Clemens Fritz hätte über das Thema am liebsten den Mantel des Schweigens gehüllt. Und so lächelte er kurz und erklärte höflich: „Es ist schade, aber wir haben in den letzten Wochen genug über Naby gesprochen, denke ich.“ Gänzlich aus der Welt war die Geschichte damit natürlich nicht. Dafür war der Fehler des erwähnten Naby Keita einfach zu folgenschwer.
Das Sorgenkind des SV Werder Bremen hatte nach seiner Einwechslung nicht nur direkt zwei Fehlpässe gespielt, sondern mit dem dritten missratenen Abspiel das entscheidende 2:0 des VfL Wolfsburg begünstigt. Kurzum: Einen wirklichen Grund, warum Chefcoach Ole Werner in naher Zukunft auf den 29-Jährigen setzen sollte, hatte der Mittelfeldspieler nicht geliefert. Stattdessen produzierte er mit seinem Patzer unter den Fans im Weserstadion die komplette negative Gefühlspalette: Entsetzen, Frustration, Enttäuschung und Resignation.
Auch Trainer Werner kanzelte die Aktion des Ex-Liverpooler vor dem zweiten Gegentreffer mit dem Urteil „schlampig“ ab und schob enttäuscht hinterher: „Das mag auch mit dem Rhythmus, der Spielpraxis und der körperlichen Verfassung zu tun haben. Genau einen Grund wird es wahrscheinlich nicht geben, aber ein Zusammenspiel dieser Punkte.“ So oder so: Für den Nationalspieler Guineas war es der nächste Tiefschlag in einer unzufriedenstellenden Situation – für alle Parteien. Lange fiel Keita verletzt aus, was ihn und die Verantwortlichen wurmte. Nun ist er näher dran an der Mannschaft, aber allenfalls ein Unterschiedsspieler der negativen Art. Er gewinnt keine Spiele für Werder, sondern – wie jetzt – für andere Vereine. Das dürfte auch ein so erfahrener Profi wie er nicht mal eben so wegstecken.
Der Bremer Kapitän Marco Friedl möchte da nur zu gern mentale Aufbauhilfe leisten, weiß aber auch: „Das ist schwierig. Klar rede ich mit Naby, auch die anderen Jungs versuchen, ihn da ein bisschen ins Boot zu holen“, schilderte der Innenverteidiger, machte aber auch deutlich, dass er nicht mit kurzfristigen Erfolgen rechnet. Er bevorzugte eine weitreichendere Perspektive: „Er war natürlich lange raus. Man merkt, dass er noch nicht bei 100 Prozent ist. Naby ist aber erfahren genug, um zu wissen, was er machen muss, damit er hoffentlich verletzungsfrei bleibt und dann vielleicht nächstes Jahr von Anfang an nochmal dabei ist und angreift.“ Worte, die nicht nur zwischen den Zeilen erkennen lassen, dass aktuell auch innerhalb des Teams das Vertrauen in den namhaften Kollegen derzeit nicht das größte ist. Woher soll es auch kommen? Dennoch hat Friedl das Gefühl, dass Naby Keita für die Mannschaft, für Werder brenne. „Ich glaube, dass er sich im Moment schon wohlfühlt, aber wenn du dann öfter was hast, dann brauchst du auch länger, bis du wieder zurückkommst.“
Gegen Wolfsburg war das deutlich zu sehen. In einem Spiel, in dem Keita womöglich Zuschauer geblieben wäre, wenn die Bremer Personalnot nach diversen Gelbsperren nicht derart groß gewesen wäre. Doch das Fehlen der anderen spülte den Profi auf den Platz. Mal sehen, wie häufig noch in dieser Saison. Marco Friedl versuchte es mit dem Prinzip Hoffnung: „Dass nicht alles klappt, sieht man. Aber es geht darum, dass er es Woche für Woche probiert und dann hoffentlich bald wieder bei 100 Prozent ist.“