Mit freundlich wirkendem, digitalen Gesichtsausdruck fährt "Bella" leise und zügig durch die Gänge im Hotel-Restaurant Thomsen in Delmenhorst. Beladen ist der Serviceroboter Made in China – der mit seinen abstehenden Ohren und seiner Art Gesicht auf dem Display einer Katze ähnelt – mit Salaten und weiteren Speisen. Am gewünschten Tisch des Lokals angekommen, positioniert sich der Roboter seitlich zu den Gästen. "Das Essen ist da", ertönt eine blechern, aber gleichzeitig niedlich klingende Stimme. Im nächsten Satz macht "Bella" die Gäste darauf aufmerksam, dass gleich eine Kollegin hinzukommen wird. Noch während die Kunden die elektronische Helferin mit faszinierten und verwunderten Blicken begutachten, bringt eine Restaurant-Mitarbeiterin die bestellten Getränke. Zudem reicht sie die von "Bella" transportierten Teller an.
"Genau so soll es sein", erklärt Olaf Thomsen, der den Gastromiebetrieb mit seinen Brüdern Uwe und Jens leitet: "'Bella' soll die Kolleginnen unterstützen, aber nicht den Service ersetzen." Die Gäste brauchen weder Bestellungen digital aufgeben, noch sich die Speisen selbst von den vier Ebenen des Serviceroboters herunternehmen. Denn gerade in einem traditionellen Restaurant bedeuten der Kontakt und die Gespräche mit den Kunden viel. Als Arbeitserleichterung soll "Bella" die Mitarbeiter einerseits körperlich entlasten, indem nicht mehr so viele schwere Teller getragen werden müssen. Andererseits werden weniger Kollegen für die Bedienung eines Tisches benötigt. Stabile Gläser und Bierkrüge könne "Bella" auch ohne Probleme transportieren, bei feineren Tassen oder Sektgläsern sieht das laut Thomsen aber anders aus. Denn durch Unebenheiten im Boden wie etwa Teppichkanten, könnten diese umkippen oder der flüssige Inhalt überschwappen.
Zehn Stunden Installationszeit
Seit einer Woche unterstützt "Bella" mittlerweile die Arbeit im Restaurant an der Bremer Straße 186 – quasi als eine Mitarbeiterin, die nicht krank wird, keine Urlaubstage abbauen muss und jederzeit einsatzbereit ist. Zehn Stunden hatte die Installierung gedauert. Erst rollte "Bella" durch alle Räume und scannte die Abstände. Danach haben Thomsen und sein Team alle Tische nummeriert und mit Stickern versehen. Diese fuhr der Roboter alle einzeln ab, um die jeweiligen Hin- und Rückwege zu speichern. Auch an der Decke befinden sich an manchen Stellen Aufkleber, die "Bella" zur Orientierung registrieren kann. Mindestens 80 Zentimeter breit müssen die Wege sein, die sie durchfährt. Am unteren Teil des Roboters befinden sich mehrere Kameras, die die direkte Umgebung wahrnehmen – so können Hindernisse umfahren werden oder die Maschine bleibt abrupt stehen.
Morgens bietet das Lokal Frühstück in Buffetform an, da wird der Serviceroboter eher weniger benötigt. Während des Mittagstischangebots und abends hingegen umso mehr. "Wenn man einen Tisch mit fünf Menschen bedient, werden mindestens zwei Mitarbeiter gebraucht, um die Speisen zu bringen – hinzukommen noch die Getränke", erklärt Thomsen. Durch die Unterstützung des Serviceroboters kann ein Mitarbeiter diese Aufgabe alleine übernehmen. Das sei laut Thomsen eine Erleichterung für die Angestellten, pro Dienst würden aber nicht weniger Arbeitskräfte eingesetzt werden. Auch Personalmangel war kein Grund für die kostspielige Anschaffung, so der Gastronom: "Trotzdem können wir immer ein oder zwei mehr Mitarbeiter gebrauchen." Die Idee, sich einen Roboter zuzulegen, sei von der Belegschaft vorgeschlagen worden. Nicht nur als Arbeitserleichterung, sondern auch als Marketinginstrument. "Das ist schon etwas Besonderes", sagt Thomsen.
Tradition trifft Moderne
Manche Kunden seien in den vergangenen Tagen erst skeptisch gewesen, als sie die "neue Mitarbeiterin" sahen, andere waren gleich ganz angetan, berichtet der Gastronom: "Insgesamt kommt 'Bella' sehr gut bei den Menschen an." Besonders begeistert waren die Gäste eines Kindergeburtstages, die im Restaurant gegessen und gekegelt haben. Thomsen hofft, dass viele Menschen neugierig werden und so den Weg in sein Lokal finden werden: "Wir wollen unser Standing behalten und Traditionelles mit Modernität erweitern."