Am Abend durften sie ihren vorzeitigen Klassenerhalt in der Frauen-Bundesliga bejubeln – doch ein entspannter Sonntag-Nachmittag war es vorher für Werders Fußballerinnen nicht. Nachdem die Bremerinnen den Spieltag am Freitagabend mit einer 0:4-Niederlage in Hoffenheim eröffnet hatten, waren sie auf die Ergebnisse der Konkurrenten angewiesen, um schon vor dem letzten Saisonspiel am kommenden Sonntag (14 Uhr) gegen Leverkusen gesichert zu sein. Die Lage war eigentlich sehr günstig, denn es gab gleich drei Optionen: Köln durfte nicht in Freiburg gewinnen, das hätte schon gereicht. Oder Duisburg hätte in Essen verlieren müssen. Oder Aufsteiger Meppen hätte gegen Meister Wolfsburg verlieren müssen. Doch es wurde überraschend knifflig…
Der verrückte Sonntag: Gleich im Mittagsspiel gab es den ersten Dämpfer für die Bremer Fans, denn Außenseiter Köln gewann in Freiburg mit 3:1. Also musste Werder auf die beiden 16-Uhr-Spiele von Duisburg und Meppen hoffen. Die Mannschaft und Trainer Thomas Horsch versammelten sich auf Platz 11 im Mediencontainer und schauten gemeinsam die Spiele. Es wurde verrückt. Duisburg verlor nicht, sondern holte in Essen ein 0:0. Blieb also noch Meppen, das gegen den Favoriten Wolfsburg verlieren musste. Doch Meppen führte bis zur 63. Minute mit 1:0 und ging auch in der 84. Minute wieder mit 2:1 in Führung. Nach dem Ausgleich kurz vor Schluss erlöste Nationalspielerin Alexandra Popp die Bremerinnen mit dem Siegtor zum 3:2 in der vierten Minute der Nachspielzeit. Werders Tuana Keles jubelte: „Ich werde Poppi die Schuhe küssen!“
Die schwere Saison: Horsch sprach nach dem Klassenerhalt von „Mentalitäts-Biestern“ und meinte das als allergrößtes Lob für seine Spielerinnen. Denn diese Saison hätte bitter ausgehen können. Lange stand Werder weit unten im Keller. Die Mannschaft bekam in der Hinrunde zwar viel Lob für ihren stark verbesserten Fußball, sie holte aber kaum Punkte. Werder blieb bis Februar sieglos und galt vielen mit vier Pünktchen als sicherer Absteiger. Horsch: „Ich muss der Mannschaft ein riesiges Kompliment machen, dass sie trotzdem immer an unseren Plan geglaubt hat und auch daran, dass sich die ganze Arbeit auszahlt.“ Im Februar gab es zum Hinrunden-Ende in Leverkusen den ersten Sieg, seither kamen sensationelle 21 Punkte zusammen, die nun vorzeitig zum Klassenerhalt reichten. In der Rückrundentabelle rangiert Werder schon jetzt mit 14 Punkten auf dem sechsten Platz. Dem Druck dermaßen standgehalten zu haben, spricht ebenfalls für die Mentalität der Mannschaft, auch wenn es zuletzt spielerisch dünn wurde. Horsch: „Die Spielerinnen wollten unbedingt in dieser Liga bleiben. Es war ein sehr hartes Stück Arbeit. Aber der Klassenerhalt ist sehr verdient.“ Abteilungsleiterin Birte Brüggemann betonte: "Wir sind sehr glücklich, dass wir auch unser Ziel erreicht haben, mehr Punkte als je zuvor zu holen."
Die Zukunftsperspektive: Ausgerechnet jetzt abzusteigen, wo die Frauen-Bundesliga boomt und im November mehr als 20.000 Zuschauer das Heimspiel im Weserstadion gegen Freiburg zelebrierten – das hätte Werder erheblich zurückgeworfen. Nun sind die Aussichten besser: Werder kann weiter organisch wachsen. Zuletzt machten Neuzugänge wie Saskia Matheis, Hanna Nemeth, Chiara Hahn oder Michaela Brandenburg die Mannschaft besser. Gelingt das trotz bescheidener Mittel weiter, könnten sich Werders Frauen dauerhaft in etablieren – auch wenn immer mehr große Vereine in die Bundesliga drängen, wie nun RB Leipzig.
Die Personalplanungen: Werders Weg soll fortgesetzt werden, den Stamm zu behalten und gezielt zu verstärken. Viele Spielerinnen haben ihre Verträge verlängert (darunter Michelle Ulbrich, die verletzte Reena Wichmann, Rieke Dieckmann und Michelle Weiß). Nur eine Stammspielerin geht: Torhüterin Anneke Borbe wechselt zum VfL Wolfsburg. Wie es mit Winterneuzugang Stefanie Sanders weitergeht, ist offen: Ihr Vertrag läuft aus, ein Tor gelang der Stürmerin bisher nicht, was auch an der noch fehlenden körperlichen Verfassung für Leistungssport auf diesem Niveau liegt. Käme sie in Form, wäre sie eine Verstärkung, und dann würde ein neuer Vertrag Sinn machen. Findet Werder eine Alternative, greift der Verein zu.
Das Ziel für die neue Saison: Der Klassenerhalt ist erneut das Ziel. Gerne etwas früher, sagen sie im Verein, das wäre schon ein Erfolg. Die Punkte aus der erfolgreichen Rückrunde für die nächste Saison hochzurechnen und von mehr zu träumen, hält Horsch für falsch: „In dieser Liga mit zwölf Mannschaften sind die Top-4 eigentlich gesetzt, zwei steigen ab. Das heißt, es gibt nur noch sechs weitere Plätze. Da wollen wir dabei sein und die Lücke nach oben gerne etwas schließen.“ Dass Werder nicht den Kader für größere Ambitionen hat, wurde auf der Zielgerade der Saison deutlich. Krankheits- oder verletzungsbedingt wurde die Personaldecke dünner, gerade junge Spielerinnen wie die begabten Maja Sternad oder Tuana Keles kamen an ihr Belastungslimit. Wichmann wird nach ihrem Kreuzbandriss lange fehlen, bei Jasmin Sehan steht eine OP bevor.