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Werder-Kolumne Die neue Dreiecksbeziehung bei Werder

Es ist nicht lange her, da sorgten Standardsituationen für Angstzustände bei Werder Bremen. Jetzt haben Fans und Spieler einen Weg gefunden, sie sinnvoll zu nutzen, schreibt Jean-Julien Beer in seiner Kolumne.
04.10.2021, 14:50 Uhr
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Die neue Dreiecksbeziehung bei Werder
Von Jean-Julien Beer

Schon in den ersten Saisonspielen konnte man erleben, dass im Weserstadion eine interessante Dreiecksbeziehung entsteht zwischen den Zuschauern, der Bremer Mannschaft und den Standardsituationen wie Eckbällen oder Freistößen. Anfangs wirkte es noch etwas verstörend, dass die Zuschauer schon von den Sitzen aufsprangen und voller Vorfreude jubelten, wenn es nur einen Eckball für Werder Bremen gab – immerhin verwöhnten hier viele Jahre lang zauberhafte Fußballer wie Johan Micoud, Claudio Pizarro oder Diego die Fans mit ganz anderen Kunststücken.

Doch nach den oft so tor- wie trostlosen Heimspielen der Abstiegszeit, die viele Fans wegen der Pandemie nur im Fernsehen miterleben konnten, entwickelte sich auf den Tribünen des Weserstadions schon in den Partien gegen Hannover (1:1) und Rostock (3:0) ein besonderes Gefühl für die neue Realität: Spielerisch fällt es dieser Bremer Mannschaft der Saison 2021/22 oft schwer, das Mittelfeld zu überbrücken und gefährlich vor das Tor zu kommen – aber nach einem Freistoß oder Eckball gibt es die größtmögliche Gewissheit, dass der Ball gleich mitten im gegnerischen Strafraum landet. Die Fans freuen sich darauf, der Gegner wird unruhig. Werder hat früh in der Saison gelernt, daraus Punkte zu machen.

Schon das erste Saisontor fiel nach eine Ecke, es war ein Eigentor von Hannover am ersten Spieltag. Im Nordderby gegen den HSV hätte sich Marvin Ducksch mit seinem Freistoßtor in die Werder-Herzen schießen können, wenn nicht sein Kollege Mitchell Weiser regelwidrig in der Mauer gestanden wäre. Und beim emotionsgeladenen 3:0-Sieg am Freitagabend gegen Heidenheim brachte die neue Bremer Dreiecksbeziehung sogar den Sieg: Lange Zeit war dieses Spiel sehr zäh, wie Trainer Markus Anfang es später formulierte – und wer weiß, ob die Stimmung nicht in eine völlig andere Richtung gekippt wäre, wenn Heidenheim in der ersten Halbzeit nicht den Pfosten, sondern das Tor zur 1:0-Führung getroffen hätte. Doch dann kam sie, die Magie des ruhenden Balles: Eine Freistoß-Flanke von Ducksch, der eingelaufene Marco Friedl vollendete zur erlösenden 1:0-Führung für Werder. Erst jetzt musste Heidenheim seine Statik verändern, in der Folge bekam Werder mehr Räume und mehr Aktionen vor dem Tor. Beinahe hätte Milos Veljkovic nach einer weiteren Freistoß-Hereingabe von Ducksch auch noch ein Tor erzielt.

Der ruhende Ball ist für Werder zu einem Mittel geworden, um den Gegner zu knacken. Dabei ist es erst zwei Jahre her, dass die Standardsituationen in Bremen für Kopfschmerzen und unzählige Gegentore sorgten. Damals beschäftigte der Verein sogar einen Standard-Trainer, doch es wurde immer schlimmer: noch mehr Gegentore, kaum eigene Treffer nach Ecken und Freistößen. 

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In der zweiten Liga beginnt Werder die Spiele meist vorsichtig, weil die Mannschaft nicht in Rückstand geraten will und es vor allem im Mittelfeld an der Ballsicherheit fehlt, um kreative und gefährliche Aktionen einzuleiten. Romano Schmid müht sich hier zwar um Impulse, ertragreich ist das bisher aber selten. Für gefährliche Standardsituationen hingegen ist bei Werder alles vorhanden, was man in dieser Liga braucht: Mit Ducksch und Schmid, aber auch mit Niklas Schmidt und dem bald genesenen Leo Bittencourt gibt es gute Freistoß- und Eckballschützen; zudem bringen die Abwehrspieler die nötige Statur mit, um sich im Strafraum durchzusetzen. Neben Friedl und Veljkovic vor allem auch Ömer Toprak, aber auch Lars Lukas Mai. Bittencourt ist zudem ein Spieler, der durch seine Dribblings viele Fouls und damit gefährliche Freistöße provozieren kann.

Dass noch nicht alles klappt, zeigte sich gegen Heidenheim aber auch: In der ersten Halbzeit führte Ducksch einen Eckball schon aus, lange bevor die Abwehrspieler Friedl und Veljkovic vor dem gegnerischen Tor angekommen waren. Beide beschwerten sich prompt, der Gegner kam zu einem billigen Ballgewinn. Es gibt also noch genügend Ansätze, die neue Dreiecksbeziehung zu verfeinern. Diese Trainingsarbeit ist gut investierte Zeit: Ohne die spielerische Eleganz früherer Jahre dürften es nun häufiger die Standardsituationen sein, die Werder Tore bringen – und damit neue Räume in engen Spielen öffnen und im Idealfall wichtige Punkte aufs Bremer Konto befördern.

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