Drei Wochen im Frühjahr 2009 haben einen festen Platz in der Geschichte des SV Werder. Nicht wegen eines Titels. Sondern wegen des Hamburger SV – und einer Papierkugel. In dieser Woche ist es zwölf Jahre her, dass Werder durch einen 3:2-Sieg im Uefa-Cup-Rückspiel in Hamburg das Finale erreichte. Auch dank der Papierkugel, die damals von den Rängen aufs Spielfeld flog, und die später ihren Platz im Bremer Vereinsmuseum im Weserstadion fand. „Das war wirklich eine irre Geschichte“, erinnert sich der damalige Werder-Torhüter Tim Wiese und meint damit nicht nur die Kugel, sondern auch diese magischen Fußballwochen, in denen die Bremer in kürzester Zeit vier Duelle gegen den Nordrivalen HSV austrugen: im Halbfinale des DFB-Pokals, zweimal im Halbfinale des Uefa-Cups und noch in der Bundesliga.
„Das war für die Fans und auch für die beiden Städte Bremen und Hamburg mit all ihrer Rivalität natürlich spektakulär, da war ein paar Wochen lang richtig Action“, sagt Wiese. Er selbst gehörte zu den Hauptdarstellern. Nicht nur, weil er gleich im ersten Duell in Hamburg mit drei gehaltenen Elfmetern zum Pokalheld wurde. Sondern auch, weil er als Typ dazu beitrug, die Stimmung anzuheizen. „Ich war total euphorisch. Mir war klar: Das werden jetzt historische Wochen, denn so etwas gab es noch nie und wird es wahrscheinlich auch in den nächsten hundert Jahren nicht mehr geben. Alle in Bremen haben sich auf diese Spiele gefreut“, erzählt Wiese im neuen Magazin des WESER-KURIER, „Titel, Typen & Triumphe“.
Tim Wiese wurde für Werder gegen den HSV zum Pokalhelden
Die Ansage des Bremer Torhüters vor dem ersten der vier Derbys war deutlich: „Wir müssen dem HSV direkt einen auf den Sack geben!“ Heute muss Wiese selbst darüber schmunzeln: „Meiner Meinung nach gehört das dazu. Das sind Derbys, mein Gott, warum nicht? Klar, heute gibt es so etwas nicht mehr, die Zeit ist offenbar vorbei. Ich habe damals nie ein Blatt vor den Mund genommen.“
Das erste der vier Duelle ist sein Lieblingsspiel. „Wegen der Geschichte mit meinen drei gehaltenen Elfmetern in diesem Pokal-Halbfinale“, erklärt Wiese, „das ist unvergessen. Die Leute denken auch deshalb gerne daran zurück, weil Werder in dem Jahr letztmals einen Titel geholt hat. DFB-Pokalsieger 2009 – danach kam nichts mehr. Das war für alle, die an Werder hängen, ganz großes Kino, das gesamte Frühjahr damals.“
Dass er die drei Elfmeter direkt vor dem Fanblock des HSV gehalten hat, sei eine besondere Genugtuung gewesen: „Ich hatte ja vor dem Spiel eine ziemlich große Klappe. Früher war der HSV ja auch noch eine richtig gute Mannschaft, und wer weiß schon, wie alles gekommen wäre, wenn wir das erste Spiel verloren hätten. So aber war unser Sieg im Pokal-Halbfinale natürlich super wichtig für die ganze Veranstaltung.“

Im neuen Magazin des WESER-KURIER blickt die Redaktion zurück auf die erfolgreichen Jahre von Thomas Schaaf und Co. beim SV Werder Bremen.
So richtig legendär wurde vor allem die dritte Partie, das Rückspiel im Halbfinale des Uefa-Cups. Werder hatte das Hinspiel im Weserstadion mit 0:1 verloren. Dann kam in Hamburg die Papierkugel ins Spiel: HSV-Profi Michael Gravgaard wollte einen Rückpass zu Torwart Frank Rost spielen, doch ihm versprang der Ball, weil auf dem Rasen eine faustgroße Papierkugel lag. So gab es Ecke für Werder und Frank Baumann köpfte zum 3:1 für Bremen ins Tor. Werder gewann am Ende mit 3:2 und kam ins Finale.
Wiese erlebte es so: „Ich stand am anderen Strafraum und habe die Papierkugel im Spiel nicht gesehen, das war ein bisschen zu weit weg. Als ich es später im Fernsehen sah, habe ich gedacht: Wahnsinn, was für ein Glück! Das war wirklich irre. Die Fans dort haben unsere Spieler immer mit diesen Kugeln beworfen, wenn wir eine Ecke schießen wollten. Dann rollte der Ball ausgerechnet dort entlang – und wir machten das dritte Tor. Da waren die HSV-Fans selbst schuld.“
Im Finale des Uefa-Cups unterlag Werder gegen Donezk, gewann aber im DFB-Pokal den Titel mit 1:0 gegen Leverkusen.