Er winkte und gestikulierte, doch es nützte alles nichts. Marvin Ducksch musste sich noch etwas gedulden. Dabei sehnte der Profi des SV Werder Bremen förmlich die Auswechslung herbei. Nicht seine eigene, sondern die sich anbahnende zweier Teamkollegen. Namentlich waren das Leonardo Bittencourt und Dawid Kownacki. Senne Lynen und Justin Njinmah hatten sich an der Bank bereits präpariert. Doch die Personalien waren Ducksch in diesem Augenblick relativ egal, dem 29-Jährigen ging es einzig und allein um die ersehnte Spielunterbrechung.
„Leo hat drei, vier, fünf Minuten vorher schon angezeigt, dass er raus muss“, schilderte der Offensivmann später. „Wir sind da schon in Unterzahl in einen Konter gelaufen, weil er nicht mehr konnte.“ Doch der Tausch ließ rund um die 67. Minute noch einen Moment auf sich warten – und ausgerechnet in jenen Sekunden erzielte Borussia Dortmund am Freitagabend den spielentscheidenden Treffer zum 1:0 in Person des gebürtigen Bremers Julian Brandt.
Marvin Ducksch war eine Sache hinterher besonders wichtig. „Das ist überhaupt kein Vorwurf“, betonte Werders Angreifer in dem Wissen, dass seine Worte in diesem Augenblick leicht falsch interpretiert werden könnten. „Ich wollte einfach nur, dass wir unsere Kompaktheit behalten, weil ein Mann im Mittelfeld gefehlt hat.“ Trainer Ole Werner waren die Signale seines Spielers natürlich nicht entgangen. „Ich hatte den Eindruck, dass er wollte, dass derjenige, der ausgewechselt werden soll, sich auf den Boden legt“, schilderte der 35-Jährige. „Ich hatte dann sogar noch Blickkontakt in dem Moment, habe es auch angezeigt – vielleicht ist es aber nicht angekommen.“ Bittencourt biss stattdessen auf die Zähne, wollte seiner Mannschaft lieber auf beiden Beinen stehend beziehungsweise laufend helfen.
Ob eine kurze Sitzeinlage auf dem Rasen tatsächlich die spätere Niederlage verhindert hätte, bleibt ein Rätsel aus dem Reich des Konjunktivs. „Ich habe die Situation noch nicht gesehen. Ich glaube, Emre Can läuft relativ frei im Mittelfeld und steckt dann den Ball durch. Vielleicht wäre es nicht dazu gekommen, wenn wir elf fitte Spieler auf dem Platz gehabt hätten“, mutmaßte Ducksch achselzuckend. „Leo war halt doch schon sehr angeschlagen.“ Bittencourt war allerdings auch nur ein Faktor bei der Entstehung des Gegentores. Er bedrängte Vorlagengeber Can ebenso wenig wie der zweite Bremer Sechser Jens Stage. Zu allem Überfluss entwischte Torschütze Brandt dann auch noch Mitchell Weiser, der nach dem entscheidenden Pass wie angewurzelt stehenblieb und das nahende Unheil bereits kommen sah.
Ole Werner war dennoch weit entfernt davon, seine Spieler für ihre Nachlässigkeiten in dieser Szene öffentlich zu schelten. „Wir haben wenig Druck auf den Ball in dem Moment. Ein, zwei Schritte raus können wir aktiver machen“, urteilte er zwar, schob aber auch hinterher: „Wir haben insgesamt als letzte Kette sehr, sehr gut verteidigt, auch Jens, der einen Schritt nach vorne machen kann, hat sehr gut vor der Abwehr gespielt. Mitch hat ganz viel am langen Pfosten weggenommen, aber du kannst über 90 Minuten nicht alles verhindern, und es ist umso bitterer, dass dann diese Situation zum Sieg für Dortmund ausschlaggebend war.“ Und auch Duckschs gestenreiche Hinweise hinterließen keinerlei Geschmäckle beim Coach. „Marvins Reaktion kommt da aus der Emotion heraus, ist für mich aber überhaupt kein Problem“, betonte Werner. mbü/dco