Die erste Aktion saß direkt. Dabei hatte Marvin Ducksch noch nicht einmal die Arbeitskleidung übergestreift. Aber genau das war ja auch der Punkt. Als Werders Torjäger nämlich am Mittwoch vor dem Weserstadion aus seinem Auto stieg, da wurde er direkt zum Blickfang. Dank eines modischen Akzentes, der im Grunde wesentlich mehr war als nur das. Der gebürtige Dortmunder erschien nämlich – quasi als Gruß an den Ex-Verein aus seiner Heimat – im komplett gefleckten schwarz-gelben Dress. Doch momentan dürfte ihm auch diese Modesünde verziehen werden. Weil Ducksch auch dort auffällt, wo er es in erster Linie tun soll. Bei Werder. Auf dem Platz. Als Stürmer, der sein Team im besten Fall zum Aufstieg schießt.

Ducksch trug am Mittwoch eine auffällige Sweatjacke.
Momentan gelingt ihm das so gut, dass seit einigen Tagen ein Filmchen kursiert, in dem Mannschaft und Fans unisono nach der Heimkehr vom Nordderby lautstark und tanzend „Duckschi’s on fire“ singen. „Das Video hat mich sehr gefreut“, erklärte der Gehuldigte grinsend während einer digitalen Medienrunde. „Leo Bittencourt hat das Lied jetzt zum zweiten Mal angestimmt, erstmals im Bus nach dem Sieg in Paderborn.“ Und nun eben öffentlich. Weil der Anlass passte. Beide Partien eint schließlich, dass Marvin Ducksch einen großen Anteil an den jeweils so wichtigen Siegen hatte. Doch nicht nur da, auch sonst ist der 27-Jährige in Windeseile zum Publikumsliebling geworden, bringt es inzwischen auf 15 Saisontore und acht Vorlagen. Und im Stadion garnieren die Fans seine Ballkontakte längst mit einem langgezogenen „Duuuuuuucksch“. „Während des Spiels nehme ich das gar nicht wirklich wahr“, gestand der Angreifer. „Da habe ich eine ganz andere Konzentration. Ich habe es aber ab und zu mitbekommen, wenn ich zum Eckstoß gehe und es gerade auf dem Platz etwas ruhiger ist.“
Ducksch: Haben Spieler mit mehr Kopfballstärke
Dabei verwundert es durchaus ein wenig, dass ausgerechnet ein derart treffsicherer Profi Gelegenheiten für den nächsten eigenen Torerfolg auslässt und stattdessen lieber aus der Gefahrenzone heraustrottet, um den ruhenden Ball wieder zurück ins Spiel zu bringen. Für Ducksch ist das jedoch alles andere als abwegig. „Ich habe mich damals angeboten, als viele Spieler noch verletzt waren“, erzählte er. „Ich habe das früher in Kiel unter Markus Anfang auch schon gemacht. Ich denke, dass ich bei Standardsituationen besser bin, wenn ich am Ball stehe und nicht in der Box. Mit unserer Qualität, die wir gerade auf dem Platz haben, würde ich ohnehin nicht zum Verwerten im Sechzehner sein, wir haben in puncto Kopfballpräsenz deutlich bessere Spieler als mich.“
Im Gegenzug macht Ducksch dann wiederum Dinge, die ihn deutlich von der Masse abheben. So sehr, dass Sportchef Frank Baumann nun einen spannenden Vergleich zog. Nämlich den mit Max Kruse. „Marvin ähnelt Max in gewisser Weise“, sagte er der „Sport-Bild“. „Es sind zwei Spieler, die eine hohe Spielintelligenz haben, die auch unter Druck und bei Stress aufgrund ihrer Überzeugung ihr Ding machen, die Selbstvertrauen haben und auf dem Platz Verantwortung übernehmen.“ Alles Dinge, die Werder dringend braucht. Und die einst schlagartig fehlten. Als der Ex-Kapitän schließlich Bremen in Richtung Türkei verließ, stürzte auch der Verein sportlich ab. Der Weggang konnte nie so richtig aufgefangen werden. Bis jetzt – wenn man den bedeutungsschweren Worten Baumanns glauben mag.
Und Marvin Ducksch? Der fühlt sich durchaus geehrt. „Es freut mich natürlich sehr, wenn ich mit Max Kruse verglichen werde. Er hat aber viel mehr erreicht als ich“, betonte der 3,5-Millionen-Euro-Einkauf. „Von der Spielweise tut sich da aber vielleicht tatsächlich nicht so viel. Max füllt eine ähnliche Rolle wie ich. Allerdings möchte ich mich eigentlich ungern mit einem anderen Spieler vergleichen. Ich versuche einfach, meine Stärken einzubringen – und ich glaube, dass mir das mittlerweile sehr gut gelingt.“
Der Traum vom Aufstieg in die Bundesliga
Fraglos ist ihm das gelungen. Und doch: So schön der Vergleich mit dem Jetzt-Wolfsburger auch ist, er implementiert automatisch die Sorge, dass Werders gesamtes Glück – wie schon bei Kruse – wieder intensiv und nahezu untrennbar an die Qualität eines einzigen Spielers geknüpft ist. Von einer Abhängigkeit will Marvin Ducksch allerdings nichts hören. „Auf keinen Fall“, widersprach er vehement. „Wir sind so gefestigt, dass wir nicht abhängig von mir sind.“
Trotzdem kann Werder noch einige Ducksch-Treffer gebrauchen, wenn es was mit dem Aufstieg werden soll. Aktuell sieht es für den Spitzenreiter zwar ganz gut aus, zehn Spiele mit gutem Ausgang trennen die Bremer allerdings noch von der direkten Rückkehr ins Oberhaus. Ein Traum, für den am Osterdeich intensiv gearbeitet wird. „Ich denke, dass es das Ziel von jedem Einzelnen ist, Bundesliga zu spielen. Das ist auch mein Ziel, und ich glaube, dass wir da auf einem sehr guten Weg sind“, sagte Ducksch, der bei seinen bisherigen Auftritten in der deutschen Beletage für Borussia Dortmund, den SC Paderborn oder Fortuna Düsseldorf noch nicht den ganz großen Eindruck hinterlassen hat. „Ich möchte aber niemandem etwas beweisen, das habe ich nicht nötig. Ich weiß, was ich kann“, bekräftigte er und meinte stattdessen: „Es ist mir leider nicht gelungen, mein Potenzial in der obersten Klasse zu zeigen – aber vielleicht habe ich ja nochmal die Chance.“
Am liebsten mit Werder. Am liebsten noch in diesem Jahr. Und wenn aus dem Aufstieg am Ende doch nichts wird? Dann muss zumindest niemand direkt einen Ducksch-Abgang in Bremen befürchten. „Ich habe nicht umsonst für drei Jahre unterschrieben“, unterstrich er. „Ich habe hier etwas vor und große Ziele mit dem Verein. Wenn es in diesem Jahr nicht klappt, dann ist es nun einmal so. Ich bin sehr glücklich hier. Sonst hätte ich nur ein Jahr unterschrieben, wenn ich im Sommer unabhängig vom Ausgang wieder hätte gehen wollen. Aber so war und ist es nicht.“
Und Ducksch hofft natürlich, dass die jetzige Mannschaft, in der ihm das Spielen so viel Spaß macht, auch über den Sommer hinaus zusammenbleibt. Ob nun Verträge auslaufen oder nicht. „Das ist nicht mein Job. Leider“, sagte er lachend. „Ich habe aber zu jedem gesagt, dass er bleiben muss. Was sie daraus machen, liegt leider nicht in meiner Hand.“