Nachdem Leonardo Bittencourt den Ball über die Linie gedrückt hatte, bebte das Weserstadion – auch seine Teamkollegen strahlten vor Glück. Denn der Treffer zum 3:0 war in der 83. Minute die Vorentscheidung beim 4:0-Sieg gegen den FSV Mainz 05 gewesen. Doch ausgerechnet der Torschütze machte bei der Party zunächst nicht mit. Der 29-Jährige jubelte zornig, als wolle er eine Botschaft senden, wie sie von Einwechselspielern gerne mal verbreitet wird. Denn Bittencourt dürfte mit seiner neuen Rolle auf der Bank nicht zufrieden sein, nachdem er sonst eigentlich immer bei Werder-Coach gesetzt war. Bei Instagram lieferte der erfahrene Profi dann später eine Erklärung für seinen ganz speziellen Jubel und überraschte damit ein zweites Mal.
Unter seinem Torjubel-Bild, auf dem er mit den Fingern zwei Victory-Zeichen formt, die Hände aber untypisch für diese Geste mit dem Rücken nach vorne hält, schrieb der Deutsch-Brasilianer auf Portugiesisch: „Parabens, Vovo e Vovo.“ Übersetzt heißt das „Herzlichen Glückwunsch, Oma und Opa“. Sein Kussmund passte dazu, sein wütender Blick davor und danach eher nicht. Auf Nachfrage der DeichStube ließ Bittencourt über Werder ausrichten, dass es ihm aber tatsächlich dabei nur um seine Großeltern ging.
Nach der Partie war auch wieder der fröhliche Bittencourt zu sehen. Mit freiem Oberkörper feierte er gemeinsam mit den Teamkollegen vor der Ostkurve – und übernahm dabei noch einen ganz besonderen Job. Er schwenkte eine riesige Fahne mit dem Konterfei des kürzlich verstorbenen Ultras Tobi. Zu dessen Ehren hatte es bereits beim ersten Heimspiel gegen den FC Bayern München eine große Choreo gegeben.
Derweil erklärte Trainer Ole Werner in den Katakomben der Arena seine Aufstellung gegen Mainz: „Es herrscht ein Konkurrenzkampf. Auch im Mittelfeld haben wir unterschiedliche Spielertypen. Es war so, dass wir uns in Freiburg entschieden haben, Romano Schmid zu bringen, weil er ein bisschen mehr Tiefe ins Spiel bringt.“ Nach einem guten Spiel sah der Coach keinen Grund etwas zu ändern, Schmid spielte wieder als Achter neben Jens Stage, Bittencourt saß erneut auf der Bank. „Seitdem ich hier bin, habe ich ja schon sehr oft auf Leo zurückgegriffen. Er ist für uns ein wichtiger Spieler, der im Laufe der Saison auch wichtig bleiben wird“, sagte Werner und betonte: „Die Reaktion von Leo heute war ja auch gut. Uns mit dem Tor auf die Siegerstraße zu bringen ist mindestens genauso wichtig, wie eine gute Leistung von Beginn an.“
Ob das Bittencourt genauso sieht? Sein aggressiver Torjubel nährt Zweifel daran. Zumal der 29-Jährige als jemand gilt, der für sich eine Führungsrolle im Team beansprucht und sich so gar nicht auf der Bank sieht.