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Fußball-Oberliga Wie es zum Wechsel von Tobias Fagerström zum SV Atlas Delmenhorst kam

Er durchlief alle finnischen Jugend-Nationalteams und war für einen Erstligisten aktiv, dann entschied sich Tobias Fagerström für einen Wechsel in die Oberliga zum SV Atlas Delmenhorst. Was dahintersteckt.
05.08.2024, 19:20 Uhr
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Wie es zum Wechsel von Tobias Fagerström zum SV Atlas Delmenhorst kam
Von Christoph Bähr

Telefonate und Videokonferenzen über Ländergrenzen hinweg, E-Mails auf Englisch, ein internationaler Transfer, dazu ein Wettlauf gegen die Zeit – ein wenig ging es beim SV Atlas Delmenhorst in der vergangenen Woche zu wie im stets aufgeregten, hektischen Profigeschäft während der Transferphase. Am Ende klappte alles wie gewünscht: Tobias Fagerström wechselte vom finnischen Fußball-Erstligisten Ekenäs IF zum deutschen Oberligisten SV Atlas und war bereits am Sonnabend gegen den BSV Rehden (5:1) spielberechtigt. "Wir haben uns sehr über seine Zusage gefreut", betont Sportvorstand Bastian Fuhrken. Es war eben alles andere als ein alltäglicher Transfer. Ein ehemaliger Junioren-Nationalspieler, der mit 24 Jahren im besten Fußballeralter ist, wechselte aus der Eliteliga seines Heimatlandes in die deutsche Fünftklassigkeit. Wie kam es dazu?

Auf der Liste stand Fagerström bei Atlas schon seit einigen Jahren. Als die Blau-Gelben in der Regionalliga spielten, war der finnische Stürmer für die Ligarivalen Hamburger SV II und Teutonia Ottensen aktiv. "Wir hatten schon mal Kontakt zu ihm, als Key Riebau noch unser Trainer war. Seitdem haben wir ihn immer im Auge gehabt", erzählt Fuhrken. In diesem Sommer kam der erneute Kontakt nun über die Spielerberater-Agentur DLT Sports Group aus Hamburg zustande. Dort arbeitet der Delmenhorster Kevin Kyei, mit dem sich Fuhrken regelmäßig austauscht. Als es in einem Gespräch um Tobias Fagerström ging, war für den Atlas-Sportvorstand sofort klar: "Das ist unrealistisch für alle Seiten."

Torschütze im Pokal

Als Ekenäs IF den Erstliga-Aufstieg schaffte, kam Fagerström in 26 Pflichtspielen zum Einsatz, schoss dabei zwei Tore und bereitete zwei Treffer vor. Der Klub aus dem Süden Finnlands tritt in der laufenden Spielzeit in der ersten Liga an, der Veikkausliiga. Nach 18 absolvierten Partien liegt der Aufsteiger Ekenäs auf dem letzten Platz und steuert auf die Abstiegsrunde zu. Fagerström kam in der ersten Liga in dieser Saison nur zu fünf Kurzeinsätzen. Im Pokal durfte er immerhin länger spielen, traf unter anderem in der dritten Runde beim 11:0 gegen Tampere United II. Insgesamt aber erhielt Fagerström zuletzt nur wenig Spielpraxis, was ein Grund für seinen Wechsel ist.

Zudem ist die finnische Eliteliga natürlich nicht mit den europäischen Topligen zu vergleichen. "Ich habe mich auch gefragt, ob ein Spieler aus der ersten Liga Finnlands in die Oberliga wechseln sollte. Also habe ich einmal nachgeschaut und gesehen, dass Tobias' Ex-Verein vom Kaderwert her etwa auf einem Level mit dem VfB Oldenburg liegt", sagt Fuhrken. 1,85 Millionen Euro sind die Spieler von Ekenäs IF laut "transfermarkt.de" zusammengerechnet wert. Beim Regionalligisten Oldenburg stehen 1,69 Millionen Euro zu Buche. Fagerströms Marktwert liegt übrigens bei 25.000 Euro.

Freundin lebt in Hamburg

Ganz wichtig für den Fagerström-Deal war seine Freundin, die in Hamburg lebt. "Aus Delmenhorst ist man schnell in Hamburg. Das war ein großes Faustpfand", unterstreicht Fuhrken. Der neue Atlas-Stürmer wohnt nun mit seiner Partnerin in der Elbmetropole und hat mit Unterstützung der Blau-Gelben zusätzlich eine Bleibe in Delmenhorst gefunden.

Um den 24-Jährigen auch sportlich vom SV Atlas zu überzeugen, erhielt er Videos über die Spielweise und die Ziele der Blau-Gelben. "Natürlich waren ihm auch die sportlichen Aspekte sehr wichtig", sagt Fuhrken. Auf die verschickten Videos folgte ein Zoom-Meeting. Fagerström saß in Finnland, Atlas-Trainer Dominik Schmidt in Delmenhorst und der Sportliche Leiter Stephan Ehlers schaltete sich aus seinem USA-Urlaub zu. "Die Drei haben sich sehr gut verstanden, wie mir berichtet wurde", erzählt Fuhrken. Aus seiner Zeit in der HSV-Reserve konnte sich Fagerström auch noch gut an das Delmenhorster Stadion erinnern. Fuhrken: "Er war gegen uns zwar nicht im Kader, aber war als Zuschauer dabei. Die Stimmung ist ihm positiv im Gedächtnis geblieben."

Ablösefreier Wechsel

Am 27. Juli gab Fagerström dem SV Atlas seine Zusage. Es blieb eine Woche bis zum Rehden-Spiel, also musste alles schnell gehen, damit er beim Saisonauftakt dabei sein kann. "Zuerst galt es zu klären, ob er aus seinem Vertrag herauskommt. Zum Glück war sein Ex-Verein sehr kooperativ", sagt Fuhrken. Die E-Mail-Kommunikation mit Ekenäs IF lief schnell und reibungslos, der finnische Erstligist legte dem Stürmer keine Steine in den Weg. Fagerströms Vertrag wurde aufgelöst, er konnte somit ablösefrei nach Delmenhorst wechseln.

Es folgten die Formalien. "Das war ein internationaler Transfer, der erst einmal über die Fifa läuft. Der Deutsche Fußball-Bund und der finnische Verband mussten den Wechsel bestätigen. Schließlich konnten wir alle Unterlagen beim Niedersächsischen Fußballverband einreichen", schildert Fuhrken. Dabei half ihm, dass er mit internationalen Transfers bereits Erfahrung hat. Mustafa Azadzoy kam aus Thailand zum SV Atlas, Willem Hoffrogge aus den Niederlanden, Rico Sygo aus Österreich. "Bei Azadzoy hat das alles sieben Tage gedauert, bei Hoffrogge und bei Sygo vier Tage. Bei Tobias Fagerström war jetzt alles innerhalb von 24 Stunden bearbeitet. So konnten wir die Spielgenehmigung noch rechtzeitig bekommen", sagt Fuhrken und fügt hinzu: "Das war schon mit viel Anspannung verbunden, der vergangene Freitag war ein krasser Tag."

Konkurrenzkampf im Atlas-Sturm

Am Donnerstag war Fagerström bereits aus Finnland in Hamburg eingetroffen. Am Freitag holte ihn Teammanager Benno Urbainski dort ab. Am Sonnabend wurde er als Atlas-Zugang verkündet, stand im Kader gegen Rehden und durfte beim 5:1-Kantersieg 28 Minuten lang mitspielen. Man dürfe aber nicht sofort zu viel von dem 24-Jährigen erwarten, betont Fuhrken. Fagerström durchlief alle Jugend-Nationalteams und bringt Erfahrung aus der ersten finnischen Liga sowie der deutschen Regionalliga Nord mit (18 Spiele, sieben Tore). "Er muss sich aber erst einmal bei uns integrieren. Wenn das schnell gelingt, kann er einen großen Mehrwert für uns bringen. In seiner HSV-Zeit hat man gesehen, was für ein starker Spieler er ist", sagt Fuhrken.

Der 1,75 Meter große Fagerström ist Mittelstürmer und kann auch als Linksaußen eingesetzt werden. Durch die neue Nummer neun des SV Atlas hat sich der Kampf um die Stammplätze in der Offensive noch einmal verschärft. Gegen Rehden glänzten die drei Angreifer Steffen Rohwedder, Marcel Marquardt und Sinan Brüning allesamt mit Toren. "Wir haben den Konkurrenzkampf, den wir wollen", hält Fuhrken zufrieden fest.

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