Der Sprung von der Jugend zu den Herren im Sport ist groß. Von einer Saison auf die andere sind die Gegenspieler deutlich schneller, stärker und vor allem auch cleverer. Auf einigen Positionen kommt das besonders zum Tragen, so brauchen Mittelstürmer und Innenverteidiger oft länger als Außenbahnspieler, um Fuß zu fassen. Bei Leo Weichert scheint der Schritt schnell zu gehen. Der 19-Jährige genoss allerdings auch eine der bestmöglichen fußballerischen Ausbildungen Deutschlands. Der 1,91 Meter große Innenverteidiger durchlief die Schule der Knappenschmiede des FC Schalke 04, war in der U19 Stammspieler unter Talenteguru Norbert Elgert. Nun läuft er in dieser Saison für den SV Atlas Delmenhorst in der Regionalliga Nord auf und schaffte es direkt zum Stammspieler. In allen sechs Partien stand er 90 Minuten auf dem Feld. Und er überzeugte bislang überwiegend, gegen BW Lohne am Mittwochabend offenbarte er jedoch auch einige Schwächen.
Leistungsschwankungen sind bei jungen Sportlern völlig normal. "Es hängt von ihm ab, wie weit er kommt. Gerade junge Spieler müssen immer etwas mehr anbieten als die etablierten, um an denen vorbeizukommen und auf sich aufmerksam zu machen. Sie müssen viel tun – auf und neben dem Platz", sagt Atlas-Coach Key Riebau. Unter anderem trainierte er in der Saison 2017/18 Anton Stach beim SSV Jeddeloh als Teenager. Dieser ist nun gestandener Bundesligaspieler bei Mainz 05 und hat bereits zweimal für die deutsche Nationalmannschaft gespielt. Der Weg dorthin ist für Weichert sehr weit, keine Frage. Erst einmal muss er sich in der Regionalliga etablieren. "Wir sind auf jeden Fall froh, dass wir ihn haben. Klar ist aber auch, dass er neben vielen Stärken auch noch an Schwächen arbeiten muss", ordnet Riebau ein.
Technisch starker Abwehrturm
Weichert wirkt für sein junges Alter schon sehr abgeklärt. Sowohl im Spiel als auch danach. Ihn zeichnet eine gute Technik aus, sein Aufbauspiel sticht heraus ebenso wie sein Vorwärtsdrang – das birgt auch Risiken. "Es gehört zu meinem Spiel. Wenn ich den Ball erobere und die Chance habe, bei dem Angriff mitzugehen, mache ich das. Dann kann für Überzahl sorgen, zudem sorgt es für Unruhe und Unordnung beim Gegner, der darauf oft nicht vorbereitet ist", erklärt der 19-Jährige. Ein gutes Beispiel hierfür ist die 80. Minute in der Partie gegen St. Paulis U23. Weichert bekommt den Ball in der eigenen Hälfte und treibt ihn über die Mittellinie. Paulis Defensive attackieren ihn zunächst nicht, machen dann jedoch den Schritt auf ihn zu. In dem Moment ergibt sich eine Passoption nach rechts auf Mattia Trianni, die Weichert nutzt und weiter mitgeht, um Verteidiger zu binden. Am Ende des Angriffszuges steht das 3:2.
Dem Ex-Schalker gelingen regelmäßig Balleroberungen, wenn er aggressiv nach vorne in die Passwege des Gegners geht. Defizite – zumindest in der Partie in Lohne – wurden im Stellungsspiel offenbart. Gleich mehrfach verlor er bei Flanken aus dem Halbfeld in seinem Rücken den Stürmer aus den Augen, auch in direkten Duellen war er mehrfach nicht dicht genug dran und ließ Abschlüsse zu. Profitieren könnte er davon, wenn der verletzte Routinier Dominik Schmidt in die Abwehrzentrale zurückkehrt – allerdings ist dann auch der Kampf um den Stammplatz härter.
Die Umstellung von den Junioren zu den Herren sowie vom Nachwuchsleistungszentrum auf Schalke zur einige Nummern kleineren Atlas-Welt ist ihm vorerst gelungen. "Es macht mir Spaß, hier zu spielen. Ich wurde gut aufgenommen. Natürlich ist es etwas anderes als im NLZ", berichtet er. Dort wird sich um alles gekümmert, jetzt muss Weichert viel selbst organisieren. "Man kann auch von sich aus professionell leben", sagt der 19-Jährige.