Es gibt viele Beispiele dafür, dass die Fußball-Oberliga Niedersachsen momentan ein bisschen verrückt spielt, aber das eindrucksvollste ereignete sich am vergangenen Sonntag auf der Sportanlage am Hubertushain. Der Aufsteiger FC Verden 04 empfing nach vier Niederlagen zum Auftakt den Vizemeister TuS Bersenbrück – und schoss den Titelanwärter mit 6:1 vom Platz. Somit sind die Bersenbrücker aktuell nur Neunter. Der BSV Rehden, Siebter der Vorsaison und erst im vergangenen Jahr aus der Regionalliga Nord abgestiegen, steht gar sieglos auf dem letzten Platz. "Von einigen Dingen in der Tabelle bin ich auch überrascht", sagt Bastian Fuhrken, Sportvorstand des SV Atlas Delmenhorst.

Die aktuelle Tabelle der Oberliga Niedersachsen bietet einige Überraschungen.
Die Delmenhorster stehen ebenfalls schlechter da als von den meisten erwartet. Sechs Punkte aus fünf Partien reichen nur für Rang zehn. Dabei zählt der Dritte der Vorsaison, der zudem im Pokalfinale stand und ebenso wie Rehden erst im vergangenen Jahr die Regionalliga verlassen musste, eigentlich zu den Kandidaten für die vorderen Plätze. Die FSV Schöningen wurde auch hoch gehandelt, nicht zuletzt, weil der Klub mit Shamsu Mansaray, Ousman Touray und Kerem Sari drei Stammspieler des SV Atlas verpflichtete. Mit acht Punkten aus fünf Spielen und Platz acht hinken die Schöninger allerdings auch noch den Erwartungen hinterher.
Gleiches gilt für Lupo-Martini Wolfsburg – den Vierten der Vorsaison, der momentan nur 14. ist. Oder Germania Egestorf-Langreder, Sechster der vergangenen Spielzeit und jetzt auf Rang 13. Oder den SSV Vorsfelde, der von Position acht vorerst auf den vorletzten Platz abgestürzt ist. Dafür steht der MTV Eintracht Celle, der in der abgelaufenen Saison lange gegen den Abstieg kämpfte, plötzlich an der Oberliga-Spitze. Arminia Hannover blieb nur aufgrund der Tordifferenz in der Liga und ist jetzt Siebter. Die Aufsteiger Eintracht Braunschweig U23 und HSC Hannover mischen oben mit.
Starke Aufsteiger
"Braunschweig ist kein normaler Aufsteiger, weil es eben der Unterbau eines Zweitligisten ist", sagt Fuhrken. Es liegt auch an den Neulingen, dass sich die Verhältnisse in der Oberliga nach jetzigem Stand etwas verschoben haben. Der SV Wilhelmshaven, der mit sechs Punkten ordentlich gestartet ist, sei ebenfalls kein normaler Aufsteiger, meint Fuhrken. Dass an der Jade kurz vor Transferschluss noch mehrere Zugänge verpflichtet wurden, zeige die dortigen Möglichkeiten.
Beim SV Atlas haben sie mit Innenverteidiger Dylan Burke ebenfalls noch einmal personell nachgelegt. Fuhrken zeigt sich mit dem Aufgebot sehr zufrieden: "Wir sind auf keinen Fall schlechter aufgestellt als letzte Saison. Von der Stimmung und vom Zusammenhalt her ist der Kader jetzt sogar besser als vor einem Jahr." Echte Stimmungsdämpfer waren allerdings die jüngsten zwei Heimniederlagen gegen den Regionalliga-Absteiger SC Spelle-Venhaus (1:2) und Egestorf-Langreder (0:1). "In diesen beiden Heimspielen haben wir es nicht perfekt gemacht, aber ich habe in dieser Liga auch noch keine Mannschaft gesehen, die wirklich besser ist als wir", hält Fuhrken fest.
Fuhrken ist vom Atlas-Kader überzeugt
Bei den Blau-Gelben gab es vor der Saison einen personellen Umbruch, der größer war als geplant. 14 neue Spieler kamen dazu, 14 Akteure verabschiedeten sich. In der vergangenen Spielzeit brauchte Atlas nach einem ähnlichen Umbruch fast bis zur Winterpause, um sich zu finden, und hätte dann beinahe noch den Relegationsplatz zwei erreicht. Auch jetzt sei wieder Geduld gefordert, sagt Fuhrken und betont: "Wir müssen weiter an den Abläufen und Automatismen arbeiten, dann wird sich die Qualität zeigen. Wir haben sehr viel Qualität im Kader, daher bin ich überzeugt davon, dass es nach und nach besser wird. Beunruhigt bin ich überhaupt nicht." Um sich weiter einzuspielen, bestreitet Atlas an diesem Dienstag kurzfristig ein Testspiel gegen den Ligarivalen Rehden auf dem Platz des Delmenhorster TB (20 Uhr).
Dass die Oberliga ein wenig verrückt spielt und sich noch keiner der Titelfavoriten abgesetzt hat, kommt den Blau-Gelben zweifellos zugute. Trotz des holprigen Starts könnten die Delmenhorster mit einer Serie schnell den Anschluss an die vorderen Plätze schaffen, allzu viele Ausrutscher sollten sie sich aber nicht mehr erlauben. Dass Wachsamkeit geboten ist, weiß Fuhrken. Mit dem VfV 06 Hildesheim, Vierter der Vorsaison und Sieger im Niedersachsenpokal-Finale gegen Atlas, ist ein Oberliga-Topteam gut gestartet. Neun Punkte weist der Pokalsieger bereits auf und hat noch ein Nachholspiel in der Hinterhand. "Hildesheim macht es wirklich gut", muss Fuhrken anerkennen und fügt hinzu: "Das ist allerdings auch keine Überraschung."