Eigentlich ist es sein Spiel, doch Naby Keita wird wohl auch am Dienstagabend im Heimspiel des SV Werder Bremen gegen seinen Ex-Klub RB Leipzig nur eine Nebenrolle einnehmen. Was zwar gut zur bislang verkorksten Zeit des Transfercoups vom Sommer bei Werder passt, aber trotzdem überrascht. Denn seit ein paar Wochen gilt Keita wieder als fit, wurde in den vergangenen drei Partien dennoch nicht von Trainer Ole Werner eingesetzt. Das ist eigentlich unüblich beim Umgang mit einem Topstar. Doch es gibt Gründe, die Werners Entscheidungen nachvollziehbarer machen – und dabei geht es auch um Keitas Verhalten innerhalb des Teams.
„Wir werden sehen, schauen wir mal“, mochte Werner nach der Partie am Freitagabend in Mönchengladbach in Bezug auf Keita noch nicht in Richtung Leipzig-Spiel blicken. Allerdings stellt sich schon die Frage, was auf dem Platz eigentlich passieren muss, damit Keita helfen kann. Weder beim Rückstand in Stuttgart noch bei der Führung gegen Augsburg und auch nicht bei der ausgeglichenen Partie in Mönchengladbach vertraute der Coach dem namhaften Neuzugang vom FC Liverpool. Für das Mittelfeld brachte er lieber Senne Lynen, Nick Woltemade und inklusive Systemumstellung Justin Njinmah. Das Trio ist als Einwechselspieler im Rhythmus und kann auch nach der Winterpause eingesetzt werden, wenn Keita beim Afrika-Cup (13. Januar bis 11. Februar) weilt. Und mit dieser Aussicht könnte es Werner darum gehen, diese Ersatzspieler zu stärken. Um Keita kann er sich dann auch anschließend noch kümmern.
Außerdem ist da immer noch ein großes Fragezeichen, was den Fitnesszustand von Keita betrifft. Der letzte Comeback-Versuch im Oktober ging gehörig schief. Der 28-Jährige zog sich die nächste Muskelverletzung zu und fiel wieder wochenlang aus. Wie so oft schon zuvor in seiner Zeit beim FC Liverpool. Die Engländer ließen den einstigen Topstar deshalb im Sommer auch ablösefrei ziehen. Viele Klubs lehnten eine Verpflichtung ab, weil ihnen das Risiko zu groß erschien. Erst dadurch war es für Werder möglich, einen Spieler dieser Klasse zu verpflichten. Durch einen stark leistungsbezogenen Vertrag ist der finanzielle Schaden für Werder eher gering, nach sechs Wochen Ausfallzeit muss ohnehin kein Gehalt mehr gezahlt werden.
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Aufgrund Keitas Vorgeschichte und den eigenen Erfahrungen agiert Werder nun sehr vorsichtig. Laut Clemens Fritz ist dabei nun aber ein neues Level erreicht: „Für uns stand in den vergangenen Wochen absolut im Vordergrund, ihn fit zu machen und auf ein gutes Level zu bringen. Das ist gelungen, Naby ist stabil und gegen Leipzig sicherlich ein Kandidat für einen Einsatz. Für wie lange wird aber der Trainer entscheiden“, berichtet Werders Leiter Profifußball auf Nachfrage unserer Deichstube und betont: „Im Training ist definitiv zu sehen, dass er immer besser reinkommt.“
Für Naby Keita geht es zum Afrika-Cup
Sein besonderes Können ist tatsächlich nicht zu übersehen, wenngleich Keita in manchen Aktionen durchaus noch etwas gehemmt wirkt, nicht mit der letzten Konsequenz zu Werke geht – möglicherweise aus Sorge vor einem Rückschlag. Seine Integration ins Team scheint dagegen längst vollzogen, Keita spricht und lacht mit den Kollegen. Wenngleich nicht alle mit seinem Verhalten abseits des Platzes rundum glücklich sind. Nach Informationen unserer Deichstube nervt es Teile der Mannschaft, dass Keita immer mal wieder unpünktlich ist und sich bei der Verteilung der bei den Profis nicht sonderlich beliebten Sponsorentermine gerne wegduckt. Das sorgt nicht gerade für das beste Standing Keitas im Team und macht es wahrscheinlich für Trainer Werner nicht leichter, ihn eher zu bringen als Profis, die sich an alle Spielregeln halten und stets im Sinne der Mannschaft agieren.
Ab Mittwoch ist Keita erst mal weg – Weihnachtsurlaub. Während seine Teamkollegen am 2. Januar in Bremen wieder das Training aufnehmen werden, bereitet sich der Mittelfeldspieler mit der Nationalmannschaft von Guinea auf den Afrika-Cup vor. Gerade als Kapitän hat dieses Turnier für Keita eine ganz besondere Bedeutung. Er wird in der Heimat verehrt, von ihm wird erwartet, dass er sein Team anführt und erfolgreich macht. Inwieweit dabei dann Rücksicht auf Keitas Verletzungsanfälligkeit genommen wird, bleibt abzuwarten. „Dass er bald zum Afrika-Cup reist, macht uns keine Sorge. Man kann das Turnier ja auch als Möglichkeit sehen, dass er dort Spielpraxis sammelt und gestärkt zu uns zurückkehrt. Mit dem Verband Guineas läuft die Kommunikation zudem sehr gut. Das wird sich auch während des Turniers nicht ändern“, sagt Fritz.
Was soll er auch anderes tun? Natürlich hätte Werder Keita lieber in Bremen, doch es besteht nicht nur eine Abstellungspflicht, sondern Werder hat dem Neuzugang versprochen, ihn bei seiner Karriere in der Nationalmannschaft zu unterstützen. Beim FC Liverpool war er nach anstrengenden Länderspielreisen für die nächste Partie oft aussortiert worden, bei Werder wurde ihm dagegen als Ausnahmespieler quasi eine Einsatzgarantie gegeben.
Diese kam allerdings nie zum Tragen. Keita verletzte sich im Juli schon vor seinem ersten Testspiel. Nach zwei Kurzeinsätzen im Herbst gegen Köln und Darmstadt folgte die Startelfpremiere. Direkt vor seiner geplanten Auswechslung im Heimspiel gegen Hoffenheim nach einer Stunde Spielzeit verletzte sich Keita erneut. Deshalb hat er bislang erst 81 Minuten für Werder auf dem Feld gestanden.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Konto am Dienstagabend anwächst. Es sei denn, Werner spielt die emotionale Karte und setzt auf den Fakt, dass im Fußball Spieler gegen Ex-Klubs sehr gerne mal treffen.