Größen 0,2, 0,3 und 0,4 Liter, hätten wir dafür eine Sonderanfertigung mit Firmenlogo bestellt, wäre das ein Riesen-Invest gewesen", sagt Sabine Tönjes. Auch sie beklagt eine geringe Nachfrage nach den Mehrwegbechern, von Januar bis April habe sie zählen lassen und kommt auf eine Nachfragequote von weniger als einem Prozent.  Wer nun in den Tönjes-Filialen den Kaffee zum Mitnehmen im Mehrwegbecher verlangt, bekommt diesen gegen einen Pfand von 0,50 Euro ausgehändigt. Bei Rückgabe gibt es Geld zurück oder einen neuen Becher. Sabine Tönjes möchte mit keinem Kunden darüber diskutieren, ob und wie der mitgebrachte Becher ausgespült worden ist.

Zur Sache

Verpackungsgesetz

Seit diesem Januar müssen alle Getränke und Speisen in Einwegplastik auch im Mehrwegbehälter angeboten werden. Diese dürfen nicht teurer sein, ein Pfand darf aber erhoben werden. Nach dem Verpackungsgesetz sollen so Abfälle vermieden werden, Rohstoffe können gespart und die Umwelt geschont werden.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)