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Nach dem Flüchtlingsgipfel Kommunen drängen auf Entlastung

Für Aufnahme, Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten wendet die Stadt mehr Geld auf, als Land und Bund erstatten. Mit den kommunalen Spitzenverbänden fordert man eine belastungsorientierte Abrechnung.
16.02.2023, 18:00 Uhr
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Von Gerwin Möller Kerstin Bendix-Karsten

Als eine "humanitäre Kraftanstrengung" bezeichnete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beim sogenannten Flüchtlingsgipfel an diesem Donnerstag die Herausforderung für Bund, Ländern und Kommunen, die Aufnahme, Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten zu stemmen. Für die kommunalen Spitzenverbände nannte Eckart Würzner, Erster Stellvertreter des Städtetagspräsidenten, in einer Presseerklärung, dass viele Kommunen am Limit sind. Man benötige "dringend mehr Unterstützung für die Aufnahme von Geflüchteten". Auch die Integrationskosten, zum Beispiel für Kita und Schule, seien bisher mit keinem Cent eingepreist. Aus dem Delmenhorster Rathaus bekam Würzner Unterstützung, gemeinsam setze man sich für eine "belastungsorientierte Abrechnung der geleisteten Ausgaben für die Unterbringung von Geflüchteten ein", so Ute Winsemann aus der Stadtverwaltung.

Die Stadt Delmenhorst kann aktuell eine sogenannte Kostenabgeltung geltend machen. Das regelt das Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Hinzu kämen Sonderzahlungen nach diesem Gesetz, speziell für die entstandenen Belastungen durch die Flüchtlingskrise wegen des Ukraine-Krieges, so die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung auf Nachfrage unserer Redaktion. Neben den „regulären“ Zahlungen wurden circa 956.000 Euro als Sonderzahlungen seitens des Bundes beziehungsweise des Landes gezahlt. "Insgesamt ist festzustellen, dass die bisherigen Zahlungen an die Stadt Delmenhorst nicht ausreichen, um alle getätigten Ausgaben zu decken", so Winsemann in Abstimmung mit dem zuständigen Fachbereich Jugend, Soziales und Gesundheit.

Drei Millionen Euro in 2022 für Flüchtlingsunterbringung

Die Aufnahme, Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten stelle eine sehr komplexe Aufgabenstellung dar. Beispielhaft für Delmenhorst nennt Winsemann etwa die Herrichtung der Gemeinschaftsunterkunft in der Sporthalle Stubbenweg. Bereits die Umrüstung dieser Sporthalle zu einer Gemeinschaftsunterkunft habe entsprechende Kosten verursacht. "Zum Beispiel mussten 150 Doppelstockbetten und dazu dementsprechend Matratzen und Bettwäsche gekauft werden." Da nicht ausreichend Toiletten vorhanden waren, musste ein Toilettencontainer angemietet werden. Ebenfalls ist das Gelände eingezäunt worden und es war Miete für die Zaunelemente zu zahlen. "Da es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, sind gesetzliche Vorgaben des Gesundheitsschutzes für die Bewohner einzuhalten", so die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung. Dies bedeute, dass vor der Aufnahme von Geflüchteten eine Gesundheitsuntersuchung durch einen Amtsarzt des Gesundheitsamtes vorzunehmen war. "Auch dabei entstehen Kosten." Die soziale Betreuung, einschließlich einer Nachtwache, wird von der Arbeiterwohlfahrt Delmenhorst im Rahmen eines Betreibervertrages sichergestellt. Da diese Aufgaben an sieben Tagen die Woche für 24 Stunden zu erledigen sind, ist der notwendige Personalstamm vorzuhalten. Die Beschreibung der Aufgaben könne so oder in leichter Abwandlung auf die weiteren Gemeinschaftsunterkünfte Breslauer Straße und Stadionheim übertragen werden. Für das Haushaltsjahr 2022 waren insgesamt rund drei Millionen Euro veranschlagt. Die genaue Größenordnung steht derzeit noch nicht abschließend fest. Für das vergangene Jahr werden in den kommenden Wochen auf Anforderung des Landes sehr umfangreiche Abrechnungen für die Unterbringung der Geflüchteten erstellt. Welche Erstattungen tatsächlich noch zu erwarten sind, sei derzeit noch offen. 

Kosten von weiteren 7,7 Millionen Euro erwartet

Für das Haushaltsjahr 2023 sind nach Angaben von Winsemann circa 7,7 Millionen Euro für die Unterbringung von Geflüchteten veranschlagt. Es ist geplant, die Gemeinschaftsunterkünfte im ehemaligen Krankenhaus Josef-Stift und am Reinersweg in Betrieb zu nehmen. "Die Herrichtungs- beziehungsweise Umbauarbeiten sind im Gange." Die Gemeinschaftsunterkunft Reinersweg, betrieben durch das Deutsche Rote Kreuz, soll in Kürze ihren Betrieb aufnehmen. "Perspektivisch sollte dann aber eine Freigabe der Gemeinschaftsunterkunft Turnhalle am Stubbenweg und des Stadionheims möglich sein", so Winsemann.

Zur Sache

Weiteres Zuzugsgeschehen

Insgesamt hätten sich bis zum 6. Februar 1111 Ukrainer, die eine private Unterkunft haben, bei der Stadt Delmenhorst angemeldet. Hinzu kamen weitere geflüchtete Personen in den städtischen Notunterkünften: 69 dezentral untergebrachte Asylbewerber aus anderen Staaten als der Ukraine, 161 dezentral untergebrachte Flüchtlinge aus der Ukraine, sowie 99 zentral in den Gemeinschaftsunterkünften der Stadt Delmenhorst untergebrachte Asylbewerber, davon eine Betroffene aus der Ukraine. Wie viele weitere Flüchtlinge zu erwarten sind, ließe sich weder in Bezug auf die Zeiträume noch auf die Personenanzahl seriös beziffern. Im Rathaus geht man davon aus, "dass es auch im weiteren Verlauf des Jahres 2023 ein stetiges Zuzugsgeschehen nach Niedersachsen und in die Kommunen gegeben sein wird".

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