Herr Erdogan, das Pokalspiel zwischen dem SV Atlas und Ihrem Klub Kickers Emden im Oktober 2023 haben Sie verletzt verpasst. Somit kehren Sie am Sonnabend erstmals nach Ihrem Abschied aus Delmenhorst ins Stadion an der Düsternortstraße zurück. Mit was für einem Empfang rechnen Sie?
Efkan Erdogan: Es wird ein normaler Empfang sein wie bei anderen Auswärtsspielen auch, denke ich. Ich sehe das als relativ normales Spiel an, es geht um drei Punkte. Sicherlich wird es Pfiffe gegen uns geben, das ist durch die Rivalität der beiden Vereine bedingt.
Für die Anhänger der Klubs ist es ganz sicher ein besonderes Spiel. Die Fanlager sind verfeindet, beim Hinspiel flogen Bierbecher in Richtung der Atlas-Spieler. Zwischen Emden und Delmenhorst geht es immer um viel Prestige. Woran merken Sie als Spieler, dass ein brisantes Duell bevorsteht?
Das war in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu merken. Von unseren Fans bekommen wir regelmäßig Sprüche zu hören. "Hauptsache, wir gewinnen gegen Atlas". "Das ist das wichtigste Spiel der Saison." So etwas wird uns oft gesagt. Die Fans brennen auf das Spiel, das wissen wir. Ein Sieg gegen Atlas ist für sie natürlich deutlich wichtiger als beispielsweise ein Sieg gegen Rotenburg. Für mich als Spieler ist das eine Zusatzmotivation und gibt mir noch einmal einen Extraschub. Für solche Derbys geht man auf den Platz.
Was für ein Spiel erwarten Sie?
Bei Atlas stehen viele gute Fußballer im Kader, ich kenne ja viele von ihnen. Das sind richtige Zocker, die gut mit dem Ball umgehen können. Dazu sind sie giftig und spielen robust. Beide Mannschaften wollen ganz gerne aufsteigen, solche Duelle sind immer hitzig. Ich denke aber, dass das Spiel am Sonnabend nicht nur ein Fight wird, sondern dass es auch gute fußballerische Elemente zu sehen gibt. Beide Teams sind spielerisch stark. Ich hoffe auf viele Zuschauer, dann macht es noch mehr Spaß.
Ist Atlas der härteste Emder Rivale im Kampf um die Oberliga-Meisterschaft?
Atlas ist gut aufgestellt und einer unserer härtesten Rivalen im Titelkampf. Es gibt aber auch noch ein paar andere Mannschaften, die oben mitmischen. Bersenbrück und Egestorf-Langreder haben wir ebenfalls auf dem Zettel.
Nach einem durchwachsenen Saisonstart hat sich der SV Atlas zuletzt durch zehn Siege in elf Ligaspielen auf den dritten Platz vorgekämpft. Hat Sie die Delmenhorster Aufholjagd überrascht?
Nein, davon war ich gar nicht überrascht. Ich hatte Atlas schon früher dort vorne erwartet. Für mich war von vornherein klar, dass Atlas oben mitspielen wird.
Haben Sie noch viel Kontakt nach Delmenhorst?
Ganz so viel Kontakt gibt es nicht mehr. Mit dem einen oder anderen bei Atlas tausche ich mich noch aus, aber das passiert nicht täglich. Gelegentlich hört man was. Nicolas Fenski und Phil Gysbers (zwei Spieler des SV Atlas, Anm. d. Red.) treffe ich regelmäßig, weil sie ebenfalls an der Uni Oldenburg studieren. In der vergangenen Woche habe ich sie dort zuletzt gesehen, da haben wir natürlich auch kurz über das Spiel gesprochen, aber nicht so ausführlich, weil es ja noch etwas hin war.
Warum haben Sie sich damals für einen Wechsel nach Emden entschieden?
Das Projekt an sich war entscheidend für mich. Was Kickers schon auf die Beine gestellt hat und noch vorhat, hat mich überzeugt. Dazu kommt, dass ich viele Jungs aus der Mannschaft von früher kenne. Es sind viele alte Freunde dabei, mit denen ich schon beim VfB Oldenburg zusammengespielt habe.
War der Wechsel rückblickend die richtige Entscheidung?
Ja, ganz klar. Sportlich läuft es, Gott sei Dank, sehr gut. Man darf nicht vergessen, dass wir eine komplett neu zusammengestellte Truppe waren. Es war eine Wundertüte. Dass wir uns derart gut verstehen, hätte anfangs keiner gedacht. Wir wollen definitiv aufsteigen.
Kickers Emden hat viel finanziellen Aufwand betrieben, sich sehr namhaft verstärkt und gilt als Übermannschaft der Oberliga. Was macht Ihr Team so stark?
Wir sind nicht nur eine Mannschaft, sondern auch Familie und Freunde. Das macht uns stark. Wir kommen über die Geschlossenheit und sind eine super Truppe. Wir verstehen uns nicht nur auf dem Platz, sondern auch neben dem Platz. Solch einen Zusammenhalt wie jetzt habe ich das letzte Mal erlebt, als ich für Drochtersen/Assel gespielt habe.
Sie persönlich haben wegen eines Kreuzbandrisses den kompletten ersten Saisonteil verpasst. Nach der Winterpause wurden Sie nun viermal eingewechselt. Auf welchem Leistungsstand sind Sie?
Ich bin fit und voll einsatzfähig. Das Knie hält. Jetzt geht es darum, dass ich mich an die Mannschaft annähere und Minuten sammele. Ein Kreuzbandriss ist mit die schwerste Verletzung, die man haben kann. Dass ich nach einem halben Jahr schon wieder spielen konnte, ist ohnehin krass. Durch Spielpraxis will ich nun an meine alte Leistungsfähigkeit anknüpfen. Und gegen Atlas würde ich natürlich besonders gerne mitspielen, gegen den Ex-Verein will man immer auf dem Platz dabei sein.
Bei Atlas waren Sie zunächst als Mittelfeldspieler eingeplant, wurden dann aber vor allem als Innenverteidiger gebraucht. Wie sieht Ihre Rolle in Emden aus?
Reingekommen bin ich zuletzt als zentraler Mittelfeldspieler. Das lag aber auch daran, dass man in der Abwehr eher nicht auswechselt. Für welche Position ich langfristig eingeplant bin, müssen wir noch besprechen. Grundsätzlich kann ich aber beide Positionen spielen.
Am Ende des vergangenen Jahres war die Zukunft von Kickers Emden ungewiss. Der Klub bat um Spenden, um Altschulden abzubauen. Der Ausstieg des strategischen Partners und Managers Henning Rießelmann stand im Raum. Hat die ganze Unruhe die Mannschaft beeinflusst?
Nein, das hat uns nicht beeinflusst, weil wir nicht viel damit zu tun hatten. Wir wurden da etwas außen vor gelassen, und das war auch genau richtig. Als Mannschaft müssen wir schließlich unseren Job auf dem Feld erfüllen und sind für das Sportliche zuständig.
Inzwischen hat sich die Lage in Emden wieder konsolidiert, und es steht fest, dass Henning Rießelmann weitermacht. Wie wichtig ist er für die Mannschaft?
Er ist für den kompletten Verein wichtig. Ohne ihn wäre all das nicht möglich, was hier gerade entsteht. Mit der Mannschaft redet er regelmäßig, es ist ein sehr entspannter Umgang.
Abschließende Frage: Im Sommer sind Kickers Emden und Atlas Delmenhorst zusammen aus der Regionalliga Nord abgestiegen. Wie realistisch ist es, dass beide Klubs in der neuen Spielzeit wieder in der vierten Liga antreten?
Ich würde es mir jedenfalls sehr wünschen. Wenn beide aufsteigen, das würde mich wirklich am meisten freuen. Es wäre optimal, das Derby auch in der vierten Liga zu haben. Natürlich wollen und werden wir den ersten Platz nicht mehr hergeben, aber Atlas hat ganz sicher die Qualität, um Platz zwei zu erreichen und dann die Relegation zu schaffen.