- Werder passiver als gewohnt
- Der BVB dominiert die Partie
- Ein Fehler verändert die gesamte Dynamik
- Dortmund zwar passiv, Werder aber nicht optimal
- Bremer Flanken von rechts? Bringen nichts!
Lange Jahre hatte Werder Bremen Schwierigkeiten, Gegner mit großen Namen zu bezwingen. In dieser Saison schien die Scheu vor den Favoriten überwunden. Werder besiegte nicht nur die großen Bayern, auch gegen RB Leipzig (1:1) und Eintracht Frankfurt (2:2) trat Werder mutig auf. Das Rückspiel gegen Borussia Dortmund wiederum war ein Rückfall in alte Zeiten. Die Bremer Mannschaft zeigte am Samstagabend zu viel Respekt vor den Schwarz-Gelben.
Werder passiver als gewohnt
Trainer Ole Werner setzte auch gegen den BVB auf das bekannte 5-3-2-Spielsystem. Im Vergleich zur Niederlage gegen die TSG Hoffenheim gab es nur zwei Veränderungen: Justin Njinmah kehrte als zweiter Stürmer zurück in die Anfangsformation, in der Abwehr ersetzte der genesene Niklas Stark seinen Vertreter Christian Groß.
Zuletzt hatte Werder das 5-3-2 immer wieder mit einem offensiven 3-4-3 gemischt. Gegen den BVB nahm Werner von dieser Variante Abstand: Romano Schmid rückte – anders als zu Beginn der Rückrunde – fast nie vom Mittelfeld in den Angriff vor. Vorne störten Njinmah und Marvin Ducksch die gegnerischen Verteidiger praktisch gar nicht. Werder setzte gegen den amtierenden Vizemeister auf eine passive Defensive. Die Mannschaft wollte im 5-3-2 eine hohe Kompaktheit wahren.
So durften die Gäste den Ball gemütlich in der eigenen Abwehrkette laufen lassen. BVB-Coach Edin Terzic wählte ebenfalls eine risikoarme Taktik. Das nominelle 4-3-3-System interpretierten Dortmunds Spieler recht abwartend: Die Außenverteidiger rückten nicht weit vor, die Außenstürmer klebten an der Seitenlinie. So hatte der BVB in der ersten Linie eine Überzahl, fand jedoch vor dem Ball selten eine Anspielstation.
Der BVB dominiert die Partie
Der Unterschied beider Teams lag im Pressing: Während Werder fast vollständig auf ein hohes Anlaufen verzichtete, setzten die Dortmunder den Gegner ständig unter Druck. Werder baute das Spiel aus einer Vierkette auf: Mitchell Weiser rückte auf rechts weit vor, Felix Agu auf links hielt sich wiederum zurück. So entstand im Ballbesitz ein 4-3-3.
Dortmund störte Werders Viererkette im Aufbau konsequent. So sprinteten Julian Brandt und Marcel Sabitzer abwechselnd nach vorne, um zusammen mit Niclas Füllkrug den Druck zu erhöhen. Gemeinsam lenkten sie den Bremer Spielaufbau auf die Flügel. Werder schaffte es selten, dieses Pressing zu umspielen. Ihnen fehlte auch in dieser Spielphase der Mut, ins Risiko zu gehen.
Dortmund konnte den Ball in der Viererkette laufen lassen – Werder verlor ihn sofort. So war es keine Überraschung, dass der BVB nach einer halben Stunde über 75% Ballbesitz gesammelt hatte. Sie spielten diesen Ballbesitz zwar nicht offensiv aus. Ein guter Vertikalpass von Niklas Süle auf Brandt genügte dem BVB jedoch, um in Führung zu gelangen (21.).
Ein Fehler verändert die gesamte Dynamik
Erst nach rund einer halben Stunde wagte Werder sich aus dem Schneckenhäuschen. Weiser suchte auf rechts vermehrt das Zusammenspiel mit Romano Schmid. So kam Werder erstmals zu längeren Ballbesitzphasen. Mit deren Hilfe zwangen sie den BVB, sich weiter zurückzuziehen.
In dieser Phase stellte der BVB unter Beweis, warum Werder zuvor so defensiv aufgetreten war. Sobald beide Bremer Außenverteidiger vorrückten, taten sich auf den Flügeln große Räume auf für Dortmunder Konter. Jadon Sancho erhöhte nach solch einem Gegenstoß auf 2:0 (38.).
Werder fand in der ersten Halbzeit keinerlei Lösungen gegen Dortmunds 4-3-3-System – weder im Pressing noch im Ballbesitzspiel. Es hätte ein bitterer Abend werden können für Werder – wenn Sabitzer nicht kurz vor der Pause Weiser brutal umgegrätscht hätte. Er sah die Rote Karte.
Dortmund zwar passiv, Werder aber nicht optimal
Die Unterzahl veränderte die Spieldynamik. Terzic wechselte in der Pause mit Mats Hummels einen dritten Innenverteidiger ein. Damit stellte er auf ein 5-3-1-System um. Nach und nach wechselte er die Offensivspieler seiner Mannschaft aus. Am Ende verteidigte der BVB gar im 5-4-0. Terzics Marschrichtung war klar: Seine Mannschaft sollte mauern und so die 2:0-Führung über die Zeit retten.
Werder hingegen kam mit frischem Offensivgeist aus der Kabine. Schmid rückte nun als dritter Stürmer in den Angriff. Werder agierte nun in einem 3-4-3. Werner wechselte nach und nach weitere Angreifer ein. Am Ende agierte Werder in einem enorm offensiven 3-1-6.
Trotz der Überzahl und der offensiven Taktik kam Werder nach der Pause nur zu wenigen hochkarätigen Torgelegenheiten. Zunächst dauerte es lange, ehe Werder die Überzahl ordentlich ausspielte. Obwohl der BVB überhaupt nicht mehr presste, bauten die Bremer das Spiel noch immer mit drei bis vier Spieler in der ersten Linie auf. Die Bremer Spieler schufen selten bis nie Überzahl auf der ballnahen Seite.
Bremer Flanken von rechts? Bringen nichts!
Mit zunehmender Spieldauer setzte Werder die eigene rechte Seite in Szene. Werner verstärkte diese Rechtslastigkeit noch, indem er mit Milos Veljkovic einen neuen rechten Innenverteidiger brachte. Er rückte weit vor und suchte das Zusammenspiel mit Schmid, Weiser und dem nach rechts gewechselten Njinmah. Einige Male gelang es Werder, hier eine Überzahl zu kreieren.
Leider folgte aus dieser Überzahl zu selten eine verwertbare Hereingabe. Der BVB hatte die totale Kontrolle über den eigenen Strafraum. Versuche, flach über das Zentrum anzugreifen, wagte Werder nur selten. Einer dieser Versuche führte prompt zum Anschlusstreffer (70.).
Spätestens in der Schlussphase versteifte sich Werder ganz und gar auf hohe Bälle in den Sechzehner. Diese Taktik erwies sich gegen Dortmunds groß gewachsene Innenverteidiger als fruchtlos. Werder gelang es trotz Überzahl nicht, den 0:2-Rückstand zu drehen. Schuld daran war weniger die ideenarme zweite Halbzeit als vielmehr die viel zu passive Vorstellung vor der Pause. Der Respekt vor dem großen Namen war an diesem Abend einfach zu groß.