Etwas mehr als 800 Menschen sahen Ende Oktober 2020 den 3:1-Heimsieg des VfB Oldenburg gegen den BSV Rehden. Unter den Zuschauern im Marschwegstadion befanden sich damals auch der Sportliche Leiter Bastian Fuhrken und der Co-Trainer Malte Müller vom SV Atlas Delmenhorst. Den beiden hatte es ein Oldenburger besonders angetan: Nico Matern, der im defensiven Mittelfeld fast alles abräumte und dazu ein Tor vorbereitete. „Malte Müller und ich waren fasziniert von dem Spieler“, erzählt Fuhrken. „Ich habe gedacht, dass er ein Riesengewinn für unsere Mannschaft sein könnte, hätte aber nie geglaubt, dass ein Wechsel realistisch ist.“ Im Fußball ändern sich die Zeiten bekanntlich schnell, und etwas mehr als ein Jahr später hat Nico Matern beim SV Atlas unterschrieben.
Am Freitag gab der Fußball-Regionalligist den Wechsel mit sofortiger Wirkung bekannt. Der defensive Mittelfeldspieler erhielt einen Vertrag bis 2024. „Der Transfer dokumentiert unseren Anspruch in der Regionalliga“, sagt Fuhrken. Matern war im Sommer vom VfB Oldenburg zum FC Teutonia 05 Ottensen gewechselt. Der Hamburger Klub liegt in der Nord-Staffel der Regionalliga Nord aktuell auf dem dritten Platz. Matern absolvierte dort 14 Regionalliga-Partien (ein Tor) und zwei Spiele im Pokal (ein Tor). Allerdings kam der 29-Jährige in Ottensen oftmals nicht auf seiner Wunschposition im defensiven Mittelfeld zum Einsatz.
Großer Konkurrenzkampf im Zentrum
Beim SV Atlas ist er für die Sechser- oder die Achter-Position eingeplant. Der Konkurrenzkampf im zentralen Mittelfeld wird also angeheizt. Zuletzt spielten dort vor allem Oliver Schindler, Flodyn Baloki und Florian Stütz. Der verletzte Kapitän Nick Köster ist ebenfalls auf dieser Position beheimatet. Eigentlich hatten die Delmenhorster gar nicht unbedingt vor, sich im zentralen Mittelfeld zu verstärken. Priorität bei der Spielersuche hat nach dem Kreuzbandriss von Philipp Eggersglüß die Rechtsverteidigerposition. Doch dann machte Tobias Steffen, mit dem Matern in Oldenburg zusammenspielte, Fuhrken darauf aufmerksam, dass der Mittelfeldspieler Ottensen verlassen wolle. „Und wenn ein Spieler mit einer solchen Qualität mit einem sprechen will, muss man das machen.“ Es folgte ein Treffen mit dem Sportlichen Leiter, dem Vorsitzenden Manfred Engelbart und Trainer Key Riebau. „Da haben wir uns direkt super verstanden und viel gelacht“, erzählt Fuhrken.
Matern wollte zu Atlas, Atlas wollte Matern, und doch glaubte Bastian Fuhrken weiterhin nicht an einen Wechsel. „Teutonia hatte Nico gesagt, dass sie ihm keine Steine in den Weg legen, aber das behaupten viele und machen es dann doch nicht“, sagt Fuhrken. „Doch Teutonia hat Wort gehalten. Großen Respekt dafür.“ Für Nico Matern muss der SV Atlas somit keine Ablösesumme bezahlen. Zudem verzichtet der Mittelfeldspieler dem Vernehmen nach auf Geld, um in Delmenhorst spielen zu können. Der FC Teutonia, der von mehreren zahlungskräftigen Sponsoren wie etwa einem Hamburger Schifffahrtsunternehmer unterstützt wird, bezahlt nämlich gut.
Zweimal Training pro Tag
In Ottensen wird fast unter Profibedingungen gearbeitet. Morgens und abends stehen Einheiten auf dem Trainingsgelände des Hamburger SV in Norderstedt auf dem Programm. Für Nico Matern, der in Buxtehude wohnt, waren die Fahrten durch den Hamburger Berufsverkehr sehr zeitaufwendig. Nach Delmenhorst zu fahren sei für ihn angenehmer, berichtet Fuhrken. Aber nicht nur deshalb freut sich Matern auf seine neue Aufgabe und betont: „Ich will mit Atlas und den Kultfans den Verein weiter voranbringen. Als ich auf dem Handy nach unserem Spiel mit Teutonia sah, dass meine neuen Jungs das Ding gegen Werder gezogen haben, wäre ich am liebsten sofort nach Delmenhorst gefahren.“
Matern kann mit Atlas also im neuen Jahr in der Aufstiegsrunde spielen und trifft dort wohl auf seinen Ex-Klub Ottensen. Die Chancen auf einen Stammplatz bei Atlas dürften für ihn gut stehen. Er gilt als technisch beschlagener Spieler im Mittelfeldzentrum, der den Ball behaupten kann und zweikampfstark ist. „Wir sind schon stolz, dem Verein und unseren Fans vor Weihnachten noch solch ein kleines Geschenk machen zu können. Nico hat eine unglaubliche Ruhe unter Druck und besticht durch seine Qualitäten am Ball“, schwärmt Atlas-Trainer Riebau.
Schon für viele Vereine aktiv
Vor seiner Zeit in Ottensen und Oldenburg war Matern in den USA für den Zweitligisten Indy Eleven aktiv. In Deutschland ist der gebürtige Buxtehuder schon viel herumgekommen: Er spielte früher für den Wuppertaler SV, die SV Drochtersen/Assel, Hansa Rostock II, den FC Schönberg 95, den Buxtehuder SV sowie in der Jugend für den FC St. Pauli und den Halleschen FC.
Es ist die Vita eines Wandervogels, doch Bastian Fuhrken glaubt, dass Matern beim SV Atlas zumindest vorübergehend sesshaft werden könnte: „Zur Vertragsunterschrift hat er seine Frau und seine Eltern mitgebracht. Und er wird bald Papa. Ich denke schon, dass er länger bei uns bleiben könnte.“