Wie die Zeit vergeht: 17 Jahre ist es her, da wechselte ein gewisser Clemens Fritz von Bayer Leverkusen zu Werder Bremen – ablösefrei. Nun schickt sich der Ex-Profi an, eine der wichtigsten Positionen im Klub zu übernehmen. Der 42-Jährige gilt als Top-Favorit auf die Nachfolge von Sportchef Frank Baumann, der seinen im Sommer 2024 auslaufenden Vertrag nicht verlängern wird. Wie geht Fritz damit um – speziell auch mit dem vom Aufsichtsrat angekündigten Auswahlprozess? Unsere Deichstube hat bei ihm nachgefragt.
„Ich arbeite sehr gerne mit Frank Baumann im Team zusammen. Er hat mir von Beginn unserer Zusammenarbeit an viel Vertrauen gegeben, seine Tür war und ist immer offen. Frank hat einen Top-Job in den vergangenen Jahren gemacht. Ich finde es sehr schade für uns und für den ganzen Verein, dass er aufhören wird“, schickt Fritz erst mal vorweg. Er und Baumann kennen sich schon ewig, gemeinsam haben sie als Profis 2009 mit Werder den DFB-Pokal geholt. Der sechs Jahre ältere Baumann beendete danach seine Karriere, wechselte später ins Management des Klubs, seit 2016 ist er Geschäftsführer Fußball oder kurz gesagt: Sportchef. Fritz ging nach seinem Karriereende 2017 einen ähnlichen Weg. Nach einem längeren Urlaub absolvierte er ab März 2018 ein Trainee-Programm bei den Grün-Weißen, durchlief dabei zahlreiche Bereiche des Klubs. Anschließend arbeitete Fritz erst als Betreuer der Leihspieler, dann als Leiter Scouting und inzwischen als Leiter Profifußball.
Fritz war von Werder-Anfrage nicht überrascht
Baumann baute ihn damit durchaus als seinen Nachfolger auf. Deswegen war Fritz auch nicht überrascht, als ihn der Aufsichtsratsvorsitzende Hubertus Hess-Grunewald kürzlich zum Gespräch bat. „Er hat mich gefragt, ob ich mir diese Aufgabe vorstellen kann – und da habe ich ,Ja‘ gesagt“, berichtet Fritz und erklärt: „Ich habe mich nach meiner Zeit als Profi weitergebildet und fühle mich sehr gut vorbereitet.“
Im Herbst 2022 schloss er den dreijährigen Studiengang „Executive Master for International Players“ (MIP) der Europäischen Fußball-Union (Uefa) ab – mit vielen prominenten Mitstreitern wie zum Beispiel Kaka, Andrey Arshavin, Kolo Touré und Florent Malouda. Gleichzeitig wuchs sein Anforderungsprofil in Bremen. Fritz übernahm immer mehr Aufgaben von Baumann, damit der sich intensiver den strategischen Aufgaben eines Geschäftsführers widmen konnte. Der ist ohnehin nicht nur für den Profifußball der Herren zuständig, sondern auch für den Frauen-Bereich – und zudem in viele andere Prozesse im Verein involviert.
„Ich weiß, dass diese Aufgabe eine enorme Verantwortung bedeuten würde, der ich mit großem Respekt begegne, aber auch mit dem nötigen Selbstvertrauen“, sagt Fritz. Der 42-Jährige wirkt dabei ziemlich entspannt, obwohl die nächsten Wochen ziemlich spannend und anstrengend werden könnten. Denn der Aufsichtsrat hat ihn aufgefordert, ein Konzept vorzustellen und vor dem Gremium Rede und Antwort zu stehen. Gleichzeitig wird nach Alternativen gefahndet, hat Hess-Grunewald angekündigt. Für Fritz ist das kein Problem: „Ich finde es richtig und wichtig, dass der Aufsichtsrat diesen Auswahlprozess angeschoben hat und sich auch mit anderen Kandidaten beschäftigt. Ich stelle mich diesem Prozess und freue mich über die Möglichkeit, dem Aufsichtsrat meine Ideen vorstellen zu dürfen.“
Clemens Fritz beschäftigt sich nicht mit möglichem Werder-Aus
Wenngleich es vielleicht schon etwas ungewöhnlich ist, dass sich da jemand nach 17 Jahren im Verein und mit dem Titel Ehrenspielführer noch einmal neu beweisen muss. Doch Fritz verweist darauf, dass gerade seine Vergangenheit als Fußballer nur eine untergeordnete Rolle spiele: „Es geht darum, die beste Lösung für den SV Werder Bremen zu finden. Das sage ich auch deshalb, weil mir der Klub wirklich sehr am Herzen liegt.“
Die jüngste Entwicklung könnte aber auch dazu führen, dass es bei seinem Herzensverein nicht weitergeht. Denn sollte sich Werder für einen anderen Kandidaten entscheiden, wäre das eine herbe Niederlage für Fritz und womöglich der Auslöser, einen anderen Weg einzuschlagen. „Mit der Frage beschäftige ich mich überhaupt nicht“, erwidert Fritz sofort: „Das ist doch jetzt gar kein Thema.“