Es gibt Themen rund um Borussia Mönchengladbach, die derzeit deutlich heißer diskutiert werden als das DFB-Pokal-Spiel beim SV Atlas Delmenhorst, so ehrlich muss man sein. Das Sommerloch füllen die Fans des Fußball-Bundesligisten gerade mit Florian Neuhaus, der gut angeschickert am Ballermann einigen Fans vor laufender Smartphone-Kamera erzählte, dass er "eins, zwei, drei, vier Millionen" Euro im Jahr verdiene. Zumindest mit einem Auge blickte aber auch der eine oder andere Gladbach-Fan nach Delmenhorst, um die Suche nach einem Spielort zu verfolgen. Auf der Social-Media-Plattform X taten ein paar Borussia-Anhänger bereits ihre Ungeduld kund, als am Montag noch immer keine Entscheidung verkündet wurde. Seit Dienstagvormittag ist nun aber bekannt, dass der Oberligist Atlas den fünffachen deutschen Meister am 17. August im Oldenburger Marschwegstadion empfängt (15.30 Uhr).
Kevin Schulte, Journalist und Betreiber des Gladbach-Podcasts "Pfostenbruch", ist nah dran an der Fanszene der Fohlen. Er sagt: "In meinem Umfeld wurde die Entscheidung für Oldenburg positiv aufgenommen, weil es in Delmenhorst deutlich weniger Karten gegeben hätte. Die Erwartung ist jetzt, dass man an ein Ticket kommt, wenn man zu dem Spiel fahren möchte." Dass ins Marschwegstadion deutlich mehr Zuschauer passen als ins Delmenhorster Stadion war einer der Hauptgründe dafür, dass Atlas sich für Oldenburg als Austragungsort entschied. Bis zu 15.000 Fans können dort dabei sein.
Erste Pokalrunde ist bei Gladbach-Fans beliebt
Für Schulte ist klar, dass die Gladbach-Fans das Marschwegstadion fast alleine füllen könnten. "So viele Tickets, wie zu haben sind, werden auch verkauft", sagt er. "7500 ist das Minimum. Ich glaube, dass mindestens 8000 Gladbacher kommen, 10.000 Fans sind möglich." Die erste Pokalrunde erfreut sich bei den Gladbacher Anhängern traditionell großer Beliebtheit. Als Referenz dafür dient das Erstrundenspiel beim Delmenhorster Oberliga-Rivalen TuS Bersenbrück im August 2023. Den 7:0-Sieg der Borussia im Osnabrücker Stadion an der Bremer Brücke sahen 16.000 Zuschauer, darunter rund 10.000 Gladbach-Fans. "Das Spiel wurde an einem frühen Freitagabend um 18 Uhr angepfiffen. Für Leute, die am Freitag noch arbeiten mussten, war das keine ideale Anstoßzeit", sagt Schulte.
In Oldenburg wird nun an einem Sonntag ab 15.30 Uhr gespielt. "Diese Zeit passt vielen noch besser. Somit dürfte es auch keine große Rolle spielen, dass Oldenburg für die Gladbacher etwas weiter entfernt ist als Osnabrück, zumal es ja fast überall Borussia-Fans gibt", meint Schulte. Er persönlich hätte Delmenhorst als Spielort bevorzugt, "wenn mir jemand ein Ticket garantiert hätte". Im eher kleinen Düsternorter Stadion wäre eine Pokalatmosphäre wie früher aufgekommen, glaubt der Journalist. "Dort wäre sicher alles etwas kuscheliger. Früher gab es diese Pokalspiele auf kleineren Plätzen regelmäßig, inzwischen ziehen die kleineren Vereine ja immer in größere Arenen um, wenn sie auf große Traditionsklubs treffen."
Atlas-Sportvorstand Bastian Fuhrken erklärte, dass die Stadtverwaltung 7500 Zuschauer im Delmenhorster Stadion erlaubt hätte. Das wären immerhin 2500 mehr als beim DFB-Pokal-Duell zwischen Atlas und dem FC St. Pauli im August 2023 (0:5) gewesen, aber immer noch viel zu wenig, wie Schulte betont. "Bezüglich der Tickets wäre das ein Riesendrama geworden", glaubt er. Die Fans von St. Pauli erhielten 750 Karten für den Gästeblock. Die Gladbacher hätten wohl einige Tickets mehr bekommen, doch bei Atlas gingen sie in der Planung trotzdem davon aus, dass mehr Borussia-Fans nach Delmenhorst reisen würden als untergebracht werden können. Für die Anhänger ohne Karte hätte ein Public-Viewing-Bereich geschaffen werden müssen, sagte der Atlas-Vorsitzende Jörg Neunaber.
In Oldenburg besteht dagegen die Chance, dass alle Gladbach-Fans, die dabei sein wollen, auch ins Stadion kommen. Wie viele Tickets letztlich nach Mönchengladbach gehen und wie der Vorverkauf genau abläuft, ist noch in der Planung. Wie Fuhrken erklärte, müsse nun das Marschwegstadion sinnvoll aufgeteilt werden, sodass es Blöcke für die Gladbacher und Delmenhorster Anhänger sowie neutrale Zuschauer gebe. Möglicherweise müssten aus Sicherheitsgründen auch Bereiche frei gelassen werden, weshalb die Kapazität laut Fuhrken auf 13.500 Zuschauer sinken könnte.
Das besondere Pokalgefühl
Kevin Schulte will in Oldenburg gerne dabei sein. "Es ist ein Stadion, das man im Ligaalltag nicht sieht. Das Pokal-Feeling ist also ebenfalls gegeben", findet er. Für die Borussia ist es sogar eine Art Rückkehr, denn im Dezember 1973 gewannen die Gladbacher in der ersten DFB-Pokal-Runde vor 30.000 Zuschauern mit 6:0 beim VfB Oldenburg. Auch mit dem SV Atlas kreuzten sich bekanntlich schon einmal die Wege: Im Januar 1981 siegte Gladbach am heimischen Bökelberg im Pokal-Achtelfinale mit 6:1 gegen die Delmenhorster. Auf dieses besondere Duell aus der Vergangenheit wies der Bundesligist auf seiner Webseite nun auch noch einmal hin. "Es ist doch schön, dass zwei Vereine mit Tradition aufeinandertreffen", betont Schulte. "Für uns Gladbach-Fans ist das eine rundum schöne Geschichte. Es ist ein echtes DFB-Pokal-Spiel mit diesem Pokalfeeling."
Bei einer Austragung im Bremer Weserstadion wäre dieses besondere Erstrundengefühl nicht aufgekommen, glaubt er. Dort würden die Gladbach-Fans ohnehin einmal pro Jahr hinfahren. "Natürlich hätte sich in Bremen niemand Sorgen machen müssen, ob er ein Ticket bekommt. Mir hätte ein Spiel im Weserstadion aber nicht so gut gefallen. Ich finde es schon viel cooler, im Marschwegstadion zu spielen", sagt Schulte.
Auch wenn sich die Diskussionen der Fans aktuell eher um andere Themen drehten, freuten sich viele auf das Spiel gegen Atlas, berichtet der Gladbach-Experte. "Es ist ein Spiel, was Gladbach kaum verlieren kann. Diesen Schwung braucht die Borussia für eine schwierige Saison, die ihr bevorsteht. Hoffentlich wird es ein wunderbarer, sonniger Sonntag in Oldenburg mit guter Stimmung." In der Tat setzte sich im DFB-Pokal bisher erst einmal ein Fünftligist gegen einen Erstligisten durch: 2001 gewann der SSV Ulm mit 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg.
Insgesamt ist die Stimmung in Gladbacher Fankreisen nach dem enttäuschenden zehnten Platz in der Vorsaison allerdings eher negativ. Große Transfers, die für Euphorie sorgen könnten, gab es bisher auch nicht. Nachdem Atlas als Gegner feststand, reagierte manch einer daher eher mit beißender Ironie. Auf der offiziellen Facebook-Seite der Borussia waren Kommentare zu lesen wie "Hammerlos" oder "genau unser Kaliber".