Herr Fuhrken, elf Abgängen stehen beim SV Atlas aktuell erst vier Zugänge gegenüber. Einige Fans werden schon ungeduldig und befürchten, dass es in der neuen Saison nicht für ganz oben reicht. Können Sie diese Sorgen verstehen?
Bastian Fuhrken: Wer mit uns mitfiebert, denkt sich vielleicht: Was ist da los? Das kann ich nachvollziehen. Man muss die elf Abgänge aber genauer betrachten. Mit Joel Kletta und Kilian Sanden sind zwei Torhüter gegangen, die woanders Spielzeit sammeln wollen. Luca Liske und Thade Hein haben noch einmal versucht, in der Oberliga Fuß zu fassen, wurden aber durch Verletzungen ausgebremst und gehen nun nach Stenum. Mit Marvin Grone gibt es noch einen zwölften Abgang, der aber ebenfalls vor allem in der zweiten Mannschaft gespielt hat. Florian Stütz ist gegangen, hätte uns aber erst einmal ohnehin nicht zur Verfügung gestanden wegen einer Schambeinentzündung. Philipp Eggert spielt künftig in Verden und damit näher an seinem Wohnort, fällt jedoch mit seinem Kreuzbandriss noch lange aus. Und Mustafa Azadzoy möchte das Fußballerische etwas zurückschrauben.
Welcher Abgang schmerzt besonders?
Dass Phil Gysbers uns verlässt, tut schon weh. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber er wollte gerne zurück in seine Heimat nach Meppen. Bei Kerem Sari waren es ähnliche Gründe, ihn zieht es wieder in den Süden.
Unter den Abgängen sind mehrere Leistungsträger. Nimmt man die Statistik der abgelaufenen Saison, verliert der SV Atlas zusammengerechnet 38 Tore und 36 Torvorlagen. Kann dieser Qualitätsverlust aufgefangen werden?
Ja. Mit Josip Tomic und Marcel Marquardt kommen im Mittelfeld neue Jungs dazu, die Scorerpunkte sammeln werden. Mit Steffen Rohwedder und Justin Dähnenkamp haben wir vorne weiterhin ordentlich Qualität. Leonit Basha bleibt ebenfalls, von ihm verspreche ich mir viel. Leider hatte er oft muskuläre Probleme. Wenn er die in den Griff bekommt, wird er seine Qualität zeigen. Dazu kommt noch Ibrahim Temin, der meistens Linksverteidiger gespielt hat, aber auch offensiver eingesetzt werden kann. Wir haben Jungs, die wissen, wo das Tor steht und wie man den letzten Pass spielt. Und das Trainerteam wird die passende Taktik für den Kader finden. Wir haben zuletzt im 4-2-3-1 oder 3-5-2 gespielt, aber künftig könnte auch ein 4-4-2 eine Option sein, weil wir viel Klasse im Mittelfeld besitzen.
Sie haben gerade gesagt, dass Rohwedder, Dähnenkamp und Basha bleiben. Wie sieht es mit dem restlichen Kader aus? Gibt es noch weitere Abgänge?
Ein Spieler hat noch nicht final entschieden, ob er weiterhin für uns spielt. Der Rest bleibt aller Voraussicht nach beim SV Atlas.
Wie viele Zugänge kommen noch dazu?
Wir haben zwar erst vier Zugänge vermeldet, aber zwei weitere werden wir noch veröffentlichen. Daneben gibt es einen Spieler, der in jedem Fall zu uns wechselt. Aus beruflichen Gründen ist bei ihm nur noch nicht klar, ob er jetzt schon kommt oder am 1. Januar. Julian Quistorff, ein Stürmer vom VfB Lübeck II, hat schon zur Probe mittrainiert und wird als Gastspieler bei uns in die Vorbereitung einsteigen. Gleiches gilt für Dominick Auras vom JFV Delmenhorst, der unser dritter Torwart werden könnte. Insgesamt 23 Spieler habe ich aktuell für unseren Kader eingeplant. Ich bin daher relativ entspannt.
Ousman Touray und Shamsu Mansaray schließen sich dem Oberliga-13. FSV Schöningen an. Der SV Atlas ist sportlich attraktiver, warum sind die beiden Flügelstürmer trotzdem gegangen?
Manche Vereine haben andere Möglichkeiten, da geht es dann nicht nur um das Finanzielle, sondern auch um andere Dinge wie Wohnungen. Mit Ousman Touray konnten wir uns nicht einigen. Shamsu Mansaray hatte mündlich schon zugesagt. Ein, zwei Dinge waren noch zu klären, und die hätten wir auch klären können. Dass er dann trotzdem weggeht, hat einen Beigeschmack. Ein Grund dafür war, dass Shamsu und Ousman weiterhin zusammenspielen wollten. Meine Aufgabe als Vorstand Sport ist es aber, darauf zu achten, dass das Mannschaftsgefüge homogen ist – auch finanziell. Daher mache ich bestimmte Dinge dann lieber nicht.
Hat der SV Atlas bei Spielern an Attraktivität verloren?
Nein, solche Rückmeldungen bekommen wir nicht. Wenn uns Spieler absagen, hat das nichts mit der mangelnden Attraktivität des SV Atlas zu tun. Die Fans, das Stadion und der gesamte Verein sind immer Pluspunkte. Wenn Spieler nicht zu uns kommen, liegt es oft daran, dass sie lieber in der Regionalliga spielen wollen. Mit dem Bremer SV und dem SSV Jeddeloh gibt es zwei Regionalligisten in der Nähe, das macht es für uns schwierig. Bei den beiden Vereinen tauchen einige Spieler auf, die wir auch gerne gehabt hätten. Trotzdem ist es für uns aktuell leichter, neue Leute zu holen, als noch vor einem Jahr. Durch die starke Rückrunde haben wir unsere sportliche Attraktivität unterstrichen.
Im vergangenen Jahr war der personelle Umbruch dem Abstieg aus der Regionalliga geschuldet und kam nicht überraschend. In diesem Sommer war solch ein Umbruch aber nicht eingeplant, oder?
Das stimmt, der war von uns in dieser Form nicht geplant. Sechs oder sieben Abgänge waren vorgesehen. Wir hätten gerne drei bis vier Spieler mehr gehalten.
Welche Rolle spielt der neue Sportliche Leiter Stephan Ehlers bereits bei der Kaderzusammenstellung?
In die Kaderplanung ist er voll involviert. Er hat bereits das eine oder andere Telefonat mit Spielern geführt. Sein Netzwerk hilft uns jetzt schon, das ist positiv für den Verein. Beim Trainingsbeginn wird er dann den Spielern vorgestellt, anschließend beginnt seine Arbeit mit der Mannschaft.
Die DFB-Pokal-Teilnahme hat Atlas durch die Finalniederlage in Hildesheim knapp verpasst. Der Zuschauerschnitt sank weiter auf etwa 600 pro Partie. Ist der Verein finanziell in der Lage, personell aufzurüsten?
Ja, dazu sind wir in der Lage.
Zwar stand Atlas in der Zuschauertabelle der Oberliga Niedersachsen zuletzt immer noch auf Rang zwei hinter Kickers Emden, doch die Ansprüche sind bekanntlich höher. Wird sich der Zuschauerschnitt wieder verbessern?
Ja, wenn wir sportlich erfolgreich sind und attraktiven Fußball zeigen, kommen die Fans auch ins Stadion. Wir sollten allerdings nicht zu sehr schwarzmalen. In der neuen Saison werden wir voraussichtlich Platz eins in der Oberliga-Zuschauertabelle belegen, und wir sind froh über jeden Fan, der zu uns kommt.
Damit die Fans kommen, sollte Atlas oben mitspielen. Nach dem Regionalliga-Abstieg war das Ziel der Wiederaufstieg innerhalb von zwei Jahren. Bleibt es bei dieser Zielsetzung?
Dabei bleibt es. Wir wollen oben mitspielen. Einfach wird das nicht. Einige Mannschaften rüsten auf, es werden viele Teams im Kampf um die vorderen Plätze mitmischen. Positiv ist, dass der Zweite der Oberliga Niedersachsen jetzt nicht mehr in der Relegation gegen einen Regionalligisten antritt. Künftig geht es wieder gegen die Oberliga-Vertreter aus Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Da sehe ich das Team aus Niedersachsen immer in der Favoritenrolle, ganz gleich, wer es am Ende sein wird.
In der abgelaufenen Spielzeit brauchte die neu zusammengestellte Mannschaft lange, bis sie sich gefunden hatte. Die Aufholjagd in der Rückrunde reichte dann nicht mehr ganz, um den Relegationsplatz zwei zu erreichen. Droht in der neuen Saison ein ähnliches Szenario angesichts der vielen personellen Veränderungen?
Das kann durchaus sein, aber wir sind ein Jahr weiter mit unserem Trainerteam. Das ist ein wichtiger Faktor, der mich optimistisch stimmt. Für Dominik Schmidt und Florian Urbainski war es vor einem Jahr das erste Mal, dass sie eine Mannschaft hauptverantwortlich auf die Saison vorbereiten. Jetzt sind sie viel weiter und brauchen keine Zeit mehr, um den Rhythmus zu finden.
Am 27. Juni geht das Training wieder los. Steht der Kader dann größtenteils?
Ja, 22 oder 23 Spieler werden da sein. Vielleicht kommt noch der eine oder andere Gastspieler dazu. Es wird ein Kader sein, mit dem man gut arbeiten kann.