Angler sollten die Ochtum derzeit meiden. „Wir haben den Fluss vorsorglich gesperrt und empfehlen, dort nicht zu angeln“, erklärt Detlef Roß, Vorsitzender des Delmenhorster Fischereivereins, der rund 1000 Mitglieder hat. Der Grund dafür ist, dass die Bremer Gesundheitsbehörde den Fisch in der Ochtum als gesundheitsschädlich einstuft. Es gebe eine hohe Belastung des Wassers mit der chemischen Verbindung Perfluoroctansulfonsäure, die der Bremer Flughafen bis 2003 als Löschschaum verwendet hat und, der vom Airport-Areal in die Ochtum gelangt ist.
„Das Umweltressort untersucht regelmäßig Gewässer. Als man in der Ochtum einen erhöhten Wert festgestellt hat, wurde ein Fisch geangelt und getestet“, erklärt Christina Stelzer, Sprecherin des Gesundheitsressorts. Ihre Behörde habe daraufhin die Ergebnisse mit den Richtwerten der EU verglichen und sprach eine Verzehrwarnung für alle Fische aus der Ochtum aus, auch wenn bislang nur eine Fischart, nämlich das Rotauge, untersucht wurde. Vor einigen Monaten wäre dieses Urteil noch anders ausgefallen. Denn erst zum Jahresende 2018 hatte die EU die Richtlinie noch einmal verschärft. „Nach den alten Richtwerten wäre der Fisch okay gewesen“, erläutert Stelzer. Die Empfehlung sei auch nur vorsorglich ausgesprochen worden. „Wenn man den Fisch isst, besteht keine akute Gesundheitsgefährdung“, fügt die Sprecherin hinzu. Es werde auch noch weitere Untersuchungen geben. Diese nimmt eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe vor.
Noch vor dem Start der Angelsaison wollten das Bremer Gesundheits-, Wirtschafts- und Umweltressort die betroffenen Fischereivereine darüber informieren. „Das ist uns wichtig. Wir wollten nicht, dass es die Fischer aus der Zeitung erfahren“, sagt Stelzer. Deshalb wurde am Mittwoch zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Kritik an Kommunikationspolitik
Die Art und Weise, wie die Bremer Behörden die Fischer informiert haben, bezeichnet der Vorsitzende des Delmenhorster Fischereivereins jedoch als „stümperhaft“. Viel zu lange habe man sich damit Zeit gelassen. Detlef Roß befürchtet, dass das Thema bewusst „auf kleiner Flamme gehalten werden soll“. Vor rund sechs Wochen habe er einen Anruf aus einer Bremer Behörde bekommen, die ihn informierte, dass es eine Informationsveranstaltung wegen der Ochtum und deren Belastung geben soll. „Da habe ich mir erst einmal nichts weiter bei gedacht“, erzählt Roß. Diese Veranstaltung war für den 8. März anberaumt, wurde aber abgesagt. Krankheitsbedingt, wie die Sprecherin des Gesundheitsressorts betont. „Dann passierte zwei Wochen nichts“, berichtet Roß. Erst in der vergangenen Woche habe er die Einladung zu der Info-Veranstaltung am Mittwochnachmittag bekommen. Stutzig wurde der Vorsitzende des Delmenhorster Fischereivereins, als er ein internes Schreiben las, das dieser E-Mail angehängt war: „Unter Punkt zehn stand die Frage: Kann man den Fisch aus der Ochtum noch essen? Die Antwort direkt darunter lautete: Aufgrund der Belastung ist davon abzuraten.“
Bei einem Blick auf den Verteiler der E-Mail stellte Detlef Roß außerdem fest, dass einige seiner Ansicht nach wichtige Betroffene nicht eingeladen wurden. Es fehlten etwa der Ochtumverband, der Fischereiverband Weser-Ems und auch die Stadt Delmenhorst. Was die Verwaltung der Delmestadt in einem Schreiben bestätigt. Von der Belastung mit einer als gesundheitsschädlich geltenden chemischen Verbindung habe die Stadt Delmenhorst von dritter Seite sowie aus Medienberichten erfahren. „Von der Stadt Bremen wurde sie dazu bislang nicht informiert“, teilt die Stadtverwaltung mit. Auf eigene Initiative nahmen Vertreter der Delmenhorster Stadtverwaltung am Mittwoch an einer Informationsveranstaltung in Bremen teil.
Auch Detlef Roß ließ sich die Veranstaltung nicht entgehen. Viele Fragen brannten ihm auf der Seele, auf die er sich eine Antwort erhoffte. Vergebens. „Es war ernüchternd und enttäuschend“, lautet sein Fazit. Er spricht den Organisatoren nicht ab, dass sie sich nicht bemüht hätten: „Doch das hilft in der Sache nicht.“ So seien zwar die Hintergründe für die Untersuchung erklärt worden, eine Lösung für das Problem habe man jedoch nicht bekommen. „Kurzfristig ist nichts möglich, wurde uns gesagt“, berichtet Roß.
Kritik übt der Vorsitzende des Delmenhorster Fischereivereins auch an den Untersuchungen, die die Bremer Behörden veranlasst haben. Denn diese seien nur von der Grollander Ochtum bis zur Huchtinger Landstraße erfolgt. „Was ist mit dem Rest der Ochtum?“, fragt sich Roß. Als Antwort habe er zu hören bekommen: „Das ist nicht mehr Bremer Gebiet.“ Hier sei Niedersachsen zuständig. „Sie haben aber mit Niedersachsen noch gar nicht gesprochen“, erklärt Roß, der sich gemeinsam mit Kollegen vom Fischereiverband Weser-Ems für Untersuchungen auf niedersächsischer Seite einsetzt. Roß hegt jedoch zumindest für den Teil der Ochtum, den sein Verein gepachtet hat, die Hoffnung, dass diese nicht belastet ist. Denn dieses fängt in Strom rund 100 Meter von der dortigen Feuerwehr entfernt an. „Das ist ein Tidegewässer – zweimal am Tag wird das Wasser komplett ausgetauscht“, erläutert der Vorsitzende des Delmenhorster Fischereivereins. Bis klare Ergebnisse vorliegen, wird der Delmenhorster Fischereiverein jedoch weiterhin empfehlen, nicht in der Ochtum zu angeln. Damit ist auch das geplante Anfischen zum Start in die Angelsaison in Gefahr. Eigentlich hätte dies Karfreitag, 19. April, an der Ochtum passieren sollen. So wie es Tradition ist. Nun wird der Verein wahrscheinlich auf ein anderes Gewässer ausweichen müssen. Das ist grundsätzlich kein Problem. Der Verein nutzt auch andere Gewässer. Die Ochtum ist jedoch das Hauptangelgebiet.