Das Feuer lodert schon wieder. Wenn es beim Trainingsauftakt des SV Atlas Delmenhorst am Donnerstagabend ein vermeintliches Foul gab und Co-Trainer Florian Urbainski ließ das Spiel trotzdem weiterlaufen, dann wurde es sofort etwas lauter. 20 Spieler nahmen an der ersten Einheit des Fußball-Oberligisten in diesem Sommer teil, und sie präsentierten sich vor rund 30 Zuschauern auf dem Stadiongelände voller Tatendrang. "Die Jungs machen einen guten Eindruck. Alle haben offenbar die vorgegebenen Läufe in der Sommerpause absolviert, aber das haben wir auch erwartet", sagte Urbainski am Ende des rund 90-minütigen Trainings, das einige Gesprächsthemen bot.
Die Gastspieler: Vier Akteure trainieren momentan zur Probe mit, und dahinter stecken interessante Geschichten. Der Australier Prassidha Paudyal nahm etwa über die sozialen Medien Kontakt zum SV Atlas auf. "Ich weiß nicht, wie er auf uns gekommen ist, aber er hat eine sehr nette Nachricht geschickt", erzählte Bastian Fuhrken. Normalerweise sei er bei solchen Anfragen vorsichtig, aber bei Paudyal hatte der Atlas-Sportvorstand ein gutes Gefühl. Also erkundigte sich Fuhrken bei dessen bisherigem Verein SV Fortuna Magdeburg nach dem Offensivspieler und erfuhr, dass dieser dort einen sehr guten Eindruck in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt hinterlassen habe. 21 Einsätze und vier Tore weist die Statistik des Australiers auf. Bis Sonntag darf sich Paudyal nun bei Atlas im Training beweisen.
Etwas länger schon besteht der Kontakt zu Julian Quistorff. Der 20-jährige Stürmer erzielte zuletzt vier Tore in 23 Partien für den VfB Lübeck II in der Oberliga Schleswig-Holstein. Nach Delmenhorst gezogen ist Quistorff bereits, denn er beginnt eine Ausbildung bei den Stadtwerken. Da würde es für ihn perfekt passen, wenn er in seiner neuen Heimat weiterhin in der Oberliga spielen könnte. Zweimal trainierte Quistorff in der vergangenen Spielzeit schon mit, nun wollen ihn die Atlas-Verantwortlichen noch einmal genau unter die Lupe nehmen. Dass er zum SVA wechselt, sei denkbar, sagte Fuhrken.
Mit Rami Kanjo vom Landesliga-Absteiger SV Hansa Friesoythe trainiert ein weiterer Angreifer zur Probe mit. Der 23-Jährige traf in der abgelaufenen Serie fünfmal in 23 Spielen und sammelte auch schon Oberliga-Erfahrung. Sogar aus der vierten Liga kommt Gastspieler Mohammed Sultani vom SSV Jeddeloh. Der 20-jährige Linksverteidiger bestritt 14 Partien und traf dabei einmal für den Regionalligisten. Bei allen vier Gastspielern sei es möglich, dass Atlas sie fest verpflichte, betonte Fuhrken.

Mats Kaiser wurde am Rande der ersten Einheit als Atlas-Zugang vorgestellt.
Die Personalplanung: Sieben Zugänge hat Atlas in diesem Sommer bereits geholt, am Rande des Trainingsauftaktes wurde mit Mats Kaiser ein potenzieller Führungsspieler für das zentrale Mittelfeld präsentiert (wir berichteten). Drei bis vier weitere Neuverpflichtungen sollen laut Fuhrken noch dazukommen. Der Fokus liege auf der Offensive, denn für den Defensivbereich seien bereits mehrere Spieler geholt worden. Gut möglich, dass es noch dauert, bis der Kader komplett ist. "Momentan ist der Markt schwierig, viele Spieler schielen noch auf die Regionalliga. Daher kann sich das alles etwas hinziehen", erklärte Fuhrken.
Einen richtigen Unterbau gibt es bei Atlas nicht mehr, nachdem sich die bisherige zweite Mannschaft auflöste. Daher soll der Oberliga-Kader auf mindestens 25 Akteure vergrößert werden. "Wir müssen auf eine mögliche Verletztenmisere vorbereitet sein. Wenn alle fit sind, sitzen natürlich mehr Spieler auf der Tribüne, aber dadurch wird der Konkurrenzkampf angeheizt", sagte der neue Sportliche Leiter Stephan Ehlers. Wichtig sei es dabei, mit jedem Akteur offen über dessen Rolle im Team zu sprechen.

Torwart Luca Kemna wechselte vom SV Wilhelmshaven zum SV Atlas.
Der aktuelle Kader: 21 Spieler umfasst das Atlas-Aufgebot derzeit. Verletzte gebe es nicht, berichtete Fuhrken. Sogar Offensivspieler Keanu Rogmann, der die abgelaufene Saison verletzungsbedingt komplett verpasste, kann wieder voll mittrainieren. Beim Trainingsauftakt fehlten die Torhüter Damian Schobert und Dominick Auras sowie Josip Tomic, Philipp Eggersglüß, Tom Trebin und Leonit Basha. Sie alle sollen aber spätestens im Laufe der kommenden Woche in die Vorbereitung einsteigen. Verlassen werde Atlas nach jetzigem Stand kein Akteur mehr, wie Fuhrken versicherte.
Der fehlende Cheftrainer: Alle Spieler des Kaders sind fit, doch einen Ausfall gab es trotzdem, denn Atlas-Coach Dominik Schmidt fehlte beim Auftakttraining. Bei ihm besteht der Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall. "Natürlich wird er schmerzlich vermisst", betonte Co-Trainer Urbainski, der aktuell die Chefrolle innehat. Wie lange Schmidt ausfällt, ist noch offen. "Wir arbeiten eng zusammen, daher konnte ich schon viel von ihm lernen. Das hilft mir jetzt", sagte Urbainski. Viel Unterstützung bekomme er zudem vom restlichen Trainerteam. "Wir kriegen das alles hin, ich tausche mich täglich mit ,Dome' aus", erklärte Urbainski.
Der neue Sportliche Leiter: Offiziell beginnt Stephan Ehlers' Engagement beim SV Atlas erst am 1. Juli, doch der neue Sportliche Leiter ist schon seit etwa drei Wochen mittendrin. Eingearbeitet wird er von seinem Vorgänger Bastian Fuhrken, der als Sportvorstand zugleich Ehlers' Vorgesetzter ist. Der erste Eindruck von Atlas ist dabei durchweg positiv. "Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Der Verein ist für einen Oberligisten außergewöhnlich gut aufgestellt, was den Vorstand, den Staff und das ganze Drumherum angeht. Die Expertise ist aller Ehren wert", betonte Ehlers.

Sportvorstand Bastian Fuhrken stimmte die Spieler auf die neue Saison ein.
Für den 54-Jährigen geht es nun darum, auch die Spieler kennenzulernen. Der aktuelle Kader biete einen "sehr guten Grundstock". Einige Zugänge sollen noch kommen, und dabei will Ehlers helfen. Mehrere Gespräche mit Spielern habe er schon geführt. Ehlers war zuletzt Trainer beim Bezirksligisten TuS Obenstrohe, lernte beim VfB Oldenburg aber übergangsweise auch schon die Arbeit als Sportlicher Leiter kennen. "Den Perspektivwechsel habe ich jetzt bewusst vollzogen. Dass ich mich gut in die Rolle des Trainers hineinversetzen kann, ist sicher kein Nachteil", erklärte er.
Die Vereinslegende: Einige Zuschauer wunderten sich, als sie Dominik Entelmann auf dem Platz sahen. Will die 41-jährige Atlas-Legende noch einmal in der Oberliga angreifen? Dazu kommt es nicht, aber der Stürmer trainiert jetzt regelmäßig mit dem ersten Team. Der SV Atlas II, für den Entelmann zuletzt auflief, spielt künftig nur noch in einer unteren Kreisklasse, und das reicht ihm nicht, er will mehr trainieren. Den Verein wechseln wollte der Routinier aber auch nicht, sodass er sich mit Fuhrken darauf einigte, künftig mit dem ersten Team zu üben. Den Vorbereitungsplan für die Oberliga-Kicker arbeitete Entelmann, der topfit wirkt, pflichtschuldig ab. "Ich habe es zumindest versucht", scherzte er.