Arm in Arm standen sie da und lächelten in die Kameras. Dieses Bild durfte natürlich nicht fehlen, als die Pressekonferenz im DFB-Camp in Frankfurt beendet war. Schließlich hatte der Fußballverband nicht irgendwen aufs Podium beordert, sondern direkt jenes Duo, das im Trikot des SV Werder Bremen die gegnerischen Strafräume unsicher machte: Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug. Die große Wiedervereinigung der beiden Angreifer im Kreise der deutschen Nationalmannschaft wollte natürlich auch der DFB medial wirksam in Szene setzen. „Hässliche Vögel goes international jetzt“, scherzte Füllkrug direkt zu Beginn und verriet: „Ich habe ein bisschen darauf gehofft und damit gerechnet, dass er nominiert wird. Man merkt aktuell, dass er sehr viel Selbstvertrauen hat und einen sehr guten Job im Verein macht. So kann ,Duckschi‘ sehr vielen Mannschaften helfen.“
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Bei Werder hat der 29-Jährige das in der Vergangenheit hinlänglich bewiesen, nun will Ducksch auch bei der deutschen Auswahl überzeugen. Die erste, direkt anspruchsvolle Trainingseinheit am Dienstagmorgen hat der gebürtige Dortmunder jedenfalls unfallfrei und problemlos hinter sich gebracht. „Ich habe mich schnell anpassen können. Es waren Übungen mit einem klaren Hintergedanken, aber genau deshalb spiele ich ja Fußball: Ich will immer etwas Neues dazulernen – und so war es auch heute für mich. In der ersten Trainingseinheit konnte ich schon viel lernen.“
Erst für die Ambitionen belächelt – und plötzlich Nationalspieler
Seit ein paar Monaten hat Marvin Ducksch recht offensiv seinen Traum von einer Kadernominierung formuliert und ist dabei mitunter auch belächelt worden. Doch der Werder-Profi zeigte es seinen Kritikern und bewies, dass man es auch zum DFB-Team schaffen kann, wenn die eigene Einstellung zum Profifußball in jüngeren Jahren nicht immer optimal und vorbildlich war. „Ich habe mich aber nie gefragt, was gewesen wäre, wenn ich früher schon professionell gelebt hätte“, erklärte Ducksch. „Es gehört zu einem Menschen dazu, Fehler zu machen, aber genauso auch, daraus zu lernen. Und ich habe aus diesen Fehlern gelernt und damals gerade noch die Kurve bekommen. Ich bin da sehr stolz auf mich.“
Im vergangenen Jahr hat es Duckschs damaliger Teamkollege Niclas Füllkrug vorgemacht, wie man bei der Nationalmannschaft durchstarten kann. Ziemlich genau zwölf Monate ist es jetzt her, dass der Neu-Dortmunder einen der wenigen Lichtblicke einer ziemlich verkorksten WM in Katar darstellte. Auch Füllkrug war damals bereits 29 Jahre alt – ebenso wie Ducksch heute. Dieser Karriereweg erscheint ungewöhnlich, wenngleich Füllkrug ihn für völlig logisch hält: „Wir bekleiden beide eine Position, auf der man häufig mit zunehmendem Alter immer besser wird, Erfahrung gewinnt, sicherer in den Aktionen wird und noch mehr Torgefahr ausstrahlt. Da sind wir keine Einzelfälle“, hob er hervor. „Im Profifußball gibt es heute noch mehr diese Entwicklung, dass Spieler immer noch besser werden wollen und den nächsten Meilenstein erreichen möchten – ganz unabhängig vom Alter. Der Fußball ist noch professioneller, noch athletischer geworden und wir werden noch besser ausgebildet.“
Umso besser sei es – da sind sich beide einig –, dass unter Bundestrainer Julian Nagelsmann das Leistungsprinzip gelte. „Gerade in unserem Geschäft ist es wichtig, nach Leistung zu gehen“, betonte Marvin Ducksch. „Natürlich weiß ich, dass es auch jüngere Spieler gibt, die ähnlich spielen wie ich. Aber ich habe in den letzten Jahren immer wieder an mir gearbeitet, nicht nur an meinen Stärken, sondern auch an meinen Schwächen. Mit 29 Jahren ist man meiner Meinung nach in einem perfekten Fußballalter, in dem man sich immer noch weiterentwickeln kann.“
Füllkrug: "Noch viel Arbeit vor uns"
Wenn alles perfekt läuft, dann wird Ducksch deshalb demnächst sein Debüt im deutschen A-Team feiern. Am Samstag steht zunächst ein Testspiel gegen die Türkei an (20.45 Uhr), am 21. November folgt das Duell mit Österreich (20.45 Uhr). Nach der Vorgeschichte des Gespanns Ducksch/Füllkrug läge es nahe, die beiden Angreifer gemeinsam auf den Rasen zu schicken, doch nicht nur der Ex-Bremer Füllkrug hat daran so seine Zweifel. „Natürlich können wir das noch. ––, erklärte er zwar, schob jedoch hinterher: „Wir haben hier aber noch viel Arbeit vor uns, jetzt erst einmal ein System für die EM zu perfektionieren.“
Und das sieht eigentlich nur eine klare Sturmspitze vor. Großartige Experimente vor dem Heimturnier im kommenden Sommer sind deshalb mehr als unwahrscheinlich. „Es wird aber immer die Möglichkeit geben – etwa bei Rückständen –, einen zweiten Stürmer einzuwechseln“, sagte Füllkrug. Und genau dann käme Marvin Ducksch ins Spiel, der ansonsten in diesen Tagen aber ohnehin komplett ohne Forderungen nach Einsätzen auskommt. Er will einfach nur viel lernen. Naja, und vielleicht doch wenigstens ein paar Minuten spielen. „Ich bekomme hier meine Chance, mich im Training zu zeigen und möchte es dem Bundestrainer natürlich so schwierig wie möglich machen“, kündigte er an und schickte zumindest eine kleine Werbekampagne für einen gemeinsamen Einsatz mit Füllkrug an seiner Seite ab: „Wenn man über zwei Jahre so gut zusammen funktioniert hat, dann wird auch jetzt alles so sein wie vorher.“