Thies Libchen trat kurz vor Weihnachten als Coach zurück, Co-Trainer Stefan Neitzel ging ebenfalls. Da auf Funktionärsebene derzeit Durcheinander herrscht und unklar ist, ob und wenn ja wie es mit der HSG Delmenhorst insgesamt weitergeht, dürfte sich auch kaum ein Trainer finden, der für die kommenden Wochen und Monate einspringt. In Eigenregie haben nun Frederic Oetken, Jörn Janßen und Tim Coors das sportliche Ruder beim Oberligisten übernommen. Die drei Routiniers kommen gemeinsam auf mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung im Handball-Leistungsbereich, Erfahrungen als Trainer haben sie bislang jedoch keine relevante gesammelt. "Es ist eine Herausforderung", sagt Oetken.
Am Montag dieser Woche fungierten die drei Spielertrainer erstmals in ihrer Doppelfunktion in der Halle. "Im Vorfeld haben Jörn, Tim und ich uns besprochen, wie wir die Rollen verteilen wollen, damit die Last verteilt wird. Wir haben da schnell die gleiche Sprache gesprochen", berichtet Oetken. Mit den ersten Einheiten zeigte er sich zufrieden. "Die Jungs haben gut durchgezogen und die Beteiligung war hoch", sagt der Spielmacher. Er verhehlt jedoch nicht, dass Training leiten und selbst trainieren schwierig ist – zumal er selbst nach einer langwierigen Muskelverletzung in der Wade erst nach der Weihnachtspause wieder eingestiegen ist. "Die eigene Trainingsintensität leidet etwas. Das braucht man auch nicht wegdiskutieren. Man will natürlich selbst durchziehen, muss aber auch auf die anderen achten und gegebenenfalls eingreifen und korrigieren", erklärt er. Alle drei Spielertrainer sind nicht in Topverfassung: Oetken kommt aus einer Verletzung, Coors verpasste in dieser Saison bereits einige Spiele und Janßen sucht nach seinem Kreuzbandriss vor 18 Monaten und anschließenden Achillessehnenproblemen noch nach der körperlichen Topform. Viel hängt, das weiß Oetken, von der Bereitschaft der Spieler und der Stimmung ab. "Wir haben der Mannschaft gesagt, dass wir Konzentration und Disziplin verlangen, weil es sonst nicht geht. Wir können keine Nebengeräusche gebrauchen, die es noch schwerer als eh schon machen", sagt er.
Hoffnung auf Rückkehrer
In gut 14 Tagen geht es mit einem Nachbarschaftsduell beim HC Bremen weiter. Es folgt die Partie gegen den TuS Haren, der im Mittelfeld steht, bevor wegweisende Wochen anstehen: Die HSG trifft dann hintereinander auf den SV Beckdorf (einen Platz vor der HSG), den TSV Bremervörde (einen Platz hinter der HSG am Tabellenende) und daheim auf die notorisch auswärtsschwachen Rotenburger, die aktuell knapp vor der Abstiegszone rangieren. Auch wenn Oetken betont, dass nun 15 Endspiele anstehen und in der Liga fast jeder jeden schlagen kann und ohnehin jedes Spiel aufgrund des Einspielens und für Erfolgserlebnisse wichtig ist, haben die kommenden Wochen herausragende Bedeutung. Eben auch für die Stimmung und den Glauben, dass die Konstellation mit den drei Spielertrainern funktioniert. "Dass wir die Qualität haben, um in der Liga zu bleiben und es jedem Gegner schwer zu machen, davon bin ich überzeugt. Gerade, wenn alle fit sind – das war in dieser Saison leider noch nie so", meint Oetken. Er hoffe, dass die Zeit des notgedrungenen Experimentierens nun ende. "So viele Ausfälle wie in der Hinrunde hab ich persönlich noch nie erlebt", schildert er.
Klar ist, dass Dominik Ludwig und Kevin Larisch aufgrund von anstehenden Operationen diese Saison nicht mehr zum Einsatz kommen. Oetken ist wie Niklas Schanthöfer nun wieder ins Training eingestiegen. "Er fühlt sich gut. Es wäre wichtig, gerade für unsere Abwehr, dass er spielen kann", sagt Oetken. Jonas Pfeiffer kehrt nächste Woche nach Bänderriss zurück in den Trainingsbetrieb, Jonte Windels hat diesen Schritt nach mehrwöchigem Ausfall bereits getan. "Es ist auf jeden Fall gut, dass wir erst am 21. Januar und nicht nächste Woche schon spielen. So haben wir drei Wochen Zeit, vernünftig zu trainieren", sagt Oetken. Weiter an Bord sind die Torwarttrainer Sönke Schröder und Stefan Görtz, Physiotherapeut Markus Albers und Teambetreuer Marcian Markowski. "Das ist sehr, sehr wichtig für die Organisation und den Teamspirit", betont Oetken.
So bleibt den drei Spielertrainern das Sportliche, dazu gehört auch die Vorbereitung auf die Gegner. "Es wäre jetzt sinnlos, wenn man alles auf links dreht und den Handball neu erfinden will. Wir müssen uns auf uns konzentrieren. Wir wollen ein Abwehrsystem einstudieren und die Abläufe in der Offensive schärfen", blickt der Spielmacher voraus. Im Großen und Ganzen kenne man die Stärken und Schwächen der jeweiligen Gegner. "Wir werden auch Videos gucken und das einbauen. Aber wir haben mit uns erstmal genug zu tun und müssen unsere Sachen hinbekommen, bevor wir uns mit den Gegnern tiefergehend beschäftigen", meint Oetken. Generell kenne er, ebenso wie auch Janßen und Coors, die Liga gut. "Wir wissen, was uns erwartet. Es ist machbar, auch wenn die Saison lang und hart wird. Ein erstes Fazit kann man nach drei, vier Spielen ziehen. Eine Situation wie jetzt kennt niemand von uns", sagt Oetken.