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Frauen-Bundesliga Werders wundersame Wandlung

Vom Abstiegskandidaten zum ernsthaften Anwärter auf das obere Drittel: Werders Frauen-Bundesliga-Team hat in nur einem Jahr eine erstaunliche Wandlung vollzogen. Doch was steckt hinter dieser Erfolgsgeschichte?
09.02.2024, 16:30 Uhr
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Werders wundersame Wandlung
Von Jean-Julien Beer

Normalerweise benötigt eine Fußballmannschaft ein paar Jahre, um sich von einem sicheren Abstiegskandidaten zu einem ernsthaften Anwärter auf das oberezu entwickeln. Werders Frauen schafften das in exakt zwölf Monaten: Vor einem Jahr standen sie noch sieglos und weit abgeschlagen auf einem Abstiegsplatz der Bundesliga. An diesem Sonnabend aber würden sie mit einem Sieg bei der TSG Hoffenheim (Anstoß 12 Uhr) auf den vierten Tabellenplatz vorstoßen – also den ersten Platz hinter den großen drei Klubs im deutschen Frauenfußball, Bayern München, VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt.

Diese Entwicklung ist das Gegenteil von Zufall. Sie wurde Schritt für Schritt geplant – und die Umsetzung gelang bisher außergewöhnlich gut. Das lässt sich zum Beispiel an der Offensive ablesen: Vergangene Saison hatten die Werderfrauen nach zwölf Spieltagen magere zehn Tore geschossen, jetzt aber sind es schon 24 – so viele, wie auch Spitzenreiter Bayern München und Eintracht Frankfurt auf dem Konto haben. An der Spitze der Torjägerliste steht eine Bremerin: Sophie Weidauer erzielte sechs Treffer. Vor der Saison kam sie von Turbine Potsdam nach Bremen und ist eines der Puzzleteile, die Werders Trainer Thomas Horsch gesucht, gefunden und eingebaut hat, um die Bremer Mannschaft besser zu machen.

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Die Zeiten sind längst vorbei, als die Werder-Spielerinnen vor allem dafür bekannt waren, viel zu grätschen und zu kämpfen. Stück für Stück wurde die Mannschaft fußballerisch erneuert, von einer sicher mitkickenden Torhüterin Livia Peng über die ballsichere Mittelfeldspielerin Juliane Wirtz bis hin zu Torjägerin Weidauer. Eine Spielerin, die diese Entwicklung miterlebt hat, ist Chiara Hahn. Die 22-Jährige war selbst ein solches Puzzleteil, Horsch lockte sie im vergangenen Winter in höchster Abstiegsnot aus Florida an die Weser. Als Werder mit einer überragend guten Rückrunde den Klassenerhalt sicherte und die Saison mit 21 Punkten auf dem achten Platz beendete, war Hahn Stammspielerin im Mittelfeld. "Diese gute Rückrunde hat uns viel Energie gegeben und gezeigt, dass wir mehr können", sagt Hahn, "im Sommer hat man schon gemerkt, dass jede diesen Willen hat, mehr zu zeigen und mit diesem Verein mehr zu erreichen.“ 

Mit Hoffenheim um den vierten Platz zu streiten ist mehr, als jeder erwartet hätte. "Damit hätte vor der Saison wirklich keiner gerechnet", meint Hahn. Und Trainer Thomas Horsch betont die ungewohnte Umgebung in der Tabelle, wenn er erklärt: "Der Druck liegt auf Seiten des Gegners. Hoffenheim darf sich gegen uns keinen Ausrutscher erlauben, wenn sie sich für die Champions League qualifizieren wollen."

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Vergangene Saison war Hoffenheim der Klub direkt hinter den großen drei Teams der Liga. Würde Werder die finanzstarke TSG dort tatsächlich verdrängen, wäre das ein sportliches Ausrufezeichen. Im Grunde hat Werder das aber jetzt schon gesetzt, indem die Mannschaft bereits sechs Siege feierte und dabei mehr Tore schoss als sieben andere Mannschaften der Liga. Auch Hahn spürt den Respekt der Gegner, der sich in nur einem Jahr total verändert hat: "Manche sagen sogar, vor uns müsse man richtig Angst haben. Die Gegner haben viel Respekt vor uns, weil wir bissig sind in den Zweikämpfen und als Mannschaft zusammenhalten.“

Werders wundersame Wandlung resultiert aus einer Mischung verschiedener Zutaten: Die Neuzugänge hoben das Niveau im Training und im Spiel deutlich, dadurch wirken auch gestandene Werderanerinnen wie Michelle Ulbrich, Lina Hausicke, Ricarda Walkling oder Nina Lührßen besser. Gerade Lührßen ist für Chiara Hahn ein Vorbild, weil sie seit dieser Saison beide auf den Außenbahnen neben einer Dreierkette spielen, Lührßen links, Hahn rechts. Beide kommen auf sechs Vorlagen, Lührßen ist bei ihren Offensivaktionen aber oft durchsetzungsstärker, dafür gewinnt Hahn in der Defensive deutlich mehr Zweikämpfe. „Nina ist eine super Spielerin, ich schaue zu ihr auf", sagt Hahn über die zwei Jahre ältere Kollegin, "wir haben beide unsere Stärken, sie vor allem durch ihre wahnsinnig guten Standards. Ich kann mir viel abschauen, gerade jetzt, wo ich auch auf der Außenbahn spiele. Da schaue ich immer mal rüber, welche Höhe sie hält.“

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In welche Höhen es für Werder in dieser Saison noch geht, wird das Spiel am Wochenende zeigen. Eine Niederlage in Hoffenheim wäre, wie schon beim 1:3 im Hinspiel, der erwartbare Ausgang. Andererseits haben Werders Spielerinnen in dieser Saison viele Erwartungen übertroffen. Mit einem Sieg würden sie nicht nur den vierten Platz erobern, sondern hätten dann nach 13 Spieltagen schon mehr Punkte geholt als in der gesamten Vorsaison. Horsch ist nach den jüngsten Siegen gegen Leverkusen und Nürnberg zuversichtlich: "Wir sind selbstbewusst in die Rückrunde gestartet und sehen auch in Hoffenheim eine Chance für uns." Und Chiara Hahn hört sich fast drohend an: "Wir werden so weitermachen und erst am Ende schauen, wo wir stehen."

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