Bisher war für die politisch gewollte Wiederaufnahme der Trinkwasserförderung in Delmenhorst von Neubaukosten in Höhe von rund 20 Millionen Euro ausgegangen worden. Jetzt ist wohl mit einer Verdoppelung der Investitionssumme zu rechnen: Frank Urban vom Ingenieurbüro H2U stellte Dienstagabend im Umweltausschuss eine aktualisierte Planung mit Kostenschätzung vor.
Für neue Förderbrunnen und den Gebäudeersatzbau am Standort in den Graftanlagen wurden zwei Varianten ausgearbeitet, die mit 38 und 36,5 Millionen Euro Investitionskosten zu Buche schlagen. Urban geht von einer Umsetzung, beginnend mit der Pilotierung in diesem Jahr über die Baugenehmigung in 2026 bis zum Baubeginn in 2027 und der Inbetriebnahme Ende des Jahres 2028 aus. Dieter Meyer, Prokurist bei den Stadtwerken Delmenhorst (SWD), verwies vor den Kommunalpolitikern darauf, dass zu erwarten sei, dass die genannten Kosten noch steigen würden, Preistreiber dafür sei auch das vom Bundestag beschlossene 500-Milliarden-Sanierungspaket. Ausschussmitglied Uwe Dähne (Grüne) schätzte die zu erwartende Kostensteigerung auf jährlich sieben Prozent. Aus den 38 bis 37,5 Millionen Euro würden dann leicht 40 bis 42 Millionen Euro werden.
Dähne fragte, wie sich beim vorgestellten Investitionsbedarf der Wasserpreis entwickeln müsste. Für einen Vier-Personen-Haushalt schätzte Dieter Meyer die Steigerung auf rund 200 bis 300 Euro pro Jahr. "Wie sollen wir das den Verbrauchern erklären?", fragte Murat Kalmis (FDP).
Kosten sind höher als am Standort Annenheide
Im Zusammenhang der steigenden Kosten ist auch der Zustand des Rohwassers in der Graft zu nennen: "Anspruchsvoll" nannte Urban die Wasserförderung an dieser Stelle und dachte an den hohen Aufwand der Wasseraufbereitung. Er bestätigte eine Frage von Ausschussmitglied Gerd Turowski, dass die Kosten der Wasserförderung aus der Graft teurer seien als die Kosten, die dafür beim Wasserwerk in Annenheide aufzuwenden sind.
Für Turowski ist die Wasserförderung aus der Graft auch deswegen "ein Irrweg". Er wiederholte seine Bedenken, wonach das neue Wasserwerk nur benötigt werde, um eine Restmenge Trinkwasser zu fördern, die bisher vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverand (OOWV) geliefert werde. Man müsse sich auch noch über die Rahmenbedingungen der Trinkwasserförderung im Klaren werden: Es fehle eine Prognose zur Bevölkerungsentwicklung und eine Einschätzung über den künftigen Trinkwasserverbrauch. Der werde sich auch durch europäische Anforderungen nach unten korrigieren, aus Brüssel werde verlangt, alle Möglichkeiten ins Auge zu fassen, den Wasserverbrauch zu verringern. Den Aufwand, jetzt 40 Millionen Euro Investitionen einzusetzen, nannte Turowski verantwortungslos. Das Projekt dürfte einer vom Land vorgeschriebenen Kosten-Nutzen-Analyse nicht standhalten. Delmenhorst werde "mit Pauken und Trompeten untergehen".
Rohwasser muss aufwendig aufbereitet werden
Die möglichen Filterungsverfahren sollen in der Pilotierungsphase im Modell ausgetestet werden, sagte Urban. Zusätzlich zur Problematik der Enteisung würden auch PFAS-Stoffe die Wasserqualität negativ beeinträchtigen. In der vom Ingenieurbüro vorgeschlagenen Variante eins würden solche Stoffe mit Aktivkohle herausgefiltert und verbrannt werden. Die andere Variante sieht eine Ableitung eines belasteten Restwasserstroms übers Abwasser vor. Dagegen äußerte Helmut Blauth, beratendes Ausschussmitglied, Bedenken. Eine weitere Reinigung vorzunehmen, würde aber weitere Investitionskosten verursachen, antwortete Urban.
CDU-Ausschussmitglied Jürgen Waßer fragte nach den laufenden Kosten, die über die Investitionen hinaus auf die Kunden umgelegt werden müssten. Uwe Dähne wollte von Stadtwerke-Prokurist Meyer wissen, ob das Versorgungsunternehmen Alternativen zur Trinkwasserförderung in der Graft geprüft habe. "Nein", sagte dieser, man habe sich an die Anweisungen durch Stadtrat und SWD-Gesellschafterversammlung gehalten und nur dieses Projekt geprüft.