Der dramatische Anstieg der Coronazahlen in Delmenhorst erfordere drastische Gegenmaßnahmen, um die Bürger zu schützen. Thomas Kuhnke fordert für Delmenhorst eine Ausgangssperre ab 20 Uhr. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Delmenhorst setzt sich darüber hinaus für ein Verbot des Alkohol-Ausschanks, ebenfalls ab 20 Uhr, ein. Der Kommunalpolitiker beobachtet in der aktuellen Phase der Corona-Pandemie einen sehr "laxen Umgang" mit vielen Anordnungen. Seine sehr strengen Forderungen will er nicht als eine Bestrafung verstanden wissen, "es handelt sich um Schutzmaßnahmen", sagt der Ratsherr. "Innerhalb Deutschlands sind wir in Delmenhorst derzeit absoluter Spitzenreiter, was die Ansteckungen betrifft", gibt Kuhnke zu bedenken. "Ich bin überzeugt, dass wir mit strengen Maßnahmen die Werte schnell in einen normalen Bereich bringen können, so dass diese Maßnahmen nur temporär zum Tragen kommen“, meint er.
Zwar zeigten die Zahlen, dass sich zurzeit eher jüngere Menschen, die das Virus besser verarbeiten können, angesteckt haben. Allerdings bestehe die Gefahr, dass dadurch das Virus in die Familien getragen wird und sich Eltern und Großeltern anstecken. Für Kuhnke sind die jeweiligen „aktuellen Zahlen“ immer auch schon zehn Tage alt. „Real liegen sie wahrscheinlich um ein vielfaches höher“, sagt Kuhnke.
Sollte die Situation nicht in den Griff zu bekommen sein, „wird es für die Delmenhorster Bürger nicht nur schwere gesundheitliche, sondern auch dramatische wirtschaftliche Folgen haben von denen wir uns über Jahre nicht erholen werden“, mahnt Kuhnke. Er bittet alle Bürger in diesen schweren Zeiten ihre Aktivitäten auf ein Minimum zu reduzieren. Und ist davon überzeugt, „dass wir gemeinsam diese Zeiten überstehen werden und im nächsten Jahr dann auch wieder unbeschwert feiern können“. Einen Weihnachtsmarkt wünscht sich Kuhnke nämlich erst für 2021. „Klar“, räumt er ein, „würden ihm die Schausteller durch einen Ausfall des Glühweinverkaufs leidtun“, es würden aktuell aber zu viele Rücksichten wegen wirtschaftlicher Folgen von Coronabeschränkungen genommen.
Alles unterlassen, was nicht unbedingt nötig ist
Mit seinen Ansichten stehe er übrigens nicht allein: Kuhnke meint zu wissen, dass es eine ganze Reihe von SPD und CDU Ratsmitgliedern gäbe, die so dächten, wie er. Über vertrauliche Beratungen im Verwaltungsausschuss dürfe er aber nicht sprechen. Dass eine Ausgangssperre schwer zu überwachen wäre, räumt Kuhnke ein. "Natürlich muss es Ausnahmen geben, es müssten beispielsweise auch Menschen zur ihrer Arbeit fahren können. Er könne nur an die Vernunft der Bürgerinnen und Bürger appellieren, alles zu unterlassen, was nicht unbedingt nötig sei. "Viele haben das Ausmaß der Corona-Krise noch nicht erkannt", sagt er.
„Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie unterliegen nicht der politischen Beschlussfassung“, so kommentiert Rudolf Mattern die Forderung der Freien Wähler. Der Wunsch nach einer Ausgangssperre laufe damit ins Leere, so der Leiter des Corona-Krisenstabs im Rathaus. Über weitere Schutzmaßnahmen werde auf Grundlage der zukünftigen Verordnung des Landes entschieden.
Das nicht absehbare Ende der Corona-Pandemie nimmt auch die CDU-Fraktion im Stadtrat zum Anlass für einen Antrag. Als stellvertretender Fraktionsvorsitzender schlägt Heinrich-Karl Albers vor, die Sondernutzungsgebührensatzung der Stadt auch im Jahr 2021 außer Kraft zu setzen. „Die Einzelhändler und Gastronomen haben aufgrund der Pandemie erhebliche Einnahmeausfälle, da ist die Stadt in der Pflicht sie zu unterstützen", sagte Albers. Durch die Außerkraftsetzung der Sondernutzungsgebührensatzung könnte ein kleiner Beitrag zur Unterstützung von Einzelhandel und Gastronomie geleistet werden.
Die Stadt Delmenhorst meldete an diesem Freitag übrigens 29 Neuinfektionen. Damit erreicht die Sieben-Tage-Inzidenz einen neuen Höchstwert, der wird mit 174,4 angegeben. Delmenhorst bleibt damit Corona-Risikogebiet. Im Stadtgebiet werden 411 Corona-Fälle gezählt, davon 143 in den letzten sieben Tagen, in stationärer Behandlung befinden sich neun Delmenhorster. 504 Menschen befinden sich in angeordneter häuslicher Quarantäne. Aktuell sind 196 infiziert und 211 genesen.