Auf die Zuweisung von 1000 weiteren Geflüchteten für Delmenhorst stellt man sich im Rathaus ein. Oberbürgermeisterin Petra Gerlach bezog sich bei einem Pressegespräch am Freitagvormittag auf einen entsprechenden Erlass aus Hannover. Die Ankunft der Geflüchteten verteile sich über einen Zeitraum bis zum kommenden März. "Wir müssen darauf reagieren und Unterbringungsmöglichkeiten herrichten", so die Rathauschefin. Die Stadtverwaltung hat bereits Donnerstagabend den Verwaltungsausschuss beteiligt und lässt über ein Maßnahmenpaket in der öffentlichen Ratssitzung am kommenden Dienstag abstimmen.
Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine sind in Delmenhorst schon rund 1100 Geflüchtete aufgenommen worden. Ab März hatte die Stadt zur Erstaufnahme zwei Sporthallen ausgesucht – genutzt wurden lediglich die Kapazitäten in der Turnhalle am Stubbenweg, auf die Nutzung der zweiten Halle an der Holbeinstraße konnte verzichtet werden. Die Erstaufnahme in Delmenhorst erfüllte, wie ein Drehkreuz, die Funktion als Übergangswohnstätte. Eine zweite Sammelunterkunft wurde an der Breslauer Straße geschaffen. In relativ kurzen Zeiträumen konnte den Flüchtlingen jeweils der Umzug in kommunale oder privat angebotene Wohnungen ermöglicht werden.
Pro Woche rund 40 Neuankömmlinge
Jetzt erwartet das Rathaus wöchentlich rund 40 Neuankömmlinge. Anders als in der Anfangsphase gibt es Vorabinformationen, damit man sich bei der Stadt auf die Menschen und ihre jeweils besonderen Belange besser vorbereiten kann. So weiß man bereits jetzt, dass es sich bei den nun zugewiesenen Flüchtlingen jeweils zu zwei Dritteln um vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten und zu einem Drittel um Flüchtlinge aus anderen Teilen der Welt handelt.
Gerlach betonte, dass man im Rathaus bemüht sei, keine weitere Sporthalle zur Unterbringung von Flüchtlingen einrichten zu müssen. Neben den Kapazitäten am Stubbenweg (bis zu 120 Personen), an der Breslauer Straße (30 Personen) und 50 dezentralen Unterkünften, baut man auf ein Angebot des Deutschen Roten Kreuzes, rund 240 Flüchtlinge in einem Hallen-/Bürokomplex am Reinersweg einziehen zu lassen sowie weiteren Plätzen im Stadionheim (50 Personen).
Stadt hält an Umbau des Marienviertels fest
Außerdem wird man dem Stadtrat vorschlagen, rund 300 Plätze als Sammelunterkunft am ehemaligen St.-Josef-Stift einzurichten. Der Altbau des ehemaligen Krankenhauses umfasst vier Geschosse mit einer Nutzfläche von rund 4300 Quadratmetern. Nach einem Umbau können dort circa 300 Betten aufgestellt werden. "Die Kosten für die
Investition zur Herrichtung des Altbaus belaufen sich voraussichtlich auf rund drei Millionen Euro", erläuterte der Fachbereichsleiter für Gebäudemanagement, Olaf Meyer-Helfers. In den Sanierungskosten sind Sanitär, Lüftung und eine neue Heizung inbegriffen, "da die alte Heizung abgängig ist". Das ehemalige Klinikgebäude sei als Unterkunft gut geeignet, so Hero Mennebäck, Fachbereichsleiter Soziales. Er favorisiert diesen Standort, weil es dort am ehesten möglich sei, für jede Etage auch eine Küche vorzusehen. Die Investitionssumme nennt Gerlach "namhaft", insbesondere auch, weil keine Dauerlösung geschaffen werde. Man halte an den Umbauplänen fürs Marienviertel fest, mit dem Träger des Förderprogramms stehe man in Kontakt, um künftige Zuschüsse für den Umbau des Viertels nicht zu gefährden.
Geprüft hatte die Verwaltung auch den Ankauf einer Gast- und Hotelgewerbeeinrichtung.
Der Kaufpreis war auf rund 5,5 Millionen Euro geschätzt worden. Dort hätte man theoretisch Platz für 250 bis 300 Menschen gefunden. 500.000 Euro wären für den Rückbau der hochwertigen Zimmerausstattung fällig geworden, um die gewünschte Kapazität erreichen zu können und weil sie den Standard einer Flüchtlingsunterkunft übersteigt.
Noch nicht ganz aus dem Rennen ist eine Unterbringungsmöglichkeit im Commedia-Veranstaltungszentrum auf der Nordwolle. Neben dem Veranstaltungssaal könnten ein Physiobereich und ein Fitnesscenter umgestaltet werden, die Halle böte damit eine Nutzfläche von etwa 2230 Quadratmetern mit Platz für rund 160 Betten.
Unabhängig von der Art der Unterkunft muss in allen Varianten entsprechendes Betreuungs- und Betreiberpersonal organisiert werden, die Verwaltung erwartet eine enge Kooperation mit den örtlichen Wohlfahrtsverbänden. Bei einer Unterkunft mit der Platzkapazität von bis zu 150 Personen wird mit jährlichen Kosten in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro gerechnet. Bei einer Platzkapazität von bis zu 300 Personen schätzt die Verwaltung den jährlichen Zuschussbedarf auf 1,7 Millionen Euro. In diesen Summen sollen Einrichtungsleitung, Empfangspersonal, Nachtdienst, Soziale Betreuungshilfskräfte, Fachkräfte, Hilfskräfte, Hausmeister und Reinigungskräfte eingerechnet sein.