Eine richtige Klatsche holte sich der SV Atlas Delmenhorst bei Teutonia Ottensen in der Fußball-Regionalliga Nord ab. Bis zur 30 Minute waren die Blau-Gelben ebenbürtig und gingen dann durch einen Elfmeter in Rückstand. Dann brachen die Dämme. Am Ende stand eine 2:7 (1:3)-Pleite – und die Verantwortlichen sowie Spieler stellten sich im Schneeregen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt den mitgereisten Fans vor dem Zaun.
Coach Key Riebau war nach dem Match sehr ruhig: "Ottensen ist eine Top-Drei-Mannschaft. Da können wir auswärts aktuell nicht mithalten. Das muss man so ehrlich sagen", meinte er. Seine Mannen schafften es aktuell nicht, Rückschläge im Spiel zu verarbeiten. Selbst bei kleinen dauere es sehr lange, bis das Team wieder komplett auf dem Platz sei "Es spielt sich sehr viel zwischen den Ohren ab", fügte Riebau hinzu. Tabellarisch ändert sich kaum etwas, da fast alle anderen Partien witterungsbedingt ausfielen. Atlas rangiert auf Position 15.
Riebau baut um
Die Delmenhorster bauten ihr System und das Personal nach der jüngsten 1:3-Niederlage bei der SV Drochtersen/Assel etwas um: Florian Stütz und Philipp Eggersglüß ersetzten Philipp Eggert und Raoul Cissé in der Fünferkette. Rechts verteidigte Oliver Rauh, dafür rückte Marco Stefandl ins Mittelfeld und Olivér Schindler auf die Bank. Die alleinige Sturmspitze bildete Dimitrios Ferfelis, der Steffen Rohwedder ersetzte. Atlas versuchte es mit einem sehr flexiblen System. Rauh und Julian Stöhr rückten außen sehr weit vor, Stefandl zog es dann wiederholt ins Zentrum, Touray an die Seite von Ferfelis.
Der Auftakt misslang aus blau-gelber Sicht komplett: Bereits nach drei Minuten gingen die favorisierten Gastgeber in Führung. Ole Wohlers war auf der linken Seite komplett blank und hatte alle Zeit der Welt, um Mittelstürmer Maik Lukowicz zentral vor dem Tor flach anzuspielen. Der Ottenser schob problemlos zum 1:0 ein. "Danach haben wir ein paar Prozent nachgelassen", bemängelte Teutonia-Trainer David Bergner.
Gute 30 Minuten
Atlas erholte sich von dem frühen Schock schnell und übernahm die Spielkontrolle. Die Defensive wirkte immer sicherer, zudem bekam Atlas den offensiven Part zunehmend besser auf das Feld. Nach einer Viertelstunde hatte Eggersglüß den Ausgleich auf dem Fuß: Eine von Abwehrchef Efkan Erdogan verlängerte Stütz-Freistoßflanke landete beim Verteidiger, sein strammer Schuss wurde jedoch vom Pulk vor dem Kasten geblockt (15.). Eine weitere Hereingabe von Stütz bekamen die Ottenser kurz wenig später nicht geklärt, sodass Erdogan aus der Drehung draufhielt und zum 1:1 ausglich (22.).
Atlas versuchte es mehrmals mit langen Diagonalbällen auf die Außen – und das funktionierte durchaus. Aus einem solchen Angriff resultierte eine Stöhr-Hereingabe, bei der Ferfelis nur einen Schritt zu spät kam (24.). Atlas ging weiter mutig drauf, Mattia Trianni eroberte den Ball, Ousman Touray lief noch einige Meter und scheiterte aus spitzem Winkel an Schlussmann Marius Liesegang, der Nachschuss von Trianni wurde zur Ecke geblockt (28.). Atlas war das bessere Team in dieser Phase und kassierte dennoch den erneuten Rückstand.
Elfmeter als Knackpunkt
Nach einer halben Stunde passten die Delmenhorster nicht auf: Wohlers wackelte erst Stütz und dann weitere Verteidiger aus und brachte das Leder zu Erolind Krasniqi, der an den Pfosten schlenzte. Im Nachgang wurde es unübersichtlich, gleich zwei Ottenser lagen am Boden, Schiedsrichter Max Rosenthal entschied auf Elfmeter. Fabian Istefo verwandelte sicher zum 2:1 (33.). Kurz darauf klingelte es erneut im Atlas-Kasten, doch der Ball hatte bei Wohlers Hereingabe die Grundlinie wohl knapp überschritten (34.). Herausragend war der Angriff zum 3:1: Nach mehreren kurzen Pässen auf kleinem Raum im Mittelfeld schickte Krasniqi einen Pass durch die Ketten. Lukowicz blieb freistehend vor dem bis an die Strafraumkante herausgeeilten und dann stehen gebliebenen Bansen cool und tunnelte den Schlussmann zum 3:1-Pausenstand (40.). "Hier hat mir die Entschlossenheit gefehlt. Ousy (Ousman Touray, Anmerkung der Redaktion) und Eike (Eike Bansen, Anmerkung der Redaktion) ziehen jeweils nicht durch", monierte Sportchef Bastian Fuhrken. Das Tempo der Gastgeber war für Atlas auch schlicht zu hoch.
Den Nackenschlag nach der Pause folgte, als Max Julian Brandt den Ball auf rechts bekam und aus dem Halbfeld direkt flach in die Mitte legte. Dort stand – mal wieder – Lukowicz komplett frei und ließ sich auch diese Großchance nicht entgehen – 4:1 (57.). Atlas hatte defensiv keinen Zugriff und bekam sehr einfache Gegentore. Affamefuna-Michael Ifeadigo scheiterte im Eins-gegen-eins an Bansen, der dem Stürmer den Ball vom Fuß wischte. Auch den Nachschuss entschärfte er (65.). Bei der anschließenden Ecke zeigten die Delmestädter allerdings Auflösungserscheinungen und ließen mehrere Spieler freistehen. Ifeadigo war der Nutznießer und schob zum 5:1 ein (66.). Einfache lange Pässe reichten, dass die Hamburger frei vor Bansen auftauchten. Krasniqi überlupfte Bansen zum 6:1 (70.). "Das ist defensiv einfach nicht regionalligatauglich", sagte Riebau.
Der Druck steigt
Atlas versuchte es weiter nach vorne und blieb hinten offen. Ferfelis stand nach einer Trianni-Flanke fünf Meter vor dem Tor frei, trat aber über den Ball (74.). Dafür netzte er nach 80 Zeigerumdrehungen zum 2:6. Die Luft war natürlich längst draußen, auch wenn Diamant Berisha noch zum 7:2 (88.) erhöhte. "Am Ende ist das Ergebnis sicherlich ein oder zwei Tore zu hoch", sagte Bergner. Zum komplett gebrauchten Atlas-Tag passte, dass Ousman Touray und Willem Hoffrogge angeschlagen ausgewechselt werden mussten. Touray wurde sogar mit einem Krankenwagen abgeholt.
Es wird nun ungemütlich bei den Blau-Gelben. Bastian Fuhrken hatte zuletzt die Bereitschaft bemängelt, nun kassierte Atlas mehr als ein halbes Dutzend Gegentore. "Wir müssen es nächste Woche hinbekommen. Scheißegal wie. Von mir aus können wir den Mannschaftsbus vor dem Tor parken. 17 Gegentore in vier Spielen. Boah", brachte es Fuhrken vor dem Heimspiel kommende Woche gegen Abstiegskonkurrent SW Rehden auf den Punkt. Der Druck steigt auch für den Coach: "Ich bin nicht blöd und weiß, wie es läuft und dass der ein oder andere vielleicht sagt, dass der Trainer weg muss. Aber der Verein, also Manfred Engelbart und Bastian Fuhrken, wissen, was ich und der Trainerstab hier machen", sagte Riebau.